Nach Berlin-Wahl: Die Ampel steht auf Ärger

13 Feb 2023

Stand: 12.02.2023 22:01 Uhr

Sie bezeichnet sich selbst als Fortschrittskoalition. Doch die Ampel-Parteien im Bund treten auf der Stelle und blockieren sich gegenseitig. Besser dürfte es nach der Berlin-Wahl kaum werden.

Von Iris Sayram, ARD-Hauptstadtstudio

Auch wenn die Ergebnisse der Berliner Wiederholungswahl noch viel Raum für mögliche Regierungsbildungen bieten - eines steht bereits fest: Die Ampelkoalition im Bund aus SPD, Grünen und FDP ist kein Vorreiter-Modell für die Berliner Wähler und Wählerinnen. Alle drei Parteien mussten teils deutliche Verluste hinnehmen. Für die SPD ist es historisch schlecht, die FDP verfehlt den Wiedereinzug ins Parlament.

Iris Sayram

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Die politischen Uhren tickten in der Hauptstadt immer etwas anders: Die Linken regieren fast ununterbrochen in den vergangenen 20 Jahren in Berlin mit. Und das erste Dreierbündnis mit den Grünen feierte in Berlin Premiere. Die Bundespolitik ist trotz der räumlichen Nähe immer etwas weiter weg gewesen. Dennoch schauten die Bundesparteien dieses Mal ganz besonders darauf, wie in der 3,8 Millionen-Großstadt abgestimmt wird.

Das zeigte sich zuletzt auch im Bundestag, wo es vergangene Woche noch einmal ordentlich Schützenhilfe gab: Die grüne Berliner Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach zum 49-Euro-Ticket im Parlament und bei den Einlassungen von CDU-Generalsekretär Mario Czaja zu dem doch sehr lokalen Streit um die Stadt-Autobahn A100 haben sich einige über den Tagesordnungspunkt doch mehr als nur ein bisschen gewundert. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert brachte es auf den Punkt: "Es ist Februar, draußen ist es kalt. (…) Da ist es doch sehr solidarisch, dass der Deutsche Bundestag (…) die große Abschlusskundgebung der Parteien ins Warme, in diesen Saal verlegt."

Die Nervosität der Parteien war also groß. Nicht erst die heftigen Auswirkungen der Lützerath-Räumung in Nordrhein-Westfalen, auch die Silvesterkrawalle in der Hauptstadt haben gezeigt, dass das Regionale eben oft nicht regional bleibt. Schon immer waren und sind Landtagswahlen kleine Gradmesser auch der bundespolitischen Zufriedenheit - die kleine Schwester der Bundestagswahl.

Opposition in der Koalition

Die Berlin-Wahl dürfte die Stimmung in der Ampel kaum verbessern. Vor allem zwischen Grünen und FDP kriselt es. Keinen Millimeter ihrer Positionen geben sie dem eigenen Koalitionspartner nach. Das bahnte sich schon Ende vergangenen Jahres im Streit um die Laufzeiten von Atomkraftwerken an.

Nun herrscht seit Wochen auf einer weiteren koalitionären Großbaustelle Hochbetrieb: bei der Beschleunigung von infrastrukturell bedeutsamen Maßnahmen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) beharrt darauf, auch den Bau von Autobahnen mit einem "Turbo" auszustatten, für die Grünen ist allein der Begriff Autobahn ein Reizwort. Auch ein Koalitionsausschuss konnte den Dissens nicht auflösen. Eines der wichtigsten Vorhaben der Ampel steht seither still. Nun fliegt die FDP aus einem weiteren Landesparlament - das dürfte ihren Drang nach Opposition in der Koalition noch verstärken.

SPD hofft auf Hessen

Doch auch für die SPD wächst der Druck. In diesem Jahr wird in noch drei weiteren Bundesländern neu gewählt. Nach Bremen im Mai folgen Bayern und Hessen im Herbst. Gerade in Hessen sind die bundespolitischen Auswirkungen deutlich: Bundesinnenministerin Nancy Faeser tritt als SPD-Spitzenkandidatin an. Sie hat sich das sehr ambitionierte Ziel gesetzt, die CDU abzulösen: In diesem Jahrtausend ist das noch keinem Sozialdemokraten oder einer Sozialdemokratin gelungen. Rückenwind - egal woher - kann die SPD in diesem bedeutsamen Jahr also gut gebrauchen.

Daher dürfte es - trotz der Berliner Besonderheiten - für die Bundes-SPD äußerst schmerzhaft sein, nach mehr als 20 Jahren die Regierungsverantwortung in Berlin zu verlieren. Entsprechend fest klammert sich Parteichef Lars Klingbeil an die Hoffnung, dass Franziska Giffey mit ihrer SPD doch noch als Zweite ins Rennen geht, um weitermachen zu können - irgendwie.

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