Pistorius: Amtsantritt und erstes Treffen mit US-Kollegen

18 Jan 2023

Stand: 18.01.2023 20:04 Uhr

Am Donnerstag startet Boris Pistorius in sein neues Amt. Zeit, sich einzuarbeiten, bleibt nicht: Nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen berät er am Freitag mit den Nato-Ministern zum Ukraine-Krieg.

Der Zeitplan ist straff: Zunächst wird Pistorius um 8 Uhr die Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten - damit löst der SPD-Politiker offiziell die bisherige Ministerin Christine Lambrecht (ebenfalls SPD) im Amt ab. Im Anschluss geht's weiter in den Bundestag, wo Pistorius um 9 Uhr vereidigt wird. Nächster Termin ist im sogenannten Bendlerblock, dem Amtssitz des Verteidigungsministers. Dort wird der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, Pistorius um 9.40 Uhr mit militärischen Ehren empfangen. Um 10.20 Uhr schließlich, nach wenigen Stunden im Amt, trifft er Lloyd Austin, den Verteidigungsminister der USA.

Schickt Pistorius Leopard-Panzer in die Ukraine?

Am Freitag reist Pistorius nach Rheinland-Pfalz. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein kommen die westlichen Verbündeten der Ukraine zu einem Treffen zusammen, um die weitere Unterstützung für Kiew zu besprechen. Dort wird es auch darum gehen, wie es mit den Waffenlieferungen an die Ukraine weitergeht. Zuletzt hatte die Bundesregierung die Lieferung von Marder-Schützenpanzer beschlossen. Nun drehen sich die Debatten darum, dem von Russland angegriffenen Land Leopard-Kampfpanzer bereitzustellen.

Sondervermögen noch kaum angetastet

Als wenn das nicht genug wäre für jemanden, der am Mittwoch noch Innenminister in Niedersachsen war, muss der SPD-Politiker weitere Probleme lösen. So gilt es, die Modernisierung der Bundeswehr voranzutreiben - sie steht unter anderem mit 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen erst am Beginn. Zuletzt hatte es erste Verträge über eine Summe von rund zehn Milliarden Euro gegeben. Die Aufrüstung hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar vergangenen Jahres verkündet.

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Hannover: Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen und künftiger Bundesverteidigungsminister, kommt zu einem Pressestatement im niedersächsischen Innenministerium. © dpa-Bildfunk Foto: Julian Stratenschulte
Melnyk: Ukraine braucht auch Kampfjets und Kriegsschiffe

In der Frage nach weiteren Waffenlieferung macht der ukrainische Vize-Außenminister und frühere Berlin-Botschafter Andrij Melnyk Druck: Er forderte vom neuen Verteidigungsminister eine Abkehr der bisherigen zurückhaltenden Linie der Bundesregierung, wie er es ausdrückte. Pistorius müsse umfangreiche schwere Waffenlieferungen an sein Land ermöglichen, sagte Melnyk dem Nachrichtenportal t-online. Dazu zählten "Kampfpanzer, Kampfjets, Kriegsschiffe, Mehrfachraketenwerfer, Artillerie, Flugabwehr und natürlich ausreichend Munition".

"Lage der Bundeswehr so prekär wie nie zuvor"

Rückendeckung bekommt Pistorius jedenfalls schon mal von jenen, denen er als Minister nun vorsteht. Der Bundeswehrverbands-Chef André Wüstner begrüßte die Nominierung von Pistorius. Der SPD-Politiker sei "hochgeachtet", sagte er der "Welt". Auf den neuen Minister kämen nun aber große Herausforderungen zu: "Die Lage der Bundeswehr ist so prekär wie nie zuvor." Es müssten "personelle, infrastrukturelle sowie materielle Lücken" geschlossen werden.

