Entsetzen nach Messerattacke in Zug von Kiel nach Hamburg

26 Jan 2023

Stand: 26.01.2023 14:02 Uhr

Am Mittwochnachmittag hat ein Mann in einem Zug von Kiel nach Hamburg mit einem Messer andere Fahrgäste attackiert. Nach neuen Informationen von Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack kamen dabei eine 17-Jährige und ihr 19-jähriger Bekannter ums Leben. Ab 14 Uhr informieren die Innenministerin und die Polizei über den aktuellen Ermittlungsstand.

Am Morgen hatte die Ministerin das Alter des Mädchens noch mit 16 angegeben. Nach Angaben der Einsatzkräfte verstarben die beiden Opfer noch vor Ort an ihren schweren Stichverletzungen. Zudem hat die CDU-Ministerin die Zahl der Verletzten in der Sondersitzung des Landtags am Donnerstag ebenfalls aktualisiert. Demnach wurden dabei fünf Menschen und der Täter selbst verletzt. Zunächst war von sieben Verletzten die Rede gewesen. Drei Menschen seien noch im Krankenhaus, zwei davon wurden operiert, sagte Sütterlin-Waack. Zwei weitere Reisende seien bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Auch der 33-jährige mutmaßliche Täter wurde leicht verletzt. Er war nach Informationen der Polizeidirektion Itzehoe erst vor wenigen Tagen aus der Haft in der Hamburger JVA Billwerder entlassen worden, nach Angaben der Polizeidirektion Itzehoe war er wegen eines Körperverletzungsdelikts dort untergebracht gewesen.

Jetzt live: Pressekonferenz zur Messerattacke im Zug von Kiel nach Hamburg
Messerattacke auf Wohnungslosen

Nach Informationen des Spiegels soll es sich bei der Tat ebenfalls um einen Messerangriff gehandelt haben. Der Mann habe im Januar 2022 vor einer Essensausgabe für Wohnungslose einen anderen Mann mit einem Messer schwer verletzt. Sein Urteil sei noch nicht rechtskräftig gewesen, da der Mann aber bereits ein Jahr in Haft saß, entschied das Landgericht Hamburg, ihn zu entlassen. Es war die erste Verurteilung.

Weitere Informationen

Spurensicherung am Brokstedter Bahnhof nach Messerangriff in Regionalzug © Danfoto/ Daniel Friederichs Foto: Daniel Friederichs

Der Mann war nach dpa-Informationen mehrere Jahre lang im nordrhein-westfälischen Euskirchen gemeldet und wurde in der Zeit mehrfach wegen verschiedener Straftaten auffällig. Laut Oberstaatsanwalt Carsten Ohlrogge handelte es sich unter anderem um ein Betäubungsmitteldelikt, eine Körperverletzung und die genannte schwere Körperverletzung, dennoch sei er kein Intensivtäter. Sexualstraftäter, wie verschiedene Medien berichteten, ser er nicht gewesen, so Ohlrogge. Bei dem mutmaßlichen Täter soll es sich um einen staatenlosen Palästinenser handeln.

Trauerbeflaggung in Schleswig-Holstein angeordnet

Nach der tödlichen Messerattacke in der Regionalbahn von Kiel nach Hamburg hat die schleswig-holsteinische Landesregierung Trauerbeflaggung angeordnet. "Schleswig-Holstein trauert. Es ist ein furchtbarer Tag. Es ist schrecklich, was dort an dieser Stelle passiert ist", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Der Ministerpräsident sprach gestern Abend den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. "Ich bin in Gedanken und in Gebeten bei den Menschen, bei den Angehörigen in dieser wirklich schweren Situation", sagte er. Nun solle so zügig wie möglich aufgeklärt werden.

