Formel 1 in Brasilien: Der König aus der Gischt

22 Tage vor

Gerutsche, Einschläge, Millionenschäden: Es waren nur 69 Runden zu fahren in Interlagos, doch die Zuschauerinnen und Zuschauer des Großen Preises von São Paulo dürften das Gefühl gehabt haben, eine Ewigkeit vor dem Endgerät verbracht zu haben. Im Regen von São Paulo schlitterten und drehten sich die Formel-1-Autos, krachten in die Streckenbegrenzung oder aneinander. Es kam zu mehreren Safety-Car-Phasen, Unterbrechungen – und zu enormen Materialschäden, die die Budgetdeckel der Teams belasten dürften. 15 Autos kamen nur ins Ziel, am Ende tauchten aus der Gischt drei Fahrer vorn auf, die man dort nicht erwartet hätte.

Max Verstappen - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

Empfohlener externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von X.com, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit wieder zurücknehmen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Stroll bleibt stecken: Das Rennen hatte noch gar nicht begonnen, da löste Lance Stroll in der Einführungsrunde Chaos aus. Der Aston-Martin-Pilot war abgeflogen und beim Versuch, sein Auto wieder auf die Strecke zu manövrieren, im Kies stecken geblieben. Der Start wurde abgebrochen, doch offenbar wussten die Fahrer im Anschluss nicht, was zu tun war. Einige fuhren für eine weitere Einführungsrunde los, andere blieben erst mal stehen. Gegen einige Fahrer, darunter Norris, wurde anschließend ermittelt, weil sie ohne grünes Licht losgefahren sein sollen. Das Ergebnis steht noch aus.

Ein Aston Martin im Granulat: Für Lance Stroll war in Brasilien schnell Schluss

Foto:

Clive Mason / Getty Images

Der Start: Lief dann erstaunlich zivil ab. George Russell schnappte sich allerdings die Führung von Norris. Der überraschende Dritte, Yuki Tsunoda (Racing Bulls) konnte seinen Platz verteidigen. Der als 17. gestartete Verstappen räumte das Mittelfeld auf und lag nach zwei Runden schon auf Platz zehn, sein Teamkollege Sergio Pérez fiel hingegen nach einem Dreher ans Ende des Feldes zurück.

Max Verstappen - Figure 2
Foto DER SPIEGEL

Mechaniker im Stress: Dass nach dem chaotischen Qualifying überhaupt 19 Autos an den Start gehen konnten, hatten die Fahrer ihren Teams zu verdanken. Wegen heftigen Regens wurde die Session auf Sonntag verlegt, doch auch da war die Strecke alles andere als trocken. Die Piloten von Aston Martin und Williams – Fernando Alonso, Stroll sowie Franco Colapinto und Alexander Albon – beschädigten ihre Autos so stark, dass bis kurz vor dem Start nicht klar war, ob die Crews die Autos würden reparieren können. Doch bis auf Albon hatten alle Glück. Carlos Sainz, der seinen Ferrari in die Bande gesetzt hatte, musste aus der Boxengasse starten – der Ferrari benötigte Ersatz in Sachen Motor und Getriebe. Für Stroll war die Arbeit indes umsonst gewesen, der Kanadier trat nach seinem Ausfall vor dem Start nicht mehr an.

Die drei Erstplatzierten Max Verstappen (m.), Esteban Ocon (2.v.l) und Pierre Gasly feiern mit Red Bulls technischem Direktor, Pierre Waché (l.) auf dem Podium

Foto:

Xavi Bonilla / PanoramiC / IMAGO

Piastri kann Verstappen nicht aufhalten: Verstappen pflügte sich Runde um Runde weiter durchs Feld. In Runde 10 traf er auf Norris' Teamkollegen Piastri, doch der Australier leistete keine Gegenwehr. Verstappen hatte sich am Ende der Geraden spät gebremst, bevor sich Piastri versah, war er schon kassiert worden. Und Verstappen machte weiter. In Runde 13 war er schon Sechster und lief auf Charles Leclerc im Ferrari auf.

