Wohnmobilhersteller: Razzia, Umsatzeinbruch, Kursrutsch – Knaus ...

9 Stunden vor
Wohnmobilhersteller Razzia, Umsatzeinbruch, Kursrutsch – Knaus Tabbert in Not

Topmanager zurückgetreten und gekündigt, die Produktion pausiert und jetzt noch Korruptionsvorwürfe: Beim Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert brennt es lichterloh. Kann Großaktionär Wim de Pundert das Unternehmen retten?

Knaus Tabbert - Figure 1
Foto manager-magazin.de

28.11.2024, 13.17 Uhr

Krise beim Camping-Spezialisten: Der Wohnwagen- und Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert leidet unter Überkapazitäten, zudem wird dem Ex-Führungsteam Korruption vorgeworfen

Foto: Knaus Tabbert

Am niederbayerischen Firmensitz des Wohnwagen- und Wohnmobilherstellers Knaus Tabbert in Jandelsbrunn überschlagen sich die Ereignisse. Allein die jüngsten Ad-hoc-Mitteilungen zwischen Ende Oktober und Ende November lesen sich wie ein Albtraum für jeden Aktionär. Die Aktie hat binnen vier Wochen mehr als die Hälfte ihres Börsenwertes verloren.

Zwei Vorstandsmitglieder fristlos gekündigt

Das Unternehmen teilte am Donnerstag mit, dass zwei Personen innerhalb des Unternehmens derzeit Gegenstand der laufenden Ermittlungen sein. In diesem Zusammenhang hat der Aufsichtsrat beschlossen, die Verträge zweier Vorstandsmitglieder mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet: Die zwei gekündigten Manager sollen Bestechungsgelder von einzelnen Zulieferern angenommen haben. Die Aktie, seit Monaten im Abwärtstrend, stürzte nach Bekanntwerden der Razzia um weitere 14 Prozent ab.

Die Einzelheiten sind noch unbekannt - etwa, wie viel Geld die beiden Geschäftsleute angenommen haben sollen. Klar ist nur, dass es um eine Summe von mindestens 50.000 Euro geht, denn die Staatsanwaltschaft geht von einem besonders schweren Fall der Bestechlichkeit aus. Für diesen Vorwurf seien 50.000 Euro die Schwelle. Ebenfalls unbekannt ist, wann und über welchen Zeitraum sich die Taten zugetragen haben sollen.

Der niederländische Manager Wim de Pundert, der erst vor wenigen Tagen die Doppelrolle als CEO und CFO bei Knaus Tabbert übernommen hatte, muss nun binnen kürzester Zeit eine Vielzahl von Problemen lösen. De Pundert ist Geschäftsführer der niederländischen Investmentgesellschaft HTP, der 41 Prozent an Knaus Tabbert gehören. Bislang saß de Pundert im Aufsichtsrat. Weitere 25 Prozent der Aktien sind im Besitz der Gesellschaft Catalina Capital Partners.

Für den Großaktionär und neuen CEO de Pundert wird es ein Feuerwehreinsatz: Bevor de Pundert vergangene Woche die Leitung des operativen Geschäfts übernahm, lenkten die langjährigen Vorstände Werner Vaterl und Gerd Adamietzki den Campingwagenhersteller nach dem plötzlichen Abgang von Ex-CEO Speck, der elf Jahre lang an der Spitze stand. Erst im Februar hatte Speck seinen Vertrag noch bis Ende 2026 verlängert, bevor er sich im Oktober überraschend zurückzog. Bereits im Februar hatte Finanzvorständin Caroline Schürmann das Unternehmen verlassen.

Erst Boom, dann Krise

Die Führungskrise und die strafrechtlichen Ermittlungen sind aber nicht das einzige Problem bei Knaus Tabbert. Noch Ende März dieses Jahres schien die Welt bei dem niederbayerischen Wohnmobilhersteller noch in Ordnung. Nachdem das Unternehmen den Konzernumsatz 2023 um 37 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro gesteigert hatte, schlug der damalige CEO Speck eine deutliche Steigerung der Dividende vor und prognostizierte für 2024 eine stabile Entwicklung auf hohem Niveau.