VIDEO: Sütterlin-Waack äußert sich zu Opfern des Messerangriffs (1 Min)

Die heutige Landtagssitzung stand im Zeichen der Attacke. Eka von Kalben (Grüne), Vizepräsidentin des Landtags, hielt eine Ansprache, anschließend gab es eine Schweigeminute. Von Kalben betonte ebenfalls, die Gedanken gelten den Opfern und ihren Angehörigen. Außerdem sprach sie den Ersthelferinnen und Ersthelfern, die sich dem Täter entgegengestellt hatten, ihre Hochachtung aus. "Ihr Mut und ihre Entschlossenheit, ihre Selbstlosigkeit und ihre Besonnenheit verdienen den allergrößten Respekt", sagte sie. Auch Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) dankte allen Helfenden und Einsatzkräften. In Brokstedt war die Hilfsbereitschaft groß: Helfer hatten schnell im Bürgerhaus einen Raum hergerichtet. Dort bekamen Menschen, die in dem Zug gesessen hatten, Decken und warme Getränke

Pressekonferenz zu Messerangriff von Brokstedt um 14 Uhr

Sütterlin-Waack (CDU) will heute gegen 14 Uhr gemeinsam mit dem Leiter der Polizeidirektion Itzehoe, Frank Matthiesen, über den aktuellen Ermittlungsstand informieren. NDR.de/sh überträgt diese Pressekonferenz im Livestream.

Täter wird heute dem Haftrichter vorgeführt

Der mutmaßliche Täter war nach der Festnahme in Brokstedt zunächst in ein Krankenhaus gebracht worden, befindet sich laut Polizei mittlerweile aber nicht mehr in ärztlicher Behandlung, sondern in Gewahrsam. Oberstaatsanwalt Peter Müller-Rackow sagte am Morgen, der Mann werde heute dem Haftrichter vor dem Amtsgericht Itzehoe vorgeführt. Über das Motiv für die Tat ist noch nichts bekannt, ein terroristischer Hintergrund kann laut Staatsanwaltschaft aber ausgeschlossen werden.

120 Reisende während Messerangriff im Zug

Im Zug saßen während der Attacke 120 Menschen, einer von ihnen war Christoph B.. "Ich war in der ersten Klasse und die Leute, die bei mir saßen, die rannten alle raus. Dann bin ich rausgerannt. Und da waren überall Blutspuren, den ganzen Zug entlang", sagte er am Mittwoch NDR Schleswig-Holstein. Michael K. wurde von seiner Tochter angerufen, die in dem Zug saß. "Meine Tochter hat mich angerufen zu Hause und hat geschrieben, dass sie aus dem Zug raus mussten, weil da jemand Amok gelaufen ist, der wahllos auf Menschen eingestochen hat", berichtete er.

Ermittlungen laufen - Zeugen- und Hilfetelefon eingerichtet

Einige Fahrgäste alarmierten mit ihren Handys die Polizei, andere Mitreisende hielten den mutmaßlichen Angreifer noch im Zug fest. Später wurde er dann von der Polizei in Brokstedt festgenommen. In dem Regionalzug gab es nach Polizeiangaben keine Videoüberwachung. Die Polizei bittet deshalb alle Mitfahrenden, die noch nicht mit den Ermittlern gesprochen haben, sowie weitere Zeugen, sich unter der Telefonnummer 04821 / 602 2002 zu melden. Außerdem ist unter der unter der  0800 / 000 75 54 ein Hilfetelefon eingerichtet.

Auf die Frage, ob man die Tat nicht hätte verhindern können, sagte schleswig-Holsteins Innenministerin: "Das ist natürlich auch eine Frage, die im Rahmen der Justiz entschieden wird. Und da gibt es sehr fachkundige Menschen, die sich genau darüber Gedanken machen, ob es noch eine Betreuung nach der Haft geben muss. Und offensichtlich hat man hier in diesem Fall gesagt: Er hat seine Strafe verbüßt. Das ist so vorgesehen in unserem Rechtssystem."

Weitere Informationen

Ein Tatort am Bahnhof Brokstedt (Kreis Steinburg). © Daniel Friederichs

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 26.01.2023 | 12:00 Uhr

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