Besser machts Leclerc: Der Monegasse beendete Verstappens Durchfahrt für mehr als zehn Runden. Gut aus Sicht von Norris, der vorn weiterhin hinter Russell festhing. Doch dann bekam der Ferrari Probleme mit den Reifen. Eine Attacke von Verstappen konnte Leclerc noch abwehren, dann musste er in die Box. Starker Regen setzte ein – und wirbelte den Rennverlauf erneut durcheinander.

Max Verstappen - Figure 3
Foto DER SPIEGEL

Und wieder müssen alle warten: Wegen der schlechten Sicht kam zunächst das Safety Car raus, kurze Zeit später wurde das Rennen jedoch in Runde 32 mit roter Flagge unterbrochen: Colapinto war mit seinem Williams abgeflogen. Das Feld wurde in die Boxengasse geführt. Die Gewinner waren die beiden Alpine von Esteban Ocon und Pierre Gasly, die noch nicht an der Box gewesen waren und nun Erster und Dritter waren. Dazwischen rangierte Verstappen, der ebenfalls auf den Stopp verzichtet hatte. Dahinter folgten Norris und Russell. Norris hatte Russell kurz vor der Safety-Car-Phase noch überholt.

Der Neustart: Als das Rennen hinter dem Safety Car wieder freigegeben wurde, konnte sich Ocon zunächst absetzen, Norris rutschte weg und fiel wieder hinter Russell zurück. Nach einer weiteren Safety-Car-Phase (Sainz war abgeflogen) machte Verstappen vor dem Senna-S mit Ocon dann kurzen Prozess. Norris rutschte an gleicher Stelle von der Strecke und fiel auf Platz sieben hinter Piastri zurück. Der Teamkollege ließ Norris vorbei, doch vorn machte Verstappen keine Fehler mehr. Es könnte die WM-Vorentscheidung gewesen sein.

Schwarzer Tag für Hülkenberg: In all dem Spektakel sorgte der Deutsche Nico Hülkenberg für eine skurrile Situation. Der Haas-Pilot steckte auf dem Autódromo José Carlos Pace in der 27. Runde nach einem Dreher auf dem Bordstein fest. Anschließend bekam er regelwidrige Hilfe von Streckenposten, die den Wagen anschoben. Dadurch konnte Hülkenberg das Rennen zunächst fortsetzen. Dann wurde ihm aber die Schwarze Flagge gezeigt, was in der Formel 1 selten ist. Hülkenberg musste seinen Wagen schließlich in der Boxengasse abstellen.

Max Verstappen - Figure 4
Foto DER SPIEGEL

Anschieben verboten: Marshalls helfen Nico Hülkenberg im Haas zurück auf die Strecke

Foto:

Florent Gooden / PanoramiC / IMAGO

Die »neue Sensation« Argentiniens: Das Rathaus von São Paulo hatte im Vorfeld des Rennens angegeben, dass die Argentinier bereits den Großteil der ausländischen Zuschauer ausmachten und man aufgrund der »neuen Sensation« mit einem weiteren Anstieg rechne. Die Behörde sollte recht behalten. Mit der »Sensation« ist der 21-jährige Franco Colapinto gemeint, der bei Williams den glücklosen Logan Sargeant ersetzte. Und der innerhalb von nur fünf Rennen in die Herzen der argentinischen Fans gefahren ist. Lautstark feierten sie ihren Piloten an, sobald sie ihn von der Tribüne aus erblickten. Nur ins Ziel kommen sahen sie ihn am Sonntag nicht. Die Bedingungen waren schon für die erfahrenen Fahrer herausfordernd.

Franco Colapinto in der Boxengasse: Quereinsteiger und Hoffnungsträger für Argentinien, das seit Juan Manuel Fangio wieder auf einen Formel-1-Weltmeister wartet

Foto: Mark Thompson / Getty Images

Wie geht's weiter: Norris und Verstappen haben am 24. November wieder die Gelegenheit, sich zu duellieren. Dann zieht der Formel-1-Tross weiter nach Las Vegas. Allerdings könnte es für den Briten zu spät sein. Im Klassement liegt er nun 62 Punkte hinter Verstappen, der sich auch noch den Extra-Zähler für die schnellste Runde schnappte. In der Wüste von Nevada kann es sich Verstappen nun sogar leisten, zwei Punkte auf Norris einzubüßen, und sich dennoch zum vierten Mal in Serie zum Weltmeister zu küren.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten