Rubel stürzt ungebremst: Die Folgen für Putins Kriegswirtschaft
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Der Absturz des Rubels hat sich dramatisch beschleunigt. Russlands Währung rutschte am Mittwoch zeitweise um weitere zehn Prozent auf 114 Rubel für einen US-Dollar ab.
Der Kurs näherte sich Tiefstständen kurz nach Russlands Überfall auf die Ukraine. Seit dem Sommer hat der Rubel bereits über ein Viertel seines Wertes verloren.
Der Rubel-Rutsch verteuert Importe und treibt damit die Preise in Russland. Dennoch begrüßte Putins Regierung die Abwertung. Steckt dahinter eine neue Strategie oder Kontrollverlust?
Der Absturz des Rubels hat sich dramatisch beschleunigt. Russlands Währung rutschte am Mittwoch ungebremst Richtung der Allzeittiefs nach dem Überfall auf die Ukraine. Für einen US-Dollar mussten Russen zeitweise mehr als 115 Rubel zahlen. An nur einem Tag verlor der Rubel zehn Prozent an Wert. Am Nachmittag stabilisierte sich der Kurs. Die russische Zentralbank gab bekannt, bis Ende des Jahres ihre geplanten Devisenkäufe auszusetzen, um den Rubelkurs zu stützen.
Zentralbank-Chefin Elvira Nabiullina hatte für den Rubel bisher eine „Komfortzone“ von 80 bis 90 Rubel je Dollar definiert. Besonders die 100-Rubel-Marke für einen Dollar galt als wichtige Haltelinie. Als der Rubelkurs vor einem Jahr schon einmal einen US-Cent fiel, hatte Putin Exporteuren vorgeschrieben, 80 Prozent ihrer Devisen-Einnahmen in Rubel umzutauschen. Nach einer schrittweisen Lockerung müssen Exporteure noch 40 Prozent ihrer Dollareinnahmen umtauschen.
Der Rubel gehört aktuell zu den schwächsten Währungen der Welt. Er verliert auch zum Euro und zum chinesischen Yuan stark. Seit Jahresbeginn hat der Rubel zu beiden Währungen rund 20 Prozent an Wert verloren.
Die Regierung von Wladimir Putin gab sich betont gelassen und begrüßte den Rubel-Rutsch sogar: „Ich sage nicht, ob der Wechselkurs gut oder schlecht ist“, kommentierte Finanzminister Anton Siluanow den Kurs-Verfall in Moskau. „Ich sage nur, dass der Wechselkurs heute für Exporteure sehr, sehr günstig ist.“ Er bringe der Regierung mehr Einnahmen aus Energiesteuern und Exportzöllen.
Auf der anderen Seite verteuert der schwache Rubel aber die Importe nach Russland – zusätzlich zu hohen Kosten für die Umgehung der Sanktionen. Dies treibt die Preise für die Verbraucher und heizt die ohnehin hohe Inflation in Russland an.
Ob Kontrollverlust oder Strategiewandel: Der Kursrutsch des Rubels kann als Zeichen gelesen werden, dass Putins Kriegswirtschaft und Russlands Staatsfinanzen unter Druck geraten. „Der Hauptgrund für die so deutliche Abwertung ist, dass diese erwünscht ist“, sagte der Analyst Nikolai Dudschenko vom Finanzhaus Finam. „Der schwächere Rubel-Kurs ist sehr förderlich für den Ausgleich des Haushalts.“
Den Preis zahlen vor allem Russlands Haushalte und Unternehmen über höhere Preise und Zinsen. Eine Abwertung des Rubels um zehn Prozent erhöht die Inflation in Russland selbst nach Schätzung der Zentralbank um 0,5 Prozentpunkte. Russlands Inflationsrate betrug im Oktober bereits 8,5 Prozent. Dies ist doppelt so hoch, wie von der Zentralbank angestrebt. Im Kampf gegen Inflation und Rubel-Verfall hat die Zentralbank den Leitzins bereits auf 21 Prozent erhöht. Nabiullina schließt eine weitere Erhöhung im Dezember nicht aus. Die Zentralbank versprach bisher, dass die Teuerung 2025 deutlich sinkt. Dies gerät durch den schwachen Rubel in Gefahr.
Der schwache Rubel treibt die Inflation in RusslandSteigende Preise belasten viele Verbraucher in Russland bereits stark. Lebensmittel wie Kartoffeln sind seit Jahresbeginn um 64 Prozent teurer geworden. Ökonomen nannten die Teuerung in einer russischen Diskussionsgruppe „erschreckend“. Die Butterpreise sind dieses Jahr um 27,5 Prozent gestiegen. Auch Brot, Milchprodukte, Schokolade und Bier sind teurer geworden. Tickets für die Neujahrsvorstellung des Bolschoi-Balletts werden ab einem Mindestgebot von 100.000 Rubel versteigert, rund 850 Euro.
Die Leitzinsen sind aktuell in Russland so hoch wie seit 2003 nicht mehr. Die hohen Zinsen belasten viele Unternehmen und sorgen sogar für offene Kritik bei Managern. Die Rekordzinsen würden die Gewinne „auffressen“, sagte Sergei Tschemesow, Geschäftsführer des Rüstungsunternehmens Rostec. Die Kreditkosten könnten viele Unternehmen in den Bankrott treiben.
Ein Vergleich verdeutlicht die Größe des Problems: In Deutschland betrug die Inflationsrate auf dem Höhepunkt des Energiepreisschocks nach Russlands Überfall auf die Ukraine vor zwei Jahren kurz 8,8 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte den Leitzins aber nur bis auf vier Prozent. Inzwischen liegt die Inflationsrate wieder in Nähe des EZB-Ziels von zwei Prozent, und die EZB senkt die Zinsen bereits seit Juni.
Die Gründe für den jüngsten Rubel-Absturz sind vielfältig: Russlands Einnahmen aus Energieexporten sinken. Das verschlechtert die Handelsbilanz. Hierzu kommen neue US-Sanktionen gegen Russlands Gazprombank. Sie erschweren Russlands Gasexporte – auch zu den letzten großen Kunden in Europa, Ungarn und Slowakei.
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Russlands Wirtschaftswachstum wird durch hohe Staatsausgaben für die Rüstung getrieben. Gleichzeitig fehlen Arbeitskräfte, weil viele Menschen das Land verlassen haben oder als Soldaten im Krieg sind. Auch dies treibt die Inflation. Den Krieg finanziert Putin aus hohen Währungsreserven und den Einnahmen aus dem Export von Gas und Öl. Doch das Konstrukt ist fragil. Die neuen US-Sanktionen und der Rubel-Rutsch verschärfen den Druck.
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