Angriff auf die Ukraine: Trotz möglicher Kriegsverbrechen ...
Seit März 2023 gilt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Nun ist er erstmals seit Erlass in ein Land gereist, dass die Statuten zum IStGH ratifiziert hat – also Putin festnehmen müsste. Doch beim Staatsbesuch in der Mongolei ist Putin von Präsident Uchnaagiin Chürelsüch stattdessen mit großem Pomp begrüßt worden.
Bei der prunkvollen Zeremonie auf dem zentralen Platz der Hauptstadt boten die Gastgeber am Dienstag unter anderem Soldaten in traditionellen Uniformen und zu Pferde auf. Putin lud Chürelsüch zum kommenden Gipfeltreffen der Brics-Staaten nach Russland ein. »Wir erwarten Sie«, sagte Putin russischen Nachrichtenagenturen zufolge bei dem Gespräch in der Hauptstadt Ulan Bator.
Die von Russland und China dominierte Gruppe großer Schwellenländer trifft sich Ende Oktober in Kasan, Hauptstadt der Teilrepublik Tatarstan. Putin sagte, er wolle in der Mongolei vor allem über die wirtschaftliche Zusammenarbeit sprechen.
Der Besuch des Kremlchefs ist problematisch, da die Mongolei den Strafgerichtshof im niederländischen Den Haag anerkennt. Der IStGH hatte 2023 Haftbefehl gegen Putin erlassen. Es gebe »vernünftige Gründe anzunehmen«, dass er »die Verantwortung für das Kriegsverbrechen der widerrechtlichen Deportation« ukrainischer Kinder nach Russland trage, erklärte das Gericht damals. Die Regierung in Kiew wirft den russischen Behörden vor, aus den von ihr kontrollierten ukrainischen Gebieten Tausende Kinder aus Kinderheimen und anderen staatlichen Einrichtungen nach Russland gebracht zu haben.
Die Mongolei hat das Römische Statut zum IStGH im Jahr 2000 unterschrieben und es 2002 ratifiziert. Die vertragliche Grundlage des Gerichts sieht vor, dass Vertragsstaaten Verdächtige festnehmen, gegen die ein IStGH-Haftbefehl vorliegt.
Bislang vermied Putin Reisen in IStGH-Länder. Unter anderem blieb er im Juli vergangenen Jahres einem Treffen der Brics-Gruppe in Südafrika fern. Eine Festnahme in der Mongolei muss Putin aber kaum fürchten. Das kleine Binnenland ist von den Großmächten China und Russland umschlossen und wirtschaftlich von den großen Nachbarn abhängig. Unter anderem bezieht das Land viel Treibstoff aus Russland, China ist zugleich der wichtigste Handelspartner.
Bei Putins Besuch in Ulan Bator dürfte Medienberichten zufolge die geplante Erdgasleitung »Power of Siberia 2« ein Thema sein, die Russland nach China bauen will. Sie würde durch die Mongolei führen. Bislang haben sich Peking und Moskau aber nicht über den Preis einigen können. Das Parlament der Mongolei hat in einem Beschluss vom August keine eigenen Mittel für die Pipeline eingeplant. Dies wird nach einem Bericht der »New York Times« als Zeichen gewertet, dass das potenzielle Transitland eher nicht mit dem Bau rechnet.
Seit fünf Jahren besteht zwischen Russland und der Mongolei ein Vertrag über friedliche Beziehungen und eine umfassende strategische Partnerschaft, wie die mongolische Staatsagentur Montsame schrieb. Anlass des Besuchs ist auch der 85. Jahrestag einer Schlacht, in der mongolische und sowjetische Truppen die Japaner zurückschlugen. Sie verhinderten 1939 gemeinsam, dass japanische Truppen aus der Mandschurei nach Nordwesten vorrücken.