Lufthansa-Streik 2024: Was bedeutet der Streik für Reisende?

6 Feb 2024
Lufthansa Streik
Streik bei Lufthansa Reisende sollen nicht zum Flughafen kommen – worauf sich Fluggäste einstellen müssen

Am Mittwochmorgen beginnt der nächste Streik: Das Bodenpersonal der Lufthansa legt die Arbeit nieder. Was das für die Fluggäste und warum gestreikt wird. Ein Überblick.

Die Streikwelle in Deutschland reißt nicht ab. Nachdem die Lokführer der Deutschen Bahn, die Busfahrer im öffentlichen Nahverkehr und die Sicherheitskräfte an den Flughäfen ihre Arbeit niederlegten, folgt nun das Bodenpersonal der Lufthansa. Für Mittwoch, den 7. Februar, rief die Gewerkschaft Verdi zu einem ganztägigen Warnstreik auf.

Doch wieso streikt das Bodenpersonal? Wer zahlt bei Flugausfällen im Streikfall? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wann beginnt der Streik beim Lufthansa-Bodenpersonal?

Bereits am Mittwoch um 4 Uhr sollen die Angestellten ihre Arbeit niederlegen. Betroffen sind die Lufthansa-Standorte Frankfurt am Main, München, Hamburg, Berlin und Düsseldorf. Allein am Flughafen München waren für Mittwoch rund 400 Flüge der Lufthansa geplant. Der Arbeitskampf soll bis Donnerstag, 8. Februar, 7.10 Uhr andauern.

Warum wird gestreikt?

Hintergrund des Arbeitskampfes sind die konzernweiten Tarifverhandlungen. Nach Ansicht von Verdi legte das Unternehmen in der vorherigen Verhandlungsrunde ein unzureichendes Angebot auf den Tisch. Konkret bemängelt werden die acht Nullmonate ohne Vergütungsentwicklung zu Beginn, die niedrigen Erhöhungsschritte, die 36-monatige Laufzeit sowie gänzlich unbeantwortete Forderungen.

Die Gewerkschaft fordert 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Zudem soll es eine einheitliche Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro geben. Derzeit möchte die Lufthansa den Beschäftigten außerhalb der Lufthansa Technik eine geringere Inflationsprämie auszahlen. Am 12. Februar ist die nächste Verhandlungsrunde geplant.

Was passiert, wenn das Bodenpersonal streikt?

Infolge des Streiks müssen Lufthansa-Fluggäste mit Ausfällen und Verspätungen rechnen. Das Unternehmen erwartet starke Einschränkungen und warnt davor zum Flughafen zu fahren: „Aufgrund des Streiks sind die Umbuchungsschalter leider nicht besetzt“, schreibt die Fluggesellschaft auf ihrer Website. Kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten stünden über lufthansa.com, die Kunden-App und über das Service-Center zur Verfügung. Tickets für innerdeutsche Flüge könnten in Gutscheine für Bahnfahrten umgewandelt werden. In einer weiteren Mitteilung heißt es, dass mehr als hunderttausend Passagiere von den Folgen des Sonderflugplans betroffen seien. Derzeit plant das Unternehmen 10 bis 20 Prozent des ursprünglichen Flugplans fliegen zu können. Die Details würden in die Datenbank der Webseite der Lufthansa eingepflegt und die Passagiere entsprechend informiert.

Welche Lufthansa-Gesellschaften werden bestreikt?

Im Einzelnen sind laut der Gewerkschaft Verdi diese Lufthansa-Gesellschaften am Mittwoch betroffen:

- Lufthansa Technik Logistik Services sowie

- Lufthansa Engineering and Operational Services.

Wer zahlt bei Flugausfall im Streikfall?

Wenn ein Flug annulliert wird, haben Reisende einen Anspruch auf sogenannte Unterstützungsleistungen. Dabei können die Betroffenen wählen, ob sie sich den Flugpreis vollständig erstatten lassen oder eine anderweitige Beförderung zum Ziel wünschen. Zudem muss die Airline für die Verpflegung und die Unterbringung aufkommen. Die Ansprüche müssen die Reisenden bei der Fluggesellschaft geltend machen.

