Nvidia-Aktie: Die Enttäuschung der Anleger ist ein ...
Vor den Nvidia-Zahlen blieb unklar, ob der Markt noch bereit war für das nächste Kapitel im KI-Hype. Der Rücksetzer trotz fantastischer Zahlen zeigt, dass die Börse nun nüchterner an das Thema rangeht. Die fetten Gewinne sind vorbei. Ein Kommentar.
Das amerikanische Chipunternehmen Nvidia überzeugt mit seinen frischen Quartalszahlen auf ganzer Linie. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lag der Umsatz 122 Prozent höher, der Gewinn sogar 168 Prozent. Damit konnte Nvidia die bereits hohen Erwartungen der Analysten noch übertreffen.
Die Börse hat das trotzdem nicht überzeugt. Die Aktie fiel nachbörslich um sieben Prozent. Das kann man auf den Ausblick schieben, der gut, jedoch nicht bombastisch war. Aber auch hier hat der Halbleiterkonzern die Erwartungen übertroffen.
Ein Paradigmenwechsel
Viel eher könnte sich der KI-Hype erschöpft haben. Die Erwachsenen sind wieder am Steuer – und sie haben nachgerechnet. Die Verdreißigfachung der Aktie in nur fünf Jahren kann sich unmöglich wiederholen. Ab jetzt wird sogar eine schlichte Verdopplung zur Herausforderung, denn Nvidia gehört bereits zu den drei wertvollsten Unternehmen der Welt.
Jede weitere Billion Börsenwert muss langfristig über riesige Verschiebungen in der Realwirtschaft gerechtfertigt werden. Noch mehr Ausgaben für künstliche Intelligenz, noch mehr Chips – und das bei stabilen Traummargen für Nvidia.
Wenn die These aufgeht, kann die Aktie weiterhin gute, aber nicht mehr fantastische, Renditen liefern. Denn die Bewertung ist nicht das große Hindernis. Rechnet man die im abgelaufenen Quartal verdienten 67 Dollarcent auf das Jahr hoch, wäre das Kurs-Gewinn-Verhältnis aktuell bei nicht gerade teuren 44. Ein angekündigter Aktienrückkauf im Wert von 50 Milliarden Dollar ist ein weiteres Plus.
Bloß gibt es eben auch Szenarien, in welchen die Nvidia-Aktie kräftig unter die Räder kommen könnte. Allen voran eine Durststrecke bei der Nachfrage. Das Halbleitergeschäft war bisher immer zyklisch. Auf Knappheit folgte Überangebot und fallende Preise. Vielleicht gibt es mittelfristig auch die Wende beim KI-Trend. Enttäuscht die Technologie, werden die Konzerne ihre Investitionen zurückschrauben.
Zudem droht die Konkurrenz. Alphabet, Amazon und andere Techriesen arbeiten an hauseigenen Alternativen zu Nvidias teuren Chips. Und Wettbewerber wie AMD wollen mitmischen. Dieses Risiko ist aber noch das Geringste. Nvidias Technologie ist führend, sein Innovationstakt vorbildlich und mit integrierter Software bindet es seine Kunden.
Die Nvidia-Aktie bleibt Opfer ihres eigenen Erfolgs. Die Geschäfte laufen blendend, aber die vergangenen Kursgewinne lassen immer weniger Luft nach oben. Auch die Börse gesteht das nun ein – und genau diese Ernüchterung erklärt, wieso die Aktie trotz überzeugender Zahlen nachgibt.
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