VW-Betriebsversammlung in Wolfsburg: „Der Markt ist schlicht nicht ...

14 Tage vor

Angespannte Stimmung: Die Mitarbeiter von Volkswagen protestieren auf der Betriebsversammlung gegen die Sparpläne der Konzernspitze

VW-Betriebsversammlung - Figure 1
Foto manager-magazin.de
Foto: Moritz Frankenberg / dpa

Die VW-Spitze hat auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg ihren verschärften Sparkurs sowie die Aufkündigung des Beschäftigungsschutzes verteidigt. „Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen. Aber diese Zeit müssen wir nutzen“, sagte Konzernfinanzchef Arno Antlitz (55) vor mehr als 10.000 Beschäftigten im VW-Werk. „Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf die Dauer!“

Mit den Einsparungen wolle VW die Mittel freisetzen, die man für neue Produkte benötige. „Dafür brauchen wir jetzt Geld, um kräftig zu investieren“, sagte Markenchef Thomas Schäfer (54). „Wenn wir es jetzt schaffen, unsere Kosten nachhaltig zu reduzieren und in ein Modellfeuerwerk zu investieren, dann werden wir es sein, die die Voraussetzungen geschaffen haben, damit auch die nächsten Generationen hier in Deutschland für Volkswagen arbeiten können.“

Massiver Protest der Mitarbeiter

Von den Mitarbeitern war der Vorstand mit massivem Protest empfangen worden. Die Aufkündigung der ursprünglich bis 2029 geltenden Beschäftigungsvereinbarung sowie die mögliche Schließung von Werken war vom Betriebsrat als Kampfansage verstanden worden. Neue Details zu den am Montag verschärften Sparplänen  nannte VW bei dem Auftritt auf Einladung des Betriebsrats nicht.

Europas größter Autobauer hatte angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den eingeschlagenen Sparkurs bei der Kernmarke VW noch einmal zu verschärfen. Markenchef Schäfer muss wegen der mauen Nachfrage zusätzlich rund 5 Milliarden Euro einsparen, um die Ziele zu erreichen.

Antlitz: „Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos“

Mit Blick auf die Standorte verwies Antlitz auf Überkapazitäten. In Europa würden derzeit zwei Millionen Autos weniger pro Jahr verkauft als vor der Coronapandemie. Und das werde sich auch kaum ändern. Für VW mit einem Marktanteil in Europa von rund einem Viertel bedeute das: „Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werke. Und das hat nichts mit unseren Produkten zu tun oder schlechter Leistung des Vertriebs. Der Markt ist schlicht nicht mehr da.“

Angaben zu möglichen Standorten, die schließen könnten, machte VW weiterhin nicht. Der Konzern hatte zuvor erklärt, Werksschließungen wären nur die letzte Maßnahme, wenn es nicht gelinge, mit schnellen Maßnahmen gegenzusteuern. VW betreibt Autowerke in Wolfsburg, Emden, Osnabrück, Hannover, Zwickau und Dresden, hinzu kommen Komponentenfabriken in Kassel, Salzgitter, Braunschweig und Chemnitz.

Cavallo nennt Sparpläne „eine Bankrotterklärung“

Die Gesamtbetriebsratschefin von Volkswagen, Daniela Cavallo (49), hat „erbitterten Widerstand“ gegen mögliche Werksschließungen und Entlassungen zur Kostensenkung angekündigt. „Nie im Leben“, sagte sie auf der Betriebsversammlung laut Redemanuskript. Der Geschäftsführung der Marke VW und des Konzerns warf Cavallo Ideenlosigkeit vor: „Kosten schrubben, Werke schließen, betriebsbedingt kündigen“ – diese Antwort auf die Krise sei „nicht nur ein Armutszeugnis, das ist eine Bankrotterklärung“.

Cavallo sagte, der Betriebsrat teile die Analyse, „dass wir hier vor heftigen Problemen stehen“. Fabriken zu schließen, betriebsbedingt zu kündigen und Tarifeinschnitte durchzusetzen sei aber nur „in genau einem Szenario zulässig – und zwar dann, wenn das ganze Geschäftsmodell gestorben ist“. Dies sei aber nicht der Fall. Volkswagen kranke nicht an seinen deutschen Standorten und an den deutschen Personalkosten, sondern daran, „dass der Vorstand seinen Job nicht macht“, meinte Cavallo.

„Regelungswut und Dokumentationsirrsinn“

Sie forderte eine Rückkehr „in die Rolle der Technologieführerschaft“. Alles, was nicht relevant sei für die Technologieführerschaft, müsse überdacht werden. Die Komplexität „muss runter, unsere Regelungswut müssen wir angehen, wir müssen unseren Dokumentationsirrsinn abstellen und die vielen doppelten und dreifachen Prozesse zur Absicherung“. Das sei Aufgabe des Managements.

„Wenn Krise ist“ beim Autobauer, dann gehe es nicht nur um die 120.000 Beschäftigten in der Volkswagen AG, sagte Cavallo weiter. „Es geht um Niedersachsen. Es geht um Deutschland.“ Sie appellierte zudem an die „Volkswagen-Kultur“, wo Probleme „partnerschaftlich“ gelöst würden. Wenn sich die Geschäftsführung davon verabschiede, bekomme sie es mit dem erbitterten Widerstand der Belegschaft zu tun.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche