Rückzug des CSU-Politikers: Jetzt geht Scheuer doch

Es dürfte nur wenige Politiker geben, denen der Rücktritt so häufig nahegelegt wurde wie Andreas Scheuer. Jetzt hat der CSU-Politiker ihn vollzogen – und keiner nimmt ihn ernst. Das hängt natürlich damit zusammen, dass Scheuer ihn ausgerechnet am 1. April angekündigt hat, da liegt ein Aprilscherz irgendwie nahe. Dann wiederum ist Scheuer nicht gerade für seine selbstironischen Witze bekannt, die ausgerechnet auf das Ende seiner politischen Karriere zielen. Schließlich hat er sich als wohl umstrittenster Verkehrsminister der Republik jahrelang erbittert dagegengestemmt.

So kam die Nachricht am späten Ostermontag reichlich unaufgeregt, aber auch mit dem notwendigen Schuss Pathos: „Nach dem heutigen 1. April 2024 lege ich mein Mandat als Mitglied des Deutschen Bundestages nieder“, teilte der 49 Jahre alte Scheuer mit. Er danke den vielen Menschen für die Unterstützung, die Treue und das Vertrauen über eine so lange Zeit. „Es war mir eine Ehre, für unser Land und für meine Heimat arbeiten zu dürfen.“

Was ihn zu diesem Schritt bewogen hat, wurde auch am Dienstag nicht bekannt, eine Anfrage der F.A.Z. ließ er unbeantwortet. Vor einigen Monaten ist er zum zweiten Mal Vater geworden, die „Bild“-Zeitung vermeldet, es stünden Reisen in die USA und nach Asien an. Auch seine Partei dürfte die Nachricht kalt erwischt haben, zumal sein leerer Platz im Bundestag nicht gefüllt werden kann: Das geltende Wahlrecht sieht im Fall der CSU kein Nachrückverfahren vor, weil sie wegen der vielen Direktmandate ohnehin mehr Abgeordnete stellt, als ihr zustehen.

Anerkennung vom CSU-Gruppenchef

Sein Amtsvorgänger als Generalsekretär und Bundesverkehrsminister, Alexander Dobrindt, fand am Dienstag freundliche Worte des Bedauerns: Die CSU verliere im Bundestag mit Scheuer einen ihrer profilierten Köpfe, sagte der CSU-Landesgruppenchef. Als Generalsekretär habe Scheuer erfolgreich Wahlkämpfe bestritten und die Partei sowohl inhaltlich als auch mit einer neuen Landesleitung modernisiert. Als Bundesminister und Parlamentarischer Staatssekretär habe er den Infrastrukturausbau forciert und die Mobilität des 21. Jahrhunderts mit den Themen des autonomen Fahrens und der Digitalisierung der Mobilität vorausgedacht. „Für seinen immer hoch engagierten und leidenschaftlichen Einsatz gebührt ihm höchster Dank und Anerkennung“, sagte Dobrindt.

So war es denn auch nicht mangelnder Einsatz, der ihm in seiner Zeit als Bundesverkehrsminister zwischen 2018 und 2021 zum Verhängnis wurde, sondern ein allzu leidenschaftlicher Einsatz für die falsche Sache: Das Projekt einer Pkw-Maut ist in Deutschland auf absehbare Zeit verbrannt, selbst die Grünen fordern seit dessen Scheitern lieber den Abbau von „klimaschädlichen Subventionen“, als die Menschen direkt für die Nutzung ihres Pkw zahlen zu lassen. Dabei ließ sich mit ihr eine direkte Lenkungswirkung erzielen.

Als effektives Mittel für den Klimaschutz war die „Ausländer-Maut“ der CSU damals allerdings auch nicht gemeint. Stattdessen wollten die Bayern ihre Nachbarn dafür zur Kasse bitte, dass sie die hiesigen Autobahnen nutzen – genauso wie es umgekehrt die Österreicher, Schweizer und Franzosen schon seit Jahrzehnten tun. Scheuer war nicht der erste, sondern der letzte Bundesverkehrsminister, der sich für dieses Projekt ins Zeug legte – und damit seine gesamte Karriere auf Spiel setzte. Nachdem der Europäische Gerichtshof das Vorhaben 2019 für europarechtswidrig erklärte und sich die Bundesregierung auch nicht zu einer zulässigen Variante durchringen konnte, klebte die Pkw-Maut wie Pech an seinem Trachtenjanker.

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