WDR-Lokalzeit zur Sprengung der Rahmedetalbrücke

WDR

Von Cornelius Pollmer

Schon die Anmoderation entscheidet oft über den Verlauf einer ganzen Sendung, in ihr wird der Ton gesetzt und ein Versprechen abgegeben. So gesehen geht Janine Breuer-Kolo voll ins Risiko, als sie am Sonntagmittag die "WDR Lokalzeit extra" zur Sprengung der A45-Rahmede-Talbrücke mit dem Vergleich eröffnet, "in London gab es gestern die pompöse Krönung - hier bei uns im Sauerland bekommen Sie heute die volle Dröhnung".

Das schafft natürlich eine gewisse Fallhöhe, aber das passt erstens zum Thema, und es wird zweitens nicht zum Problem für die folgenden 45 Minuten, die lokaljournalistisch besser und heiterer kaum laufen könnten. Das geht los mit einer gewissen Bürgernähe, die die Moderatorin mal nebenbei andeutet ("wir wissen, dass Anwohner heute Spreng-Partys veranstalten auf ihrem Balkon, mit Angrillen"), aber die der WDR auch nachweist in Liveschalten zum Public Viewing in Lüdenscheid.

"Wie bei 'ner Weltmeisterschaft"

Dort nimmt Reporter Markus Krczal einige O-Töne ab, den schönsten bekommt er ganz am Ende, als die Brücke fällt. Gerade filmen die Leute noch hundertfach mit ihren Handys die Leinwand mit der WDR-Übertragung, sie filmen also zum Teil Live-Aufnahmen, die sie selbst beim Filmen der Leinwand zeigen. Die Medienproduktion glüht, dann fällt die Brücke, unbändiger Jubel.

"Wie bei 'ner Weltmeisterschaft", sagt Krczal, und fragt dann eine Frau, wie es ihr denn jetzt so gehe, unmittelbar nach dem Knall? Frau: "Super, Hammer". Krczal: "Hatten Sie auch so ein bisschen Emotionalität in den Augen?" Frau: "Nee, aber Gänsehaut, Gänsehaut pur, danke!" Krczal, was sonst gäbe es jetzt noch zu sagen: "alles klar".

Auch als außenstehender Zuschauer hat man da längst begriffen, wie wichtig Sprengung und Ersatzneubau der Brücke für Lüdenscheid sind. "Man ist sprachlos über so viel Versagen", teilt ein Passant in einem Beitrag der Lokalzeit mit - es folgt ein Einspieler über den Anwohner René Jarackas, der wegen des umgeleiteten Schwerlastverkehrs derzeit mehr als eine Stunde statt wie vorher fünf Minuten für die drei Kilometer von der Arbeit nach Hause braucht. Für die Kamera setzt sich Jarackas in den Garten hinter seinem Elternhaus, wo er sich früher erholen konnte. Jetzt? So laut "wie eine Raststätte" sei es da, heißt es im Beitrag, und René Jarackas sagt zutreffend, was solle er machen, "irgendwelche Schallschutzfenster kann ich mir auch nicht ans Ohr schrauben".

Auch deswegen, führt Moderatorin Breuer-Kolo später fort, haben die Leute hier "teilweise so eine Krawatte". Neben ihr steht da, ohne Krawatte, bereits Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Als kommunikativer Vollprofi weiß er natürlich, was für verbindlich klingende Unverbindlichkeitssätze gefragt sind an einem solchen Tag. Wissing sagt: "Meine Unterstützung hat die Region".

"3, 2, 1 - Zündung!"

Der Star dieses Tages aber ist die marode Infrastruktur, beziehungsweise ist es die Idee, dass mit der Sprengung die Talsohle zwar erst einmal mit Staub, Stahl und Beton bedeckt sein werde, bald aber auch: durchschritten.

Der Star dieses Tages ist außerdem der in der Region offenbar bereits bekannte Sprengmeister Michael Schneider. "Gleich wird es einen Vorknall geben", sagt Breuer-Kolo, als es irgendwann ernst wird und die Vergrämungssprengung bevorsteht. Und dann? Ein Mann von der Autobahn-Gesellschaft sagt, "die eigentliche Sprengung beginnt dann mit der legendären 3, 2, 1-Zündung von Herrn Schneider". "Das ist mittlerweile wirklich legendär", sagt Breuer-Kolo.

Der sachverständige Schneider schreit also zum High Noon: "3, 2, 1 - Zündung!" und die Brücke knickt wie gemalt in sich zusammen. Janine Breuer-Kolo sagt, "Wow, Applaus, woah ... können wir bitte ... Gänsehaut".

Dann kommt Sprengmeister Schneider zum Interview, und Breuer-Kolo fasst alles Wesentliche in nur einer Frage zusammen: "Also, Mr. Boom, happy, kann man so sagen?" Antwort: "Super happy, absolut".

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