Eskalation der Emotionen beim Vendée-Globe-Start | float Magazin
Mit einem Dank an die Fans verabschiedet sich Boris Herrmann auf dem Steg.© Ricardo Pinto / Team Malizia
Vendée Globe
Die 40 Segelyachten der 10. Vendée Globe haben abgelegt – mit bewegendem Abschied in Les Sables d’Olonne vor dem Solo-Race.
10. November 2024 | Lesezeit: 5 min |
Es gibt Staunen, Tränen und Sprachlosigkeit, Jubelstürme und Beifall: Das Defilee der Segelstars zur zehnten Vendée Globe entlang der Menschenmassen im Port Olona, der Marsch auf den Steg, das Ablegen der Yachten und schließlich die Kanal-Passage in Richtung Atlantik – das alles ist erst die ergreifende Ouvertüre für das große Abenteuer des Solo-Nonstop-Weltrennens. Und es ist erst der Anfang dieses einzigartigen Rennens in rund 80 Tgen um den Globus.
Als Violette Dorange ihre letzten Interviews in der Mixed Zone gegeben hat und von den Organisatoren auf den Ponton zu ihrer Segelyacht entlassen wird, da eskaliert das Publikum auf der Kaimauer. Mit großen Augen blickt die junge Französin auf die jubelnde Menschenmasse. Sie scheint nur schwer verarbeiten zu können, was gerade passiert: „Es ist verrückt, all diese Menschen um mich herum. Meine Freunde und Familie werden gleich am Kanal stehen. Es ist wirklich sehr emotional – und in ein paar Minuten bin ich allein.“
Die 23-Jährige ist die jüngste Teilnehmerin im Feld der 34 Skipper und 6 Skipperinnen, die zur zehnten Auflage des Weltrennens an den Start gehen. Sie schließt den Marsch der Athleten zu den Booten ab. Und sie sorgt in dieser aufgeladenen Stimmung an einem grauen Novembermorgen in Les Sables d’Olonne für ein erneutes Anschwellen der Jubelstürme – vor dem Start pünktlich am 13:02 Uhr. Hier geht es zum Livestream auf deutsch mit Tim Kröger und mit Pip Hare auf englisch.
Zuvor haben hunderttausende Fans die großen Favoriten gefeiert: Charlie Dalin, der als Erster auf den Steg durfte, Titelverteidiger Yannick Bestaven und auch Jeremie Beyou. Letzterer will, anders als beim letzten Mal, ohne Schäden über den Kurs kommen. Intensiv bejubelt das Publikum Benjamin Dutreux, den Sohn der Stadt, wqo das Rennen startet. Er geht mit einer Pflanze im Arm auf den Steg, wo er seine Fans noch einmal anpeitscht.
Gemischte Gefühle bestimmen den letzten Gang an LandJean le Cam, der bereits zum sechsten Mal an der Vendée Globe teilnimmt, ist wortkarg gegenüber der Presse. Die Rolle als Legende des Rennens kommentiert er knapp: „Es ist, wie es ist. So ist das Leben.“ Doch das Publikum huldigt dem knurrenden Franzosen als dem König dieses Rennens.
In den vergangenen Wochen hat die ganze Stadt, die ganze Region Vendée diesem Tag entgegen gefiebert. Mit jedem Tag wurden die Straßen und Promenaden des 50.000-Einwohner-Ortes belebter. Schon am Vorabend des Rennens sind die Plätze entlang dem Kanals vom Hafen zum Atlantischen Ozean prall gefüllt. Eine gemeinsame Ausfahrt der Helfer-Motorboote wird bejubelt, Hubschrauber kreisen mit Kameras über der Stadt, Banner wie „Bon vent d’Globe“ werden an den Balkonen aufgehängt.
Boris Herrmann winkt im Kanal den Fans zu. © Marie Lefloch / Team Malizia
Es ist die Generalprobe für den großen Auftritt. Zu dem sichert nur frühes Kommen einen Platz mit Sicht auf die Stars. Bