Portugal – Slowenien: Der alte Mann und der Elfmeter

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Portugal Slowenien - Figure 1
Foto ZEIT ONLINE

Cristiano Ronaldo verschießt einen Elfmeter in der Verlängerung, doch Portugal rettet sich im Elfmeterschießen. Nun wartet Frankreich. Und Ronaldo wird zum Problem.

2. Juli 2024, 2:19 Uhr

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Um ein Haar: Cristiano Ronaldo verschoss einen Elfmeter, Portugal rettete sich dennoch ins Viertelfinale. © Justin Setterfield/​Getty Images
Portugal – Slowenien: 3:0 im Elfmeterschießen (0:0)

Torschützen im Elfmeterschießen: Cristiano Ronaldo, Bruno Fernandes, Bernardo Silva

Wer hat das Spiel entschieden?

Die Torhüter. Diogo Costa, der Portugiese, schnappte sich einfach alle slowenischen Elfmeter im Elfmeterschießen und schaltete die Spannung, die einem Elfmeterschießen zugrunde liegt, einfach ab. Sein Gegenüber, Jan Oblak, sorgte dafür, dass es überhaupt so weit kam: In der 105. Minute der Verlängerung hielt er bereits einen Elfmeter von Cristiano Ronaldo. Das Selbstvertrauen, das er sich mit seiner starken Parade holte, nützte ihm schlussendlich nichts: Direkt beim ersten Elfmeter stand ihm erneut Ronaldo gegenüber, erneut hatte Oblak die Ecke, doch diesmal hatte der Portugiese genauer geschossen. Genau wie dessen Teamkollegen Bruno Fernandes und Bernardo Silva, deren Elfmeter einfach zu gut für den Slowenen waren.

Diogo Costa hingegen hatte sich bei der Videoanalyse wohl genau gemerkt, in welche Ecken die slowenischen Schützen schießen würden. Josip Iličić zielte nach rechts, Balkovec und Verbič jeweils halbhoch nach links – Diogo Costa hielt gut, die Slowenen schossen aber auch nicht besonders gut.

In den 120. Minuten vor dem Elfmeterschießen hatten die Torhüter allerdings nicht allzu viel zu tun. Doch wenn, waren sie wach. Diogo Costa musste nur einmal wirklich eingreifen: Als Benjamin Šeško in der 115. Minute der Verlängerung nach einem Fehler von Pepe allein auf ihn zulief. Mit dem Bein wehrte Costa den Schuss ab, eine starke Parade. Jan Oblak auf der anderen Seite hielt seine Mannschaft in der 89. Minute im Spiel, als Cristiano Ronaldo aus kürzester Distanz frei vor seinem Tor auftauchte, aber zu zentral abschloss.

"So ein Spiel gewinnst du nicht, wenn dein Torwart keinen Sahnetag hat", hatte Bastian Schweinsteiger im Vorfeld des Spiels in der ARD gesagt – im Hinblick auf Jan Oblak. Der Torhüter von Atlético Madrid, der einzige wirkliche Weltklassespieler in der slowenischen Mannschaft und ihr Kapitän, wurde den Erwartungen gerecht. Weil Diogo Costa im Tor der Portugiesen allerdings einen noch besseren Tag hatte, reichte es dennoch nicht für die slowenische Überraschung.

Warum ging das Spiel überhaupt in die Verlängerung?

Weil Slowenien kompakt verteidigte und Portugal zwar bemüht war, aber keine wirklich guten Torchancen herausspielte. In der ersten Halbzeit machten Rafael Leão und Nuno Mendes über links Druck, später versuchte es João Cancelo mit einigen trickreichen Situationen über rechts. Wirklich gute Chancen erspielten sie sich damit aber nicht – auch, weil sie immer wieder Cristiano Ronaldo suchten, dem aber vor allem das Fluchen und das theatralische In-den-Himmel-starren gelang.

Ab der 65. Minute, als Diogo Jota für Vitinha eingewechselt wurde, plätscherte das Spiel der Portugiesen recht ziellos vor sich hin. Die dann für den Spielaufbau zuständigen Pepe und João Palhinha versuchten in bester England-Manier, bloß kein Tempo ins Passspiel zu bekommen. Die einzig gute Gelegenheit in dieser Phase, ein Schuss von Cristiano Ronaldo in die Arme von Jan Oblak, entstand aus einem Fehler der Slowenen im Spielaufbau.