Schneller schlau: Streik-Recht

Was ist die Koalitionsfreiheit?

Das Streikrecht genießt einen hohen Schutz über die im Grundgesetz in Artikel 9 Absatz 3 verankerte Koalitionsfreiheit. Diese bezieht sich nicht auf politische Regierungsbündnisse, sondern auf das Recht eines Jeden,
„zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden“.

Sie ermöglicht Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sich in Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden zusammenzuschließen, um einen Arbeitskampf zu führen und Tarifverträge auszuhandeln.

Wer darf streiken?

Nur eine Gewerkschaft darf einen Streik organisieren und führen. Und es darf nur für eine Forderung gestreikt werden, die in einem Tarifvertrag geregelt werden kann. Politische Streiks sind daher in Deutschland nicht erlaubt. Ein Streik muss verhältnismäßig sein.

Was ist eine Schlichtung?

In manchen Branchen gibt es Vereinbarungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, dass sie mit Hilfe unbeteiligter Dritter einen Einigungsversuch unternehmen, wenn sie nicht weiterkommen am Verhandlungstisch.

Zum Beispiel gingen im Frühjahr 2023 Bund, Kommunen und Verdi für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in die Schlichtung. Die Schlichter machten nach mehrtägigen Beratungen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften einen Einigungsvorschlag. Keine der Seiten war verpflichtet, den Vorschlag anzunehmen. Doch Verdi und der Deutsche Beamtenbund entschieden sich für eine Zustimmung. Der Tarifkonflikt war damit beendet.

Grundsätzlich gilt: Bei Annullierungen oder Verspätungen von Flügen gibt es einen Anspruch auf Entschädigungen. Die Höhe der Entschädigung ist abhängig von der Distanz und der Dauer der Verspätung. Jedoch kann die Airline die Zahlung verweigern. Dafür müsste höhere Gewalt vorliegen, wie etwa Unwetter. Der Grundsatz ist, dass diese Umstände nicht von der Fluggesellschaft beeinflusst werden können. Ein Streik könnte auch in Einzelfällen darunter fallen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beurteilt die Fälle danach, ob der Streik beherrschbar und vorhersehbar war. Zudem wird geprüft, ob es sich um ein internes Ereignis handelt. Wenn beispielsweise Fluglotsen streiken, kann es für die Airline ein externes Ereignis. Die Fluggesellschaft müsste in diesem Fall keine Entschädigung auszahlen.

Streikt jedoch das Personal der Airline, wie hier im Fall des Bodenpersonal, kann das EuGH entscheiden, dass ein internes Ereignis vorliegt. Eine Entschädigungszahlung für die betroffene Fluggäste ist in diesem Fall denkbar.

Warum streikten die Discover-Piloten?

Am Sonntag streikten bereits die Piloten der Lufthansa-Tochter Discover. Bis Montagabend legten sie ihre Arbeit nieder. Sie setzten sich mit ihrem Ausstand für einen Erst-Tarifvertrag ein. Im Gegensatz zu der Auflehnung des Bodenpersonals der Lufthansa waren die Auswirkungen auf den Flugverkehr gering. Am Sonntag waren 10 von 16 in Frankfurt geplanten Abflügen gestrichen worden. Am Montag waren, laut Online-Abflugplan, nur zwei von zwölf Abflügen möglich. Damit verfehlte Discover Airlines das selbstgesetzte Ziel, in Frankfurt 90 Prozent der Mittelstrecke und 30 Prozent der Langstrecke trotz Streiks anbieten zu können. Einige Flüge aus München wurden von der Muttergesellschaft Lufthansa selbst geflogen.

Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit ist mit der Beteiligung am Pilotenstreik zufrieden. Die Beschäftigten hätten ein beeindruckendes Zeichen der Geschlossenheit abgegeben, erklärte die Gewerkschaft am Dienstag nach dem Ende des zweitägigen Ausstands. Während des Streiks habe das Unternehmen nur einen kleinen Teil der Flüge durchführen können - und dies nur unter Mithilfe von Flugzeugen und Besatzungen anderer Gesellschaften des Lufthansa-Konzerns.

Mit Material von dpa

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