Von der Leyen plant weiterhin mit intensiver Energie- und Klimapolitik

Die 2020er Jahre werden in Brüssel turbulent in Bezug auf Energie- und Klimagesetzgebung. Dies machte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den am Dienstag (17. September) verschickten Mandatsschreiben an ihre designierten Kommissare deutlich.

Von der Leyen - Figure 1
Foto EURACTIV Germany

Die Mandatsschreiben enthalten Aktionspläne, die auf von der Leyens Versprechen während ihrer Rede im Europaparlament und auf Kompromissen zwischen den Gruppen der politischen Mitte basieren.

Im Bereich Energie bekräftigte von der Leyen, dass sie den CO2-Verbrauch der EU weiter vorantreiben will – ein Vorhaben, das sie bereits in ihrem ersten Mandat begann – und zeitgleich die Industriezonen Europas retten und die Energiesysteme umgestalten will. Dies betrifft nur wenige Akteure im Energie- und Klimabereich.

Wie erwartet bleibt ihr Engagement für den Klimaschutz bestehen, jedoch nun mit einem deutlicheren Fokus auf wirtschaftsfreundliche Maßnahmen.

Die neuen Kommissare sollen die Regeln des Green Deal aus von der Leyens ersten Amtszeit umsetzen, allerdings, wie sie im Mandatsschreiben an den designierten Klimakommissar Wopke Hoekstra betonte, „so einfach, fair und effektiv wie möglich“.

In ihrem Schreiben an Hoekstra bestätigte von der Leyen auch eine Lockerung des faktischen Verbots von Verbrennungsmotoren ab 2035 durch eine gezielte Änderung, um mehr Spielraum für mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Fahrzeuge zu ermöglichen.

90-Prozent-Reduktionsziel

In den Mandatsschreiben – darunter das an Teresa Ribera aus Spanien, die als geschäftsführende Vizepräsidentin für einen sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang vorgesehen ist – stellte von der Leyen klar, dass sie am Ziel einer Reduktion von 90 Prozent der CO2-Emissionen bis 2040 festhält.

Gemäß den bereits diskutierten Plänen will von der Leyen die Emissionen bis 2040 um neunzig Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 senken – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Fünfundfünfzig-Prozent-Ziel für 2030.

Um dieses ambitionierte Ziel, das noch gesetzlich verankert werden muss, zu erreichen, müssen Ribera und Hoekstra mit den Beratungen über ein Gesetzespaket für den „Post-2030-Rahmen“, also die Maßnahmen nach 2030, beginnen.

Elektrifizierung als Schlüssel

Von der Leyens Pläne zur Entkarbonisierung setzen stark auf Elektrifizierung.

Der dänische Sozialdemokrat Dan Jørgensen, von der Leyens Wahl für dieses Vorhaben, wird eine neue Initiative zur Förderung erneuerbarer Energien und Energiespeicherung entwickeln müssen, einschließlich einer Strategie zur Steigerung von Investitionen und einem Aktionsplan für Elektrizität, heißt es in den Mandatsschreiben.

Jørgensen soll auch die Ausweitung des Stromnetzes vorantreiben und das regulatorische Rahmenwerk überprüfen, um schnellere Genehmigungen zu ermöglichen. Zudem hat er zur Aufgabe, die Integration der Energiesysteme zu fördern, wobei keine Details zu den Maßnahmen genannt wurden.

Hoekstra und Jørgensen werden zudem mit der Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe beauftragt. Jørgensen soll außerdem einen Plan zum Ausstieg aus russischen Energieimporten vorlegen.

Die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung in Europa ist ebenfalls von Bedeutung.

Jørgensen soll den Sicherheitsrahmen für die Energieversorgung der EU überprüfen, während der französische Liberale Stéphane Séjourné, der als geschäftsführender Vizepräsident für Wohlstand und industrielle Strategie vorgesehen ist, sich auf die Sicherung kritischer Rohstoffe konzentrieren wird.

Industriestrategie für mehrere Sektoren

Von der Leyens Schreiben enthalten auch mehrere Ideen zur Stärkung der europäischen Cleantech-Industriestrategie, wobei Ribera und Séjourné im Vordergrund stehen und Hoekstra sowie Jørgensen unterstützend tätig werden sollen.

Vieles von dem, was von der Leyen vorschlägt, existiert bereits oder wurde in den Leitlinien für ihre neue Kommission im Juli skizziert, wie ein Gesetz zur Beschleunigung der industriellen Dekarbonisierung oder revidierte Beschaffungsvorschriften zugunsten europäischer Produkte. Mehrere Sektoren könnten davon profitieren.

Von der Leyen möchte, dass „kleine modulare [Atom]Reaktoren“ bis in die 2030er Jahre in Europa verfügbar sind, sowie neue Märkte für CO2-Abscheidung, -Transport und -Speicherung schaffen.

Ob ihre Ambitionen umgesetzt werden, hängt davon ab, ob die nationalen Regierungen bereit sind, das EU-Budget aufzustocken – sei es durch gemeinsame Schulden oder höhere Beiträge.

Als möglichen Alternativplan hat von der Leyen Ribera mit der Überarbeitung der Beihilfevorschriften beauftragt.

Eine Lockerung der Regeln für nationale Ausgaben würde sicherstellen, dass mehr nationale Mittel in die Dekarbonisierung der Industrie fließen, selbst wenn die EU dies selbst nicht tun kann.

Spielraum für soziale Gerechtigkeit?

Während von der Leyens Schreiben die sozialen Auswirkungen der klimapolitischen Transformation erwähnen, liegt der Schwerpunkt in der Praxis auf der Senkung der Energiepreise. Ribera und Jørgensen sind dafür zuständig und sollen weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiearmut vorschlagen.

Obwohl Ribera den Titel „gerechter Übergang“ in ihrem Ressort trägt, wird sie sich vor allem auf die bereits existierenden Sozialklima- und Übergangsfonds der EU konzentrieren.

Sollte sie die Bestätigung des Parlaments erhalten, wird erwartet, dass Ribera mit anderen Kommissionsmitgliedern zusammenarbeitet, von denen viele ihre Leidenschaft für soziale Gerechtigkeit möglicherweise nicht teilen.

[Bearbeitet von Daniel Eck/Kjeld Neubert]

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