Schien zu irgendeinem Zeitpunkt eine slowenische Sensation möglich?

Nicht wirklich. In den Anfangsminuten waren die Slowenen sichtlich nervös, es war schließlich das erste K.-o.-Spiel der slowenischen Verbandsgeschichte. Nach einer Viertelstunde aber zogen sie dann ihr Spiel auf: Stabil stehen und die Stürmer Benjamin Šeško und Andraž Šporar vorne wuseln lassen. Mit der Strategie hatten die Slowenen Portugal bei einem Testspiel im März mit 2:0 besiegt. "Wahnsinn, wie die aus so wenig so viel machen. Solche Unruhestifter, die beiden da vorne drin", urteilte ARD-Kommentator Thomas Broich, das war ziemlich zutreffend.

Wirklich gefährlich wurde es in der regulären Spielzeit aber nur ein einziges Mal: Als Benjamin Šeško im Konter einfach an dem 20 Jahre älteren Pepe vorbeidonnerte, dann aber das Tor nicht traf.

Hätten Portugals "Alte", Cristiano Ronaldo und Pepe, es ihrer Mannschaft fast vergeigt?

In typischer Ronaldo-Manier hat der Kapitän der Portugiesen am Ende natürlich wieder getroffen. Aber im Elfmeterschießen und nachdem er bereits einen Elfmeter und eine Topchance verschossen hatte. Cristiano Ronaldo hat dem Spiel von Portugal gegen Slowenien in weiten Teilen nicht gutgetan. Immer wieder versuchten seine Mitspieler es mit hohen Flanken in seine Richtung, meist flog der Ball einige Zentimeter über seinem Kopf hinweg. Weil um ihn herum mit Bernardo Silva, Vitinha oder Bruno Fernandes nun wahrlich keine Kopfballungeheuer warteten, wirkte es, als würde Portugal seine Möglichkeiten beschränken, um Ronaldo zu bedienen.

Deutlich wurde das auch bei den Freistößen, und von denen gab es einige in guter Position. Wieder und wieder schnappte sich Ronaldo den Ball, schickte nicht minder begabte Standardschützen wie Bruno Fernandes oder Bernardo Silva weg – nur um dann einen strammen Schuss in den Frankfurter Himmel zu kloppen. Ein satter Freistoß ging zwar aufs Tor, aber mitten auf Jan Oblak, dem – wie der Rest des Spiels zeigte – die Hände nicht nachhaltig wehtaten. Am Ende des Abends wartete Ronaldo weiter auf seinen ersten Treffer in diesem Turnier.

Der 41-jährige Verteidiger Pepe hat zwar keinen Elfmeter verschossen, wäre aber der Schuldige gewesen, hätte Benjamin Šeško seine Großchance in der 115. Minute genutzt – dieser war nämlich ein grober Verstolperer von Pepe an der Mittellinie vorangegangen. Sowieso war Pepe mit dem 20 Jahre jüngeren Šeško ganz schön beschäftigt. Kurz nach seinem schweren Bock wechselte Portugals Trainer Roberto Martínez seinen ältesten Spieler schließlich aus. Manchmal muss man die Alten vor sich selbst schützen, vielleicht schauen die US-Demokraten ja zu.

Wie geht es für Portugal weiter?

Im Viertelfinale trifft Portugal am Freitag im Hamburger Volksparkstadion auf Frankreich. Es wird die Neuauflage des EM-Endspiels von 2016, das Portugal mit 1:0 in der Verlängerung gewann. Cristiano Ronaldo wurde damals verletzt ausgewechselt, seine Mannschaft siegte dann ohne ihn. Es ist unwahrscheinlich, aber: Vielleicht wäre es auch diesmal eine Strategie, Ronaldo auf der Bank zu lassen.

Im Gegensatz zu Slowenien werden die Franzosen offensiver agieren und nicht nur auf schnelle Gegenangriffe lauern. Bisher wurde die portugiesische Abwehr noch nicht von einer potenten Offensive gefordert, beim 0:2 gegen Georgien spielte die B-Elf. Was Portugal Mut machen könnte: Wenn Pepe dann gegen Kylian Mbappé spielt, ist dieser immerhin nur 16 Jahre jünger als er.

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