Mireille Mathieu: „Ich habe sehr geliebt“ | Unterhaltung

7 Jul 2024

Mireille Mathieu (77) erinnert ein wenig an den Eiffelturm, den man aus ihrer Suite im „Hotel Le Bristol“ (ihr zweites Zuhause) im Herzen von Paris sehen kann. Die Sängerin ist natürlich kleiner und charmanter, aber ebenso erhaben, weltberühmt und typisch französisch.

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Gefühlt sind beide schon immer da, Nationalsymbole, geliebt und bewundert von Millionen Menschen. Und: Ein Beweis dafür, dass die besten Geschichten das Leben selbst schreibt und aus schwierigen Zeiten etwas Wunderschönes, Besonderes entstehen kann.

In einer Boutique von Pierre Cardin. Mathieu trägt ausschließlich Kleidung dieser Marke – oder von Chanel

Vor genau 60 Jahren, am 28. Juni 1964, nahm das Mädchen (1,53 m groß) aus Avignon an einem Gesangswettbewerb teil. Der Bürgermeister kaufte ihr ein Zugticket nach Paris, dort sollte sie in einer Sendung auftreten.

„Ich sang Jezebel von Édith Piaf. Es gab fünf Amateur-Sänger, und das Publikum durfte anrufen und sagen, wer wiederkommen soll. Ich bin siebenmal wiedergekommen, ich habe siebenmal gewonnen“, erzählt Mireille BILD als wir uns in Paris treffen. Der Rest ihrer Ausnahmekarriere ist Geschichte: 1200 Lieder in elf Sprachen, mehr als 190 Mio. verkaufte Tonträger.

Mireille Mathieu - Figure 2
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Mireille als Jugendliche zu Beginn der 60er Jahre

Mireille Mathieus Leben – ein Märchen à la Aschenputtel

Ein Märchen à la Aschenputtel, das wohl heute so gar nicht mehr möglich wäre. Mireille kam als Tochter eines Steinmetzes zur Welt, es folgten 13 Geschwister. Es gab viel Liebe, aber kaum Geld zu Hause. Die Familie lebte sehr bescheiden, ohne Heizung, die Geschwister schliefen zu fünft im Bett. Als Älteste war Mireille mehr Mutter als Schwester. Sie war keine gute Schülerin, hatte eine Lese-Rechtschreibschwäche. Mit 14 Jahren fing sie an, in einer Papierfabrik zu arbeiten. Während der Arbeit (Briefumschläge falten) sang Mireille, sie verehrte Édith Giovanna Gassion, die Piaf. Zu deren Hit „La vie en rose“ schaffte Mireille 500 Umschläge.

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Cheers! Die Sängerin trifft Tom Jones (heute 84) 1968 auf einen Drink in London

Die Fabrik hätte ihr Schicksal werden können. Heirat, Kinder, ein bescheidenes Leben. Schlimm gefunden hätte sie es nicht, erzählt sie BILD. „Ich war sehr froh darüber, Geld für meine Familie verdienen zu dürfen. Als die Papierfabrik pleiteging, fingen meine Schwester Monique und ich im Ferienlager als Kinderbetreuerinnen an. Sängerin zu werden, war mein Traum. Aber ich war extrem schüchtern. Als ich nach Paris kam, musste ich lernen, mich auszudrücken, wie man sich bewegt und richtig kleidet. Wir waren arm, ich kannte diesen Lebensstil nicht.“

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Knicks vor der Königin: 1969 trifft Mireille Mathieu in London Queen Elizabeth

Sie lächelt. „Das Erste, was ich mir von meinen Gagen geleistet habe, war ein Haus für meine Eltern. Wir wohnten ja zuvor in Baracken. Als Mutter später im Rollstuhl saß, kaufte ich das Nachbargrundstück und baute ihr ein neues Haus.“

Als wir über ihre Mutter Marcelle-Sophie Poirier (†94) sprechen, die 2016 starb, fängt Mireille Mathieu an zu weinen. „Ich habe sie sehr geliebt, sie ist in meinen Erinnerungen ständig präsent. Auch mein Vater war außergewöhnlich. Die Ehe meiner Eltern war eine große Liebe.“

Mireille hält 1967 ihr 13. Geschwisterchen im Arm, neben ihr die Eltern Roger (†1985) und Marcelle-Sophie (†2016)

