„Aktenzeichen XY“: Mutige Verdenerin ist für Preis nominiert

6 Tage vor

Aktenzeichen XY - Figure 1
Foto WESER-KURIER
Auszeichnung für Zivilcourage „Aktenzeichen XY“: Mutige Verdenerin ist für Preis nominiert

Für ihren beherzten Einsatz bei einer Messerattacke wurde Grazyna Komor für den XY-Preis nominiert. Ihre Geschichte wurde in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" vorgestellt.

Schon die Polizei Oldenburg ehrte Grazyna Komor (2. v. l.) für ihr vorbildliches Eingreifen. PI Oldenburg

Ihr beherztes und vorbildliches Eingreifen bei der brutalen Messerattacke auf eine junge Frau im E-Center am Holzmarkt hat Grazyna Komor eine Nominierung für den renommierten „XY-Preis“ eingebracht. Dies allein ist schon eine Auszeichnung für die 60-jährige Verdenerin. Ihre von einem Fernsehteam aufgezeichneten Erinnerungen an das dramatische Geschehen vor gut zwei Jahren sowie eine filmische Nachstellung des Falles waren am Mittwochabend Bestandteil der aktuellen ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“. Nach der Einspielung bezeichnete Moderator Rudi Cerne die „aussichtsreiche Kandidatin“ mit großer Anerkennung als „beherzte Frau“ und „echte Lebensretterin“.

Die vor allem der Aufklärung von Straftaten dienende Sendung ist ein TV-Dauerbrenner: Es gibt sie bereits seit 1967. Vor 22 Jahren haben das Zweite Deutsche Fernsehen und die Produktionsfirma Securitel den „XY-Preis – Gemeinsam gegen das Verbrechen“ eingeführt. Er steht nach ZDF-Angaben unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministeriums und „ehrt Personen mit Zivilcourage, die sich auf beispielhafte und kluge Weise im Kampf gegen Kriminalität für ihre Mitmenschen eingesetzt haben“. Jährlich wählt eine Fachjury drei Preisträger aus.

Einschreiten, ohne zu überlegen

Warum Komor diesmal zu den Anwärterinnen gehört, ging aus den Einspielungen deutlich hervor. Wer die Sendung verpasst hat, kann sie in der ZDF-Mediathek sehen. Wie schon in der Programmvorschau, so steht auch dort einleitend eine kurze Zusammenfassung: „Eine 60-jährige Supermarkt-Angestellte hört plötzlich im Laden laute Schreie. Als sie nachsieht, bietet sich ihr ein blutiges Bild. Ohne zu überlegen, schreitet sie ein und rettet ein Leben…“

Ja, „furchtbare Schreie“, die man gar nicht beschreiben könne, seien es gewesen, die sie damals vernommen habe, sagt Komor in dem Beitrag, der in Verden aufgenommen wurde und ausschließlich sie zeigt. Es war der 7. September 2022, ein Mittwoch, als die zweifache Mutter und dreifache Großmutter nachmittags am Info-Stand im E-Center tätig war und durch diese Schreie nachhaltig aufgeschreckt wurde. Sie zögerte nicht, sondern rannte los – dorthin, wo ein Mann eine schon am Boden liegende Frau massiv mit einem Messer angriff. Komors Erinnerungen an den grausamen Vorgang zwischen Bedientheke und Tiefkühlschränken werden ausgiebig ergänzt durch Filmsequenzen, die mit Schauspielerinnen und Schauspielern in einem Münchner Studio entstanden, und einer erläuternden Stimme aus dem Off.

Die Retterin beschreibt die Situation

Das Messer habe sie aber erst gar nicht wahrgenommen, so Komor. Als der Täter „gerade wieder mal ausholen“ wollte, habe sie ihn am Unterarm gepackt, diesen festgehalten und geschrien: „Was soll das?“ Und er solle aufhören. Sie habe noch gedacht, sie bekomme gleich auch einen Schlag mit der Faust. Aber der Mann hielt inne, und mithilfe anderer herbeigeeilter Beobachter, so auch dem Freund des Opfers, konnte die gefährliche Situation beendet werden. Notarzt und Rettungskräfte waren bereits benachrichtigt worden. Der Angreifer hatte sich derweil in einen anderen Bereich des Marktes begeben. Er ließ sich widerstandslos festnehmen.

Es sollte sich herausstellen, dass der 40-jährige Afghane, der seinerzeit in einer Verdener Unterkunft für Geflüchtete lebte, seinem Opfer insgesamt 27 Stich- und Schnittverletzungen zugefügt hatte. Für die 26-Jährige bestand potenzielle Lebensgefahr. Sie musste operiert werden. Fast genau acht Monate nach der Tat wurde der Mann wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung, begangen im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit, zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Im Prozess vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Verden waren nicht zuletzt Aufnahmen der Überwachungskamera von Belang. Das Gericht stellte fest, der Angeklagte habe heimtückisch und zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt.

Schon bei ihrer Zeugenaussage war die Verdenerin vom Vorsitzenden Richter ausdrücklich für ihr mutiges Einschreiten gelobt worden. Während der Urteilsbegründung war dem erneut so. Im Juni vergangenen Jahres ist die Verdenerin von der Polizei geehrt worden. Johann Kühne, Präsident der Polizeidirektion Oldenburg, betonte, Komor habe „ohne Zögern gehandelt – beherzt, verantwortungsbewusst und selbstlos“. Bei der Ehrung war auch die Frau anwesend, die sich in so großer Gefahr befunden hatte. Im TV-Beitrag berichtet Komor, noch merklich ergriffen, wie sie „irgendwann einen Anruf“ des Opfers erhalten, die sie dann beim erbetenen Besuch umarmt und ihr immer wieder gedankt habe. Der schlichte Schlusssatz der Retterin: „Ich bin froh, dass ich ihr geholfen habe“.

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