"Hart aber fair" zu Solingen-Tat: Göring-Eckardt: "Wir machen das ...

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"Hart aber fair" zu Solingen-Tat Göring-Eckardt: "Wir machen das nicht gut mit dem Islamismus"

Von Marko Schlichting 27.08.2024, 04:00 Uhr Artikel anhören

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Wie können islamistische Anschläge wie der Messerangriff von Solingen künftig verhindert werden? Wichtig sei eine bessere Ausstattung der Polizei, da sind sich die Gäste bei "Hart aber fair" einig. Pauschale Abschiebungen oder Einreisestopps können jedoch nicht die Lösung sein, betont Göring-Eckardt.

Nach dem islamistischen Messeranschlag eines 26-jährigen Syrers am vergangenen Freitag bei einem Stadtfest in Solingen hat die politische Aufarbeitung begonnen. Drei Menschen kamen bei dem Angriff ums Leben, acht weitere wurden teils schwer verletzt. Rund drei Tage nach dem Attentat beschäftigen sich die Gäste der ARD-Talkshow "Hart aber fair" auch mit der Frage, wie sich der Anschlag und seine Hintergründe auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen auswirken wird.

So geben verschiedene Interviews, die in der Sendung gezeigt werden, einen Eindruck über die Stimmung in den ostdeutschen Bundesländern. Demnach sind Verunsicherung und das Gefühl des Abgehängtseins weit verbreitet. Viele kritisieren etwa, dass noch immer niedrigere Löhne als im Westen gezahlt werden. "Wenn die Politik schläft, dann ist das für mich ein absolutes No-Go", fasst eine Zuschauerin ihren Unmut zusammen.

"Ich kann nachvollziehen, dass Menschen sich zusätzlich verunsichert fühlen", sagt die stellvertretende Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt mit Blick auf den Anschlag von Solingen. Und selbstkritisch fügt sie hinzu: "Wir machen das nicht gut. Wir machen das nicht gut mit dem Islamismus, wir bekämpfen den zu wenig."

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"Welches Land wollen wir sein?"

So müssten soziale Netzwerke besser kontrolliert und die Polizei besser ausgestattet werden. Dafür fehlten im Bundeshaushalt aktuell 500 Millionen Euro. Gleichzeitig weist die Grünen-Politikerin darauf hin, dass es sich bei dem Attentäter von Solingen um einen Einzeltäter gehandelt habe. "Wir sollten über den islamistischen Mörder reden, der aus Syrien kam. Wir sollten aber nicht über die Syrer reden. Das würde uns ins eigene Fleisch schneiden." Und Göhring-Eckardt fragt: "Welches Land wollen wir sein? Wollen wir weiter aufeinander losgehen, oder wollen wir es viel viel besser machen als jetzt?"

"Die Frage ist berechtigt", stimmt CDU-Politiker Wolfgang Bosbach zu, der gerade auf Wahlkampf-Tour in Ostdeutschland ist. "Wir wollen Humanität auf der einen Seite und Ordnung auf der anderen Seite. Wenn aber immer mehr Menschen das Gefühl haben, das Erste klappt, aber das Zweite klappt überhaupt nicht, dann kippt die Stimmung."

Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler wird konkret. Grundsätzlich gebe es bei der Abschiebung von Geflüchteten Probleme, sagt er. Deswegen fordert er vor allem mehr Personal. "Ich habe die Schnauze voll davon, dass wir jetzt das große Wehklagen haben", so Fiedler. "Ich muss sagen: Wir brauchen leistungsfähige Nachrichtendienste sowie leistungsfähige Polizeieinheiten und Ausländerbehörden in Deutschland. Ansonsten können wir noch lange Reden schwingen, dann wird das nicht funktionieren."

Göring-Eckardt gegen Abschiebungen nach Afghanistan

Die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einem Einreisestopp für Afghanen und Syrer lehnen Fiedler und Göring-Eckardt ab. "Ich kann dem nichts abgewinnen, weil es pauschal ist", sagt die Grünen-Politikerin. So seien zum Beispiel Jesidinnen in Syrien und Nordirak die größten Opfer des Islamischen Staats. "Sollen wir sagen: Wenn die aus Syrien stammen, dann können die nicht hierher? Nein, das wäre verrückt", sagt sie. Die Politikerin fordert dagegen: "Wir müssen schauen, dass die, die sich radikalisieren - das sind übrigens Straftäter - abgeschoben werden. Selbstverständlich. Was denn sonst?"

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Eine Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan sei allerdings schwierig. "Da kann es sehr gut sein, dass die da nicht ins Gefängnis kommen, sondern gefeiert werden und dann relativ schnell wieder bei uns sind. Das halte ich für uns für gefährlich, das sollten wir nicht riskieren." Göring-Eckardt fordert: "Darum sollten die lieber hier im Gefängnis sitzen. Da sind sie nämlich sicher und tun nichts Schlimmes."

Wolfgang Bosbach bringt es schließlich auf den Punkt: "Im Moment ist nicht die Frage, was die Grünen, die FDP oder die SPD wollen, im Moment ist die Frage, was unser Land sicherer macht. Was ist mit unserer Rechtsordnung vereinbar, was hilft wirklich und was nicht? Diese Debatte vermisse ich." Darüber müsse sich die Ampelregierung verständigen, fordert Bosbach. "Aber wenn über Monate vorgeführt wird, worüber die Ampel streitet, dann verlieren die Menschen das Vertrauen in die Regierungskunst. Im Grunde wollen sie nur gut regiert werden. Und das ist nicht zu viel verlangt."

Grünen-Politikerin betont Brandmauer zur AfD

Schließlich debattieren die Gäste über eine mögliche Regierungsbeteiligung der AfD. Göring-Eckardts Meinung ist in diesem Zusammenhang deutlich: "Was nicht geht, ist eine Partei, die unser Land destabilisieren will, die unser System abschaffen will. Zu sagen, die werden wir in unseren allgemeinen demokratischen Konsens einbeziehen, ist gefährlich. Das sollten wir nicht tun, damit schaffen wir unsere Demokratie ab." Die Grünen-Politikerin verspricht: "Wir werden dabei bleiben, für die Demokratie einzustehen, für diese Brandmauer, und dafür zu sorgen, dass die AfD nicht ein Drittel der Stimmen und eine Blockadehaltung im Parlament erreicht."

Auch Bosbach hofft, dass die AfD am Ende schlechter abschneidet als vorhergesagt. "Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass da noch viele in der Wahlkabine sind, die die etablierten Parteien für die demokratische Mitte zurückgewinnen können."

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