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Mireille ist Sternzeichen Krebs. Sind Sie sensibel? „Ich bin wohl der sensibelste Mensch der Welt, darum weine ich so viel.“

Keine singt so schön über die Liebe wie sie. Verheiratet war sie nie, auch Kinder hat sie nicht. Haben Sie die große Liebe dennoch erlebt? „Oh jaaa! Ich habe sehr geliebt. Man kann lieben, ohne zu heiraten. Meine Neffen und Nichten sind wie meine eigenen Kinder.“

Große Liebe: Mireille holt 2014 ihre Mutter auf die Bühne, damals schon 93

„Wenn man liebt, was man tut, geht man nie wirklich in Rente“

Nun plant sie ihren Abschied von der Konzertbühne. Ihre Tournee ab 24. Oktober (siehe Kasten) soll ihre letzte sein. Der Titel ist Programm: „Goodbye my Love Goodbye – zum letzten Mal ,The best of‘“.

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Warum hören Sie auf? „Ich habe mein Leben lang gesungen, und ich werde weiter singen. Als ich vier war, hatte ich meinen ersten Auftritt in einer Kirche in der Provence. Mein Vater war leidenschaftlicher Sänger, ein Tenor. Von ihm habe ich wohl mein Talent geerbt. Wenn man liebt, was man tut, geht man nie wirklich in Rente. Bis heute arbeite ich jeden Tag an meiner Stimme.“

Mit ihrer Schwester Monique hat Mireille ein inniges Verhältnis. Die beiden wohnten über 40 Jahre zusammen

„Das letzte Mal in der Sonne war ich mit 23“

Am 22. Juli feiert sie ihren 78. Geburtstag, was man ihr nicht ansieht. Sie hat zwar auch das eine oder andere Wehwehchen, aber das bleibt in dem Alter nicht aus. „Ich versuche, jung zu bleiben. Musik hilft mir, positiv zu denken. Ich achte auf meine Ernährung, benutze teure Pflegeprodukte für mein Gesicht. Das letzte Mal in der Sonne war ich mit 23, sie ist schlecht für die Haut.“

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Mireille Mathieu mit BILD-Unterhaltungs-Chefin Tanja May beim Interview in Paris

Ihre Haare sind ihr Markenzeichen, den kurzen Bob mit Pony trägt sie seit den 70er-Jahren. Ihre Haut wirkt rein wie Porzellan. „Ich vermeide Alkohol, esse jeden Tag einen Joghurt. Mit 22 hatte ich einen Unfall. Wir waren unterwegs vom Auftritt in Lyon nach Grenoble zu den Olympischen Spielen. Das Auto überschlug sich. Zum Glück schliefen die meisten von uns, was möglicherweise Verletzungen und Schlimmeres verhinderte. Ich erinnere mich, dass ich mich als Erstes nach meinem Make-up erkundigte, weil ich ja noch auftreten sollte.“

Haben Sie einen Führerschein? „Nein. Ich verwechsle rechts und links, das wäre fatal beim Autofahren.“

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1966: Nach einem Autounfall muss die Sängerin im Bett bleiben. Das hält sie jedoch nicht vom Singen ab

Gesungen hat sie u.a. vor Queen Elizabeth (†96), amerikanischen und französischen Präsidenten, Papst Johannes Paul II. (†84). Wer hat sie beeindruckt? „Der Papst. Er hatte unglaubliches Charisma, sprach fließend Französisch, hat jung seine Mutter verloren. Ich bewunderte ihn sehr.“

In Deutschland ist Mireille befreundet mit Florian Silbereisen (42), regelmäßig tritt sie in seinen ARD-Shows auf, 2015 begleitete sie ihn zum Oktoberfest. BILD saß damals mit am Tisch im Wiesnzelt, schunkelte mit Mireille zu Blasmusik.

Gute Freunde: Mireille und Florian Silbereisen

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Superstar Lady Gaga (38) antwortete mal auf die Frage, mit wem sie gern ein Duett singen würde: „Mit Mireille Mathieu, sie ist eine großartige Künstlerin.“ Geklappt hat es bis heute nicht. Aber wer weiß, bei Mireille ist alles (noch) möglich.

Hier startet die große Abschiedstour
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