Champions League: Wo der VfB Stuttgart noch Lehrgeld bezahlt
Während in der Bundesliga die Chancenverwertung beim VfB Stuttgart stimmt, bezahlen die Schwaben in dieser Hinsicht in der Champions League noch Lehrgeld. Sebastian Hoeneß haderte speziell mit einer Sache beim 1:1 gegen Sparta Prag.
Traf gegen Prag wie so mancher Kollege nicht immer die richtige Entscheidung: Stuttgarts Ermedin Demirovic (li.). IMAGO/Sportfoto Rudel
"Der für mich entscheidende Punkt heute war die Entscheidungsfindung im letzten Drittel", sagte der Trainer spät am Dienstagabend im Bauch der Cannstatter Arena nach dem Remis gegen die Tschechen, bei dem sich die Stuttgarter für ihre dominante zweite Hälfte nicht belohnten. Eben weil sie zu oft den falschen Weg wählten kurz vor des Gegners Kasten.
Hoeneß gilt als fordernd, aber auch sehr förderndExemplarisch nannte Hoeneß drei Szenen: "Da denke ich an Medo, wie er von halblinks reinkommt, vielleicht muss er den mit links Vollspann nehmen, der war sicher nicht einfach. Enzo muss querlegen zu Deniz, Jamie muss Chris am zweiten Pfosten finden." Wer den Coach kennt weiß natürlich, dass das nicht als Grundlagenkritik an Ermedin Demirovic, Enzo Millot, der das frühe 1:0 besorgt hatte, oder Jamie Leweling zu verstehen ist. Hoeneß gilt zwar als fordernd, aber eben auch als sehr fördernd in seiner Arbeit mit dieser Elf, die er von einem Abstiegskandidaten zu einem Topteam geformt hat.
Und zweifelsfrei als hoch ambitioniert. Insofern war es dem 42-Jährigen durchaus anzumerken, dass er angefressen war, weil auch im zweiten Königsklassenspiel nicht der erste Sieg gelungen war. Beim - zurecht - vielgelobten Auftritt bei Real Madrid (1:3) war der VfB bereits leer ausgegangen, obwohl man den Titelverteidiger in der ersten Hälfte phasenweise dominiert hatte. Gegen Prag sprang nun eben nur ein Zähler heraus. Und das trotz eines deutlichen Chancenplus' von 8:5. In der Königsklasse scheint der VfB speziell vorne Lehrgeld zu bezahlen, gelangen den Schwaben bislang lediglich zwei Tore bei 18 guten Gelegenheiten.
In der Bundesliga stimmt die ChancenverwertungUmso verwunderlicher, da Demirovic, Deniz Undav und Co. in der Bundesliga eigentlich eine gute Quote an den Tag legen. Mit einer Verwertung von 36,8 Prozent rangieren sie in der deutschen Beletage auf Platz vier in dieser Statistik. Mit 14 Treffern stellen sie gemeinsam mit Bayer Leverkusen die hinter dem FC Bayern (17) gefährlichste Offensive. Insofern also ist trotz des Abgangs von Toptorjäger Serhou Guirassy zu Borussia Dortmund kein grundlegendes Problem zu erkennen - wenngleich keiner der aktuellen VfB-Angreifer dieses allumfassende, komplette Stürmerprofil des variablen Guineers in dieser enorm hohen Qualität abdeckt.
Laut Hoeneß waren am Dienstagabend im Vergleich beispielsweise zum 2:2 in Wolfsburg am vergangenen Wochenende in Detailfragen sogar Fortschritte zu verzeichnen: "Heute war die Boxbesetzung im Vergleich zu Wolfsburg besser. Wir waren früher und mit mehr Personal in der Box." Ihre liebe Müh und Not aber hatten die Stuttgarter Kreativen mit dem massiven Riegel der in der zweiten Hälfte extrem tief stehenden Prager: "Wir haben dann nicht immer geflankt, das lag aber auch am Gegner, weil er häufig nah dran und in der Lage war, gegebenenfalls zu blocken."
"Ich glaube trotzdem, dass es reichen muss"Räume gingen da quasi kaum mehr auf, trotz der redlichen Bemühungen Angelo Stillers, Millots und des auf dem linken Flügel unermüdlichen Maxi Mittelstädts. "Es gab kaum noch Umschaltsituationen, weil wir fast nur noch in ihrer Hälfte waren", haderte Hoeneß mit der Enge in dem festen Wissen: "Ich glaube trotzdem, dass es reichen muss, was wir in der zweiten Halbzeit hatten." Allein, es fehlte die richtige Entscheidung im entsprechenden Moment.
Benni Hofmann