Verbotene SA-Parole: Prozess gegen Björn Höcke vor dem Ende ...

Höcke

Halle/MZ - Zum Start des voraussichtlich letzten Prozesstags im Strafverfahren gegen den AfD-Politiker Björn Höcke haben am Dienstag Dutzende Demonstranten vor dem Justizzentrum Halle protestiert. Sie trugen Transparente mit Slogans wie „Björn Höcke ist ein Nazi“. Der Thüringer AfD-Politiker muss sich vor dem Landgericht Halle verantworten, weil er bei einer Rede 2021 in Merseburg (Saalekreis) die verbotene SA-Losung „Alles für Deutschland“ genutzt haben soll.

Am Dienstag könnte der Prozess zum Ende kommen und ein Urteil fallen. Bei einer Verurteilung können bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe drohen. Höcke hatte bisher vor Gericht erklärt, dass er sich nicht schuldig gemacht habe. Er habe auch nichts vom Verbot der Losung gewusst.

Höcke-Anwalt will früheren IfS-Leiter vor Gericht befragen

Im Gerichtssaal ließ Richter Jan Stengel ein Video abspielen, in dem Höcke die Parole ein zweites Mal verwendete: In Gera sprach er Ende 2023 erst über den anstehenden Prozess in Halle, stimmte dann die Parole an mit den Worten "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für…". Dann animierte er das Publikum mit einer Armbewegung dazu, "Deutschland" zu rufen. 

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Höckes Anwälte wollen am Dienstag indes beweisen, dass die Parole keineswegs ein klassischer nationalsozialistischer Slogan ist. Höcke-Verteidiger Ulrich Vosgerau beantragte am Morgen überraschend, dazu den Historiker Karlheinz Weißmann im Gericht zu befragen: Er könne bezeugen, dass der Ausspruch "Alles für Deutschland" bereits im 19. Jahrhundert genutzt worden sei.

Weißmann war Mitgründer und bis 2014 einer der Köpfe des neurechten "Instituts für Staatspolitik" in Schnellroda (Saalekreis). 2014 verließ er das Institut, das 2021 vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde. Mittlerweile ist es aufgelöst.

"Alles für Deutschland" stand auf jedem SA-Dienstdolch

Weißmann sagte vor Gericht zwar, die SA-Parole "Alles für Deutschland" habe im Nationalsozialismus "keine starke Präsenz" gehabt. Allerdings habe sie auf jedem Dienstdolch der früheren "Sturmabteilung" gestanden. Diese Waffen hätten laut SA-Dienstvorschrift zur Uniform eines jeden "Sturmmannes" gehört. "An der massenhaften Verbreitung dieses Dienstdolches gibt es keinen Zweifel", so Weißmann. Die SA war Anfang der 1930er-Jahre zu einer Massenorgansiation mit Millionen von Mitgliedern angewachsen. Auch in einem Hitlerjugend-Liederbuch komme die Parole vor, so Weißmann: als Refrain.

Trotzdem glaubt der Historiker: Es sei "eine weltfremde Einschätzung", dass die Parole "Alles für Deutschland" heute noch im Geschichtsunterricht oder im -studium stattfinde. So hatte auch Höcke argumentiert - der Angeklagte habe die Parole gar nicht gekannt. Weißmann sagte zudem: Auch andere Organisationen in der Weimarer Republik hätten die Formel verwendet: etwa das sozialdemokratische Reichsbanner, der Stahlhelm oder die Eiserne Front. Die Plädoyers und ein Urteil werden am späten Nachmittag erwartet.

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