Ob in Kindergärten, Krankenhäusern oder in heimischen Wohnzimmern - dieser Tage zieht der Nikolaus wieder durch die Lande, mal allein, mal im Team mit Knecht Ruprecht zum Beispiel. Damit beim Auftritt nix schief geht, haben sich mehr als ein Dutzend Nikolaus-Darsteller im Europa-Park in Rust (Ortenaukreis) schulen lassen. Acht Stunden Workshop mit Theorie und Praxis inklusive Schauspielübungen und großer Verwandlung am Ende.
SWR-Reporterin Jasmin Bergmann hat in der Landesschau über den Nikolaus-Workshop berichtet:
Fallers-Darsteller Wangler trainiert NikoläuseDie roten und goldenen Gewänder hängen noch an den Kleiderbügeln, und die Nikoläuse, in Hemd und Hose, geben sich ganz zivil. "Jetzt mal einen sicheren Stand suchen, damit der Nikolaus nicht umgeblasen wird, wenn der Wind kommt", rät Martin Wangler den Nikolaus-Darstellern. "Nun machen wir mal die Kauwerkzeuge wach", fügt der Schauspieler aus der SWR-Schwarzwald-Serie "Die Fallers" hinzu.
Wangler kennt das Nikolaus-Geschäft. Seit drei Jahrzehnten zieht er im Hochschwarzwald das rote Gewand an. Den Kursteilnehmern, darunter blutige Anfänger, aber auch "alte Hasen", will er ein bisschen Handwerkszeug mitgeben. Nicht nur schauspielerisch.
Ein Nikolaus-Darsteller, das ist ein hochkomplexer Vorgang: Man ist ausgestellt, spielt eine andere Figur, in einem ungewohnten Rahmen - Familie, Altersheim, Gefängnis oder sonst irgendwo.
"Nikolaus ist kein verlängerter, pädagogischer Arm"Nikolaus-Darsteller zu sein, sei nicht zu unterschätzen, meint Wangler: "Es ist wichtig, vorbereitet zu sein und nicht aus der Rolle zu fallen." Die Darsteller müssten auf simple Kinderfragen wie "Woher kommst du? Reist der Nikolaus mit dem Fahrrad oder mit dem Auto an?" antworten können. Auch das Auftreten des Nikolaus spiele eine entscheidende Rolle. Er solle nicht unsicher gehen, sondern durch den Raum schreiten - selbst wenn die Umgebung vielleicht ungewohnt sei.
Besonders in Kindergärten oder Schulen, so Wangler, dürfe der Nikolaus nicht als verlängerter, pädagogischer Arm der Erzieher, Lehrkräfte oder Eltern auftreten. Statt Bestrafung solle es um positive Eigenschaften und Taten gehen. "Ich versuche, die guten Seiten hervorzuheben und altersgerecht auf die Kinder einzugehen", erklärt Wangler. Er interpretiert den Nikolaus als Freund, der auf Augenhöhe mit den Kindern agiert und sich auch auf kleinen Stühlen niederlässt.
SWR1-Reporterin Anita Westrup war beim Workshop dabei:
Angehende und erfahrene Nikoläuse im WorkshopViele der rund 20 Workshop-Teilnehmer schlüpfen seit mehreren Jahrzehnten in die Rolle des Nikolaus, darunter Reinhard Volk aus Elzach (Kreis Emmendingen). Seit fast 30 Jahren ist Volk im Nikolaus-Geschäft. Ein Kollege brachte ihn einst dazu: "Als ich das Kostüm zum ersten Mal anzog, da habe ich etwas Ehrwürdiges, etwas Ehrfürchtiges gespürt", erzählt Volk mit Begeisterung in den Augen.
Bei seinen Kindern spielte er den Nikolaus, ohne erkannt zu werden: "Papa, Papa, der Nikolaus war da, das war so schön", riefen sie. Diese Freude wollte er auch anderen Kindern schenken. Mittlerweile hat er sich auf Hausbesuche spezialisiert. "Wenn man an der Tür klingelt, weiß man nie, was einen erwartet", sagt der Elzacher. Deshalb könnte Coaching nicht schaden. Atemtechniken, den festen Stand auf dem Boden und Fokus auf den roten Faden - diese Kniffe nimmt er aus dem Kurs nun mit.
Wenn ein Kind lacht, was gibt es Schöneres?!
Unter den Nikolaus-Darstellern ist auch Marius Richter aus Villingen (Schwarzwald-Baar-Kreis). Der 27-Jährige gehört zu den blutigen Anfängern in der Gruppe. "Als Kind hatte ich gute Erfahrungen mit dem Nikolaus und das würde ich gerne anderen Kindern bescheren", sagt der gelernte Zimmerer mit dem Ohrring. Für ihn war der Nikolaus eine große, gute Gestalt, der er als Kind nacheifern wollte. Es seien besondere Abende gewesen. Praktische Erfahrungen als Nikolaus-Darsteller hat Richter noch nicht gesammelt, er möchte erstmal reinschnuppern. Ob er die Figur authentisch verkörpern kann, weiß er noch nicht.
Kann ich jemanden spielen, der alt und weise ist und Kindern etwas mit auf den Weg gibt, obwohl mir selbst die Lebenserfahrung dafür fehlt?
Das Bonifatiuswerk setzt sich für „Weihnachtsmannfreie Zonen“ ein. In Anlehnung an Sankt Nikolaus soll der Advent eine Zeit der guten Taten sein und nicht nur des Konsums.
Botschaft des Nikolaus soll nicht vergessen werdenDas katholische Bonifatiuswerk bietet regelmäßig Workshops für Interessierte, die als Heiliger Nikolaus auftreten wollen, wie etwa im Europa-Park. Das Hilfswerk setzt sich für sogenannte "Weihnachtsmannfreie Zonen" ein. In Anlehnung an Sankt Nikolaus soll der Advent eine Zeit der guten Taten sein und nicht nur des Konsums. Tobias Aldinger vom Bonifatiuswerk betont: "Achte auf deine Mitmenschen, erkenne ihre Bedürfnisse und Nöte. Nikolaus setzte sich für andere ein, und diese Botschaft soll im Vordergrund stehen, nicht nur die Geschenke." Auch Fallers-Schauspieler Martin Wangler liegt daran, die Nikolaus-Botschaft lebendig zu halten.
Wenn man bloß den Nikolaus macht und ein Kostüm anzieht, das ist zu wenig, man muss eine Botschaft haben.
Mini-Prozession durch den FreizeitparkNach sieben Stunden Workshop in Theorie und Praxis folgt die große Verwandlung. Die Nikolaus-Darsteller ziehen ihre Gewänder an und helfen einander, den Rauschebart hinter den Ohren zu befestigen. Nicht jeder hat eine natürliche Mähne. Mit kurzen, präzisen Handgriffen sitzen Albe, Chormantel und Mitra. Bischofsstab und Nikolausbuch nicht vergessen.
Unter den Verwandelten ist auch Heinrich Greif, ein erfahrener Nikolaus: "Man wird automatisch zum Nikolaus, sobald man das Häs trägt. Das ist wie an Fastnacht: Zieht sich jemand als Hexe an, ist er eine Hexe." Gemeinsam mit seinen Kollegen zieht er in einer festlichen Prozession durch den Europa-Park. Große Augen sind garantiert.