BVB: Terzic-Aus markiert Tiefpunkt eines unwürdigen Jahres

14 Tage vor

Edin Terzic verlässt Borussia Dortmund erhobenen Hauptes - und ist damit noch der Gewinner eines insgesamt unwürdigen Schauspiels beim BVB, das sich über mehr als zwölf Monate zog. Der Klub benötigt einen radikalen Kulturwandel. Ein Kommentar von kicker-Reporter Matthias Dersch.

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Mit erhobenem Haupt verlässt Edin Terzic (re.) Hans-Joachim Watzke und Borussia Dortmund. Getty Images

Am frühen Abend eines auch für Dortmunder Verhältnisse denkwürdigen Donnerstags postete Mats Hummels bei Instagram ein Bild von sich mit der Unterzeile: "Den heutigen Tag zusammenzufassen wird auch für mich eine Herausforderung." Garniert war die Story mit einem lachenden Smiley. Hummels hatte drei Tage vor dem Champions-League-Finale in einem Interview mit der SportBild harte Kritik an seinem damaligen Trainer Edin Terzic geäußert.

Die vom Klub nicht frei gegebenen Zitate, das sprach sich innerhalb der Branche schnell herum, seien sogar noch härter gewesen gegenüber dem 41-Jährigen. Es war eine Breitseite, mit Kalkül platziert - und sie war, zumindest auf den ersten Blick, mit etwas Verzögerung eine erfolgreiche. Denn am Donnerstag zur Mittagszeit kommunizierte der BVB das Ende der Amtszeit von Terzic beim BVB.

Ohne Terzic in die Zukunft: Folgt Nuri Sahin beim BVB?

Edin Terzic ist nicht mehr Trainer von Borussia Dortmund. Er hat selbst um eine Vertragsauflösung gebeten. Doch warum? Und wie geht es nun weiter? Wer wird Nachfolger von Terzic? Das besprechen wir mit unserem BVB-Reporter Patrick Kleinmann.

13.06.24 - 15:17 Uhr 16:26 Minuten

Der Trainer selbst habe den Klub um eine Auflösung seines noch bis 2025 datierten Vertrags gebeten, teilte der Klub mit. Der inzwischen urlaubende Hummels hatte sein Ziel erreicht - Terzic ist weg. Eine Zukunft beim BVB hat der Innenverteidiger, dessen Vertrag am 30. Juni 2024 endet, dennoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr. Diese Tendenz bestand bereits vor dem Interview und der Terzic-Trennung - und verstärkte sich durch das Verhalten des Führungsspielers, auch wenn er längst nicht der einzige Profi im Kader war, der das Wirken des Cheftrainers in dieser Saison kritisch betrachtete.

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Terzic: Gewinner auf den zweiten Blick

Auf den zweiten Blick betrachtet ist Terzic dennoch der Gewinner der jüngsten Entwicklung - auch wenn der Sieg ein kleiner ist. Besonders für jemanden, der den BVB mit Haut und Haaren lebte, der in seiner von Höhen und Tiefen geprägten Amtszeit allerdings auch schmerzhaft erfahren musste, wie flüchtig die Zuneigung der Fans und der Mitarbeiter sein kann.

Durch den erfolgreichen Ritt durch die Champions League und eine taktisch gute Vorstellung seines Teams im verlorenen Finale gegen Real Madrid hat er international an Renommee gewonnen, das das schwache Abschneiden in der Bundesliga überstrahlt. Sein tadelloses Auftreten in der Öffentlichkeit tut ihr Übriges zu seinem guten Leumund dazu. Auch die schmeichelnden Worte, die José Mourinho über ihn in Wembley verlor, dürften Terzic helfen, relativ bald wieder eine attraktive Aufgabe für sich zu finden. Als mögliches Ziel gilt die Premier League, in der er bereits bei West Ham United als Co-Trainer von Slaven Bilic Spuren hinterließ.

Zu viele Interna gelangten nach draußen

Verloren hat der BVB, der wieder einmal einen Trainer verschliss. Noch dazu einen, der stets mehr war als ein normaler Mitarbeiter. Terzic verschrieb sich der Aufgabe, arbeitete hart dafür, ihr gerecht zu werden - und hätte an der einen oder anderen Stelle mehr Unterstützung gebrauchen können, als ihm zuteil wurde. Zwar sprach ihm der scheidende Klubboss Hans-Joachim Watzke stets öffentlich das Vertrauen aus. Doch intern wuchsen die Zweifel an seiner Arbeit mehr und mehr. Der Rückhalt bröckelte. Und das drang viel zu häufig nach außen.

Borussia Dortmund wird daher mehr benötigen als einen neuen Trainer - der sehr wahrscheinlich Nuri Sahin heißen wird. Erforderlich ist ein radikaler Kulturwandel. In der Beförderung von Lars Ricken zum Geschäftsführer Sport ist ein erster Schritt dorthin getan. Der Jahrhundert-Torschütze des BVB gilt als besonnene Führungskraft, die sich alle Argumente anhört und seine Entscheidung sorgfältig abwägt - ohne persönliche Animositäten oder Eitelkeiten. Genau das ist nun gefragt. Denn wie schädlich sich Egoismen und verletzter Stolz auswirken können, zeigte das insgesamt unwürdige Schauspiel, das der BVB in den vergangenen zwölf Monaten für die Beobachter bot, seit die Meisterschaft am finalen Spieltag der Saison 2022/23 verspielt wurde.

Kehl steht mit in der Verantwortung

Verantwortlich für die schwankenden Leistungen im sportlichen Bereich war auch Sportdirektor Sebastian Kehl, der von Beginn an nicht verhindern konnte, dass Interna über die Kaderplanung und Transferziele nach außen drangen. Kehl steht noch bis 2025 unter Vertrag. Eine Entscheidung über eine Vertragsverlängerung steht noch aus. Klar ist: Für den im vergangenen Sommer nicht ausgewogen zusammengestellten Kader trägt auch er als Entscheider eine hohe Verantwortung und wird daher in den Gesprächen mit Ricken gute Argumente für eine Weiterbeschäftigung benötigen.

Unabhängig von einzelnen Personalien: Der Klub war immer dann stark, wenn Internes auch dann intern blieb, wenn die Diskussionen einmal hitziger ausfielen und die Entscheidungen nicht einstimmig getroffen wurden. Nur so kann es gehen, will der BVB in Zukunft wieder zum Bayern-Konkurrenten Nummer 1 werden. Falls dafür Nachhilfe erforderlich ist: Der aktuelle Primus Bayer Leverkusen hat in der abgelaufenen Saison exemplarisch gezeigt, wie gute Führung im Jahr 2024 auszusehen hat.

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