Luisa Neubauer bei Lanz: „Die Stimmung in der Gesellschaft heizt ...

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Erstellt: 02.06.2023, 05:10 Uhr

Von: Michael Meyns

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TV-Talk mit Markus Lanz am 1. Juni 2023.

TV-Talk mit Markus Lanz am 1. Juni 2023. © Screenshot ZDF

TV-Talk über die Aktionen der „Letzten Generation“ und den Fall des verschwundenen Ex-“Tengelmann“-Chefs Karl-Erivan Haub.

Hamburg – In der Nacht gab es Proteste gegen die Verurteilung von Lina E. Nicht nur in der linken Szene ist eine zunehmende Radikalisierung zu beobachten, sondern auch in anderen Bereichen der Gesellschaft. Von den Klimaprotestlern bis zu ihren Gegnern. Gewalt nimmt zu, wohin kann das noch führen?

„Was funktioniert für Sie als Opposition besser, sich über Habeck oder die Klima-Kleber aufzuregen?“ Eine typische, bewusst provokante Lanz-Frage bildete den Auftakt der Diskussion. Gestellt wurde sie an Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, der ausführte, dass der berühmt-berüchtigte § 128 durchaus auf die Klimaprotestler der Letzten Generation anzuwenden sei. Denn diese bilden ganz offensichtlich eine Gruppe, die sich zu einem Ziel zusammengefunden hat. Ob das Erreichen dieses Ziels mit kriminellen Methoden erreicht werden soll, das müssten, so Frei, die Gerichte feststellen.

Klimaproteste bei Markus Lanz: Radikalisierung als Folge der nicht erreichten Ziele

Die Stimmung in der Bevölkerung jedenfalls wirkt ambivalent. Viele stimmen den Zielen der sogenannten Klima-Kleber durchaus zu, lehnen aber die Methoden ab. Doch ist es angebracht gleich vor der Entstehung einer „Klima RAF“ zu sprechen, wie es gerade in der CDU getan wird? Zumindest gibt es Anzeichen dafür, dass die zunehmende Radikalisierung der Klimaprotestler ein Aspekt ist, der zum aktuellen Aufschwung der AfD beiträgt. So jedenfalls argumentierte der Publizist Hajo Schumacher bei Markus Lanz im ZDF. Dazu kommt die elendige Diskussion über den Umbau der Heizungen des Landes, der einerseits zu einem Rückgang der Zustimmung an der Arbeit der Regierungs-Konstellation geführt hat und parallel zur Zunahme der AfD-Zahlen.

Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer sah die Radikalisierung weniger bei der Letzten Generation, sondern bei den mit jedem Tag schwerer zu erreichenden Klimazielen. „Die Stimmung in der Gesellschaft heizt sich auf“ meinte Neubauer bei Markus Lanz im ZDF und forderte größeren Schutz für die Aktivisten der „Letzten Generation.“ Vergleiche mit der RAF oder der Taliban seien nicht angebracht, so Neubauer. Sie wurde dann aber von Schumacher darauf hingewiesen, dass es auch der „Letzten Generation“ inzwischen kaum noch um klare Botschaften, sondern um Erreichen von Aufmerksamkeit mit allen Mitteln geht. Dass Autofahrer mit zunehmender Brutalität gegen Protestierende vorgehen, ist fast jeden Tag zu beobachten, was alle Gesprächsteilnehmer verurteilten. Doch allein Neubauer wollte nicht akzeptieren, dass die Gewalt der Autofahrer nicht aus dem Nichts entsteht, sondern eine Reaktion auf die Proteste, die Straftaten der „Letzten Generation“ seien. Was zwar nichts rechtfertigt, aber doch die Frage aufwirft, ob auch illegale Methoden vertretbar sind, um ein ehrenwertes Ziel zu erreichen.

„Polarisierung der Debatte“ bei Markus Lanz im ZDF

Die investigative Journalistin Liv von Boetticher berichtete von einem Training bei der „Letzten Generation“, bei dem das richtige Kleben trainiert wurde. Inklusive Vorbereitung auf aggressive Reaktion von Autofahrern, aber auch, wie es Schumacher formulierte, um „eine Polarisierung der Debatte“ herbeizuführen. Einen Mittelweg scheint es weder für die Aktivisten noch für ihre Gegner zu geben. Jede Seite hat ihre Position und glaubt fest daran, recht zu haben. Und wer glaubt, im Recht zu sein, glaubt auch schnell, dass alle Mittel rechtens sind. Ob davon langfristig das Klima profitiert oder kurzfristig die AfD, das konnte auch bei Markus Lanz im ZDF nicht beantwortet werden.

Markus Lanz im ZDFDie Gäste der Sendung vom 1. Juni 2023Thorsten FreiCDULuisa NeubauerKlima-AktivistinLiv von BoetticherJournalistinHajo SchumacherPublizist
Was geschah mit Karl-Erivan Haub?

Als willkommene Abwechslung von den ewigen Diskussionen über sogenannte Klima-Kleber und Wärmepumpen stellte von Boetticher ihr vor ein paar Tagen erschienenes Buch mit dem ausschweifenden Titel: „Die Akte Tengelmann und das mysteriöse Verschwinden des Milliardärs Karl-Erivan Haub: Welche Rolle der russische Geheimdienst spielt und warum deutsche Behörden nicht ermitteln“ vor. Thema ist das mysteriöse Schicksal des ehemaligen Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub, der am 7. April 2018 in der Schweiz spurlos verschwand und mittlerweile für tot erklärt wurde.

Doch von Boetticher glaubt nicht an einen profanen Ski-Unfall, sondern vermutet – wie schon der Titel ihres Buches andeutet – ein Komplott inklusive Beteiligung von Geheimdiensten vom russischen FSB bis zum israelischen Mossad. Am Abend vor seinem Verschwinden hatte Haub telefonischen Kontakt mit einer Nummer aus St. Petersburg in Russland. Der Verdacht, den von Boetticher ausführte, lautet: Haub habe sich mit kriminellen Russen eingelassen, möglicherweise um sein Unternehmen nach Russland zu erweitern.

Eine Leiche wurde jedenfalls nie gefunden, doch ob Haub nicht doch in eine der hunderten Gletscherspalten am Gipfel gestürzt ist, kann nicht endgültig gesagt werden. Eine der größten Suchaktionen der Schweizer Geschichte blieb erfolglos. Dass der als vorsichtig geltende Haup auf eine gefährliche Berg-Tour begibt, scheint unwahrscheinlich. Interne Ermittler vermuten, dass Haup auf der italienischen Seite der Alpen abgefahren ist, bewusst sein altes Leben hinter sich gelassen und untergetaucht ist. Angeblich wurde Haub Jahre nach seinem Verschwinden in Moskau gesehen. Es bleibt also spannend und vor allem rätselhaft. (Michael Meyns)

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