Von Kiel nach Hamburg: Zwei Tote bei Messerattacke in Zug

26 Jan 2023
Messer-Attacke Kiel

Stand: 26.01.2023 03:53 Uhr

Bei einer Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg sind zwei Menschen getötet und mehrere verletzt worden. Der mutmaßliche Täter ist polizeibekannt - und wurde erst vor sechs Tagen aus der Haft entlassen.

Zwei Menschen sind bei einer Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg getötet worden. Zudem wurden acht Menschen verletzt, unter ihnen auch der mutmaßliche Angreifer. Laut Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) soll es sich bei dem Mann um einen 33 Jahre alten staatenlosen Palästinenser handeln.

Nach bisherigen Erkenntnissen griff der Mann gegen 14.55 Uhr in der Regionalbahn Fahrgäste mit einer Stichwaffe an. "Dabei erlitten zwei der Opfer tödliche Verletzungen, drei weitere schwere und vier Menschen leichte", teilte die Polizei in Itzehoe mit. Zeugen sei es unmittelbar nach der Tat gelungen, den Tatverdächtigen bis zum Eintreffen der Polizei am Bahnhof in Brokstedt festzuhalten. Der Mann, der mittelschwer verletzt sei, wurde demnach in ein Krankenhaus gebracht. 120 Fahrgäste seien in dem Zug gewesen. Sie wurden nach Polizeiangaben in einem nahe gelegenen Gasthof befragt.

Es gab erste Hinweise, dass der mutmaßliche Angreifer geistig verwirrt sein könnte, berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Sicherheitskreise. Nach vorläufigen Erkenntnissen war er in Norddeutschland bislang nicht als Extremist aufgefallen, jedoch mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten, erfuhr der NDR aus Ermittlungskreisen. Sütterlin-Waack sagte im NDR, dass der Mann vor sechs Tagen aus der Haft entlassen worden war.

Polizeiliche Maßnahmen vor Ort abgeschlossen

Offiziellen Angaben zufolge sind die Hintergründe des Verbrechens noch offen. Am Abend teilte die Polizei mit, dass die Ermittlungen weiter andauerten. Vor Ort in Brokstedt seien die polizeilichen Maßnahmen abgeschlossen, der Zug habe den Bahnhof mittlerweile verlassen.

Die Identitäten der Getöteten und der Verletzten stünden noch immer "nicht zweifelsfrei fest". Schleswig-Holsteins Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) teilte mit, dass ein Hilfetelefon für die Betroffenen eingerichtet worden sei.

Zum Gedenken an die Opfer der Attacke gilt in Schleswig-Holstein am Donnerstag Trauerbeflaggung. An den Dienstgebäuden aller Behörden und Dienststellen des Landes werden die Fahnen auf Halbmast wehen, wie Innenstaatssekretärin Magdalena Finke am Abend mitteilte. Sie rief zudem unter anderem alle Kreise und Gemeinden auf, dem Beispiel zu folgen.

"Entsetzliche Tat gegen jede Menschlichkeit"

"Es ist ganz furchtbar. Wir sind alle völlig erschrocken und entsetzt, dass sowas passiert ist", sagte Sütterlin-Waack, dem NDR. Die Ministerin bekam die Nachricht im Landtag und beriet sich mit Ministerpräsident Daniel Günther. Sie traf noch am frühen Abend in Brokstedt ein.

Sie sei "in Gedanken bei den Familien und Angehörigen der Opfer" und danke "den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die den Täter festgenommen haben sowie allen Rettungskräften, die die Verletzten versorgt haben", hieß es in einer Mitteilung ihres Ministeriums. Bundes- und Landespolizei arbeiteten eng zusammen. "Für mich steht fest, dass sich die entsetzliche Tat gegen jede Menschlichkeit richtet", wurde Sütterlin-Waack in der Mitteilung zitiert.

"Schleswig-Holstein trauert"

Günther sprach am Abend in Kiel von einer schrecklichen und sinnlosen Tat, die zwei Menschen das Leben gekostet habe. "Schleswig-Holstein trauert - das ist ein furchtbarer Tag", sagte der Ministerpräsident. Er denke an alle, die trauerten und um die Verletzten bangten. Er sei in Gedanken und Gebeten bei den Menschen, bei den Angehörigen. Günther dankte den Einsatzkräften für deren Arbeit und auch denen, die sich um die Passagiere und Zeugen im Zug sowie um die Verletzten gekümmert hätten.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) drückte nach der Messerattacke ihr Mitgefühl aus. "All unsere Gedanken sind bei den Opfern dieser furchtbaren Tat und ihren Familien", schrieb die Politikerin im Kurznachrichtendienst Twitter. Dies sei eine "erschütternde Nachricht".

Züge in Richtung Norden umgeleitet

Die Deutsche Bahn teilte am Abend mit: "Den Angehörigen der Opfer gehört unser tiefes Mitgefühl. Den Verletzten wünschen wir eine baldige und vollständige Genesung."

Der Zugverkehr zwischen Flensburg und Hamburg sowie zwischen Kiel und Hamburg war stark beeinträchtigt. Verbindungen in Richtung Norden wurden großräumig umgeleitet. Nach knapp sechs Stunden gab die Polizei den Bahnhof in Brokstedt wieder frei und der Verkehr auf der Strecke lief langsam wieder an.

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