Vorbei. Nur ein halbes Jahr später ist die Prognose nicht mehr zu halten, die Umsätze rauschen abwärts, in zwei der vier Werke ruht die Produktion und der Vorstand muss nach dem Exodus der Topmanager neu besetzt werden. Statt die prognostizierte „stabile Entwicklung“ zu bieten, spielt sich bei Knaus Tabbert ein Wirtschaftskrimi ab. Mehr als 150 Beamte von Polizei und Staatsanwaltschaft waren am Mittwoch im Einsatz, um bundesweit Büros und Geschäftsräume des Herstellers zu durchsuchen.

Die Branche hingegen ist nicht in der Krise. Der Caravaning Industrie Verband bescheinigte dem deutschen Markt zuletzt ein weiterhin hohes Niveau. Die Nachfrage an Wohnmobilen und Wohnwagen ist laut aktuellen Daten weiterhin groß. Zwischen Januar und Juli 2024 wurden in der Bundesrepublik 67.681 Fahrzeuge neu zugelassen, ein Plus von 7,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gefragt sind laut ADAC allerdings vor allem kleine und günstigere Camper-Vans. Profitieren konnte Knauss Tabbert davon bislang nicht.

Volle Lager und Überkapazitäten bei Knaus Tabbert

In den ersten neun Monaten 2024 ist der Umsatz von 1.073,5 Milliarden Euro (2023) auf 897,2 Millionen Euro eingebrochen. Auch die jüngsten Quartalszahlen waren enttäuschend. Der operative Verlust belief sich für das dritte Quartal auf 33 Millionen Euro, 2023 hatte Knaus Tabbert in Q3 noch 12 Millionen Euro Gewinn verbucht.

Demgegenüber stehen volle Lager. Das Hauptproblem bei Knaus Tabbert: Nachdem Käufer von Wohnwagen und Wohnmobilen aufgrund des Corona-Booms teilweise bis zu zwei Jahre auf ihre neuen Fahrzeuge warten mussten, fuhr Knaus Tabbert die Produktionskapazitäten hoch. 2023 stieß das erhöhte Angebot noch auf eine hohe Nachfrage. Doch nun stehen Tausende fertig produzierte Fahrzeuge an den Werken und bei den Händlern.

In zwei der vier Werke ruht die Produktion

Um die Produktionsmengen zu reduzieren und damit die Lagerbestände auf ein wirtschaftlich nachhaltiges Niveau zu bringen sowie eigene Bestände abzubauen, stoppte Knaus Tabbert bis zum Ende des Jahres die Produktion am niederbayerischen Firmensitz Jandelsbrunn sowie im ungarischen Nagyoroszi.

In den beiden Werken ist der Großteil der rund 4.000 Mitarbeiter beschäftigt. Schon im Sommer wurden die regulär geplanten Werksferien im August von drei Wochen um zwei Wochen verlängert.

In den beiden Werken im hessischen Mottgers und im oberfränkischen Schlüsselfeld, wo vor allem Luxuswohnmobile der Marke MORELO produziert werden, läuft die Produktion noch.

Großaktionär auf Rettungsmission

Der neue Chef hatte bereits bei seinem Amtsantritt bestätigt, dass an einem Schrumpf- und Sparkurs kein Weg vorbeigeht: Er werde „Maßnahmen ergreifen, um eine gesunde Profitabilität bei adäquaten Produktionsmengen zu sichern“, sagte de Pundert im November. Adäquat heißt in der aktuellen Lage: Deutlich weniger als bisher. Zumindest auf einen erfolgreichen Turnaround kann der Niederländer bei Knaus Tabbert zurückblicken: 2009 hatte er mit seiner Beteiligungsgesellschaft TVP das bayerische Unternehmen gemeinsam mit Klaas Mertens aus der Insolvenz herausgekauft, 2020 folgte dann der erfolgreiche Börsengang. Er sei „ein großer Kenner der Knaus Tabbert AG und unterstütze das Unternehmen seit über 15 Jahren“, hatte der CEO zu Beginn seines Feuerwehreinsatzes betont. Nun gehe es um eine „nachhaltige und profitable Zukunft“ des Unternehmens. Wie der Turnaround konkret gelingen soll, ist offen. Auf eine Anfrage des manager magazins reagierte das Unternehmen nicht.

Zumindest allein muss de Pundert die heikle Mission nicht angehen. Radim Ševčík, zuvor ebenfalls bei HTP Investments tätig, berichtet als neuer „Financial Director“ bei Knaus Tabbert direkt an de Pundert.

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