AUDIO: Reservistenverband hält Pistorius für gute Wahl (6 Min)

Scholz: Pistorius "herausragender Politiker"

Kanzler Scholz jedenfalls gibt sich sicher, dass Niedersachsens bisheriger Innenminister Pistorius "mit seiner Kompetenz, seiner Durchsetzungsfähigkeit und seinem großen Herz genau die richtige Person" ist, um die Bundeswehr "durch diese Zeitenwende zu führen". "Ich freue mich sehr, mit Boris Pistorius einen herausragenden Politiker unseres Landes für das Amt des Verteidigungsministers gewonnen zu haben", hatte Scholz nach der Bekanntmachung seiner Entscheidung am Dienstag gesagt.

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Dr. Ludger Vielemeier © NDR Foto: Andrea Seifert
Pistorius: "Ich will die Bundeswehr stark machen"

Pistorius bedankte sich für das in ihn gesetzte Vertrauen. Der Bundeskanzler habe ihn am Montag gefragt, ob er das Amt übernehme. Dies sei "sehr überraschend" gekommen. Der SPD-Politiker sprach von gewaltigen Aufgaben, die vor der Bundeswehr liegen, "gerade in diesen Zeiten". Die Bundeswehr müsse sich auf eine neue Situation einstellen, die mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine entstanden ist. Pistorius betonte, die Truppe könne sich darauf verlassen, dass er sich vor sie stellen werde. "Ich will die Bundeswehr stark machen für die Zeit, die vor uns liegt." Bei seinem kurzen Auftritt in Hannover dankte der designierte Verteidigungsminister seiner Vorgängerin Christine Lambrecht - sie habe die Neuaufstellung der Bundeswehr in der Zeitenwende begonnen.

Gibt es eine weitere Kabinettsumbildung?

Nach dem Lambrecht-Rücktritt hatte es viele Spekulationen gegeben, wer ihr folgen würde, genannt wurden auch vier Niedersachsen. Niedersachsens Innenminister zählte bis Dienstagvormittag nicht zu den gehandelten Kandidatinnen und Kandidaten. Die Personalie Pistorius kam auch überraschend, weil die von Kanzler Scholz vorgegebene Parität innerhalb des Kabinetts zumindest zunächst hinfällig ist. Bisher hatten acht Männer und acht Frauen Ministerposten im Scholz-Kabinett inne, nun würde sich ohne weitere Veränderung das Verhältnis auf neun Männer und sieben Frauen verschieben. Die Frauen in der SPD hatten bei der Neubesetzung des Postens auf Berücksichtigung der Geschlechterparität in der Ampel-Regierung gepocht.

Lambrecht-Rücktritt am Montag

Die bislang amtierende Bundesverteidigungsministerin Lambrecht hatte am Montagmorgen schriftlich erklärt, dass sie Scholz um Entlassung gebeten habe. Zuvor gab es Spekulationen über diesen Schritt. Lambrecht war seit langem umstritten. Kritiker warfen ihr etwa die schleppend angelaufene Beschaffung für die Bundeswehr und fehlende Sachkenntnis vor, aber auch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit wurde immer wieder bemängelt.

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Ein Porträtbild von Hans-Lothar Domröse, ehemaliger deutscher NATO-General. © picture alliance Foto: Uwe Koch/ Eibner-Pressefoto

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Boris Pistorius spricht bei einer Pressekonferenz über sein Amt als Verteidigungsminister. © NDR

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Der Politiker Boris Pistorius. © Screenshot

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei einer Pressekonferenz über den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius. © NDR

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Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ "Marder" fährt über einen Übungsplatz © dpa Bildfunk Foto: Philipp Schulze/dpa
Hannover: Boris Pistorius (SPD), Innenminister Niedersachsen, spricht bei einer Veranstaltung der Polizeihubschrauberstaffel Niedersachsen am Flughafen Hannover. © dpa-Bildfunk Foto: Julian Stratenschulte
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) © picture alliance/dpa | David Inderlied Foto: David Inderlied

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 18.01.2023 | 08:00 Uhr

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