Früherer US-Präsident: Jimmy Carter feiert seinen 100. Geburtstag ...
Die Geschichte der Vereinigten Staaten ist unweigerlich mit Jimmy Carter verbunden. Zumindest die Geschichte der vergangenen 100 Jahre, denn vor genau 100 Jahren wurde der ehemalige US-Präsident geboren. Und an seinem Geburtstag geht es vor allem – natürlich – um Politik.
Im Vorfeld seines Ehrentages am Dienstag erklärte Carter, dass er durchhalten wolle, um für Kamala Harris zu stimmen. Im Präsidentschaftswahlkampf liefert sich seine demokratische Parteifreundin Harris ein enges Rennen mit Ex-Präsident Donald Trump. Eine Lobrede kam unter anderem dann auch vom demokratischen Präsidenten Joe Biden, der nicht erneut kandidiert:
Biden lobte seinen langjährigen Freund für seinen »unerschütterlichen Glauben an die Kraft des Guten im Menschen«, wie er in einem Video sagte, das Biden vor Carters Präsidentenporträt im Weißen Haus zeigt. »Du warst immer eine moralische Kraft für unsere Nation und die Welt und ein geliebter Freund für Jill und mich und unsere Familie.« Biden hatte Carters Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 1976 als erster amtierender Senator unterstützt.
Carters Enkel und Vorsitzender des Verwaltungsrats des Carter Centers, Jason Carter, sagte in einem Interview, dass nicht jeder 100 Jahre alt würde. »Und wenn man diese Zeit nutzt, um so viel Gutes für so viele Menschen zu tun, ist das ein Grund zum Feiern.« Während der vergangenen 19 Monate, in denen der frühere US-Präsident Palliativpflege erhalten habe, hätten Menschen im ganzen Land die Möglichkeit gehabt, das Leben Carters zu reflektieren, sagte er.
Carter wurde in den Zwanzigerjahren in eine Zeit des Isolationismus, Protektionismus und des weißen, christlichen Nationalismus geboren. Diese Elemente der Rechten tauchen an seinem Lebensabend wieder auf; in Persona Trump, der die größte Abschiebeaktion in der Geschichte der USA für den Fall einer weiteren Präsidentschaft versprochen hat. Und legale Möglichkeiten für eine Einwanderung verschärfen will.
Monate vor Carters Geburt unterzeichnete der damalige Präsident Calvin Coolidge das Einwanderungsgesetz von 1924. Die Border Patrol wurde geschaffen, eine Behörde, die bis heute eine Tausende Kilometer lange Grenze überwachen soll. Einwanderung war hauptsächlich auf Menschen aus Westeuropa beschränkt , der Kongress wollte damals »das Ideal der Homogenität der USA bewahren «. »Full Circle« würde man wohl in den USA sagen, die Geschichte scheint – zumindest in dieser Hinsicht – einmal im Kreis gelaufen zu sein.
Aber Carter will das verhindern.
Anfang 2023 zog sich Carter aus der Öffentlichkeit zurück. Das von ihm gegründete Carter Center ließ verlauten, Carter wolle »die ihm verbleibende Zeit zu Hause mit seiner Familie verbringen«. Seither erhält der nun Hundertjährige Palliativpflege in seinem Haus in der Kleinstadt Plains im Bundesstaat Georgia. Dort war er auch zur Welt gekommen, dort lebte er lange gemeinsam mit seiner Frau Rosalynn, die im vergangenen November starb.
Ganz kann sich Carter nicht von der Politik trennen, wie sein Enkel Jason der »Atlanta Journal-Constitution« erzählte. Er sei in jüngster Zeit wieder »lebhafter und interessiert sich für die Politik und den Krieg im Gazastreifen«.
Carters Amtszeit liegt fast ein halbes Jahrhundert zurück. Er galt als glückloser Präsident. 1980 abgewählt, wurde er später jedoch wiederholt als »bester Ex-Präsident« des Landes gewürdigt. In seiner Amtszeit haftete ihm der Ruf eines weltfremden Idealisten an, eines Staatsmannes ohne politische Durchsetzungskraft. Auf seinen Idealen baute er jedoch eine zweite Karriere auf; als unermüdlicher Kämpfer für Frieden und Menschenrechte.
1982 gründete der Ex-Präsident die Nichtregierungsorganisation Carter Center. Wo immer Konflikte loderten und die Menschen durch Armut, Krankheit oder Gewalt in Bedrängnis waren, tauchte der Ex-Präsident auf, bereiste mehr als 140 Länder. Auch innenpolitisch meldete sich Carter weiter zu Wort. Er unterstützte etwa die Homoehe.
2002 erhielt Carter den Friedensnobelpreis »für seine jahrzehntelangen, unermüdlichen Anstrengungen, internationale Konflikte friedlich zu lösen, Demokratie und Menschenrechte zu fördern und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung voranzubringen«.
In den vergangenen Jahren hatte Carter mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Bis zur Wahl will er aber durchhalten. Für Kamala Harris, für seine Vorstellung von den Vereinigten Staaten. Per Briefwahl, wie sein Enkel Jason sagte. Am 15. Oktober startet in Georgia der Zeitraum für die vorzeitige Stimmabgabe. Und in Georgia zählt eine Stimme auch dann, wenn die Person vor dem tatsächlichen Wahltermin am 5. November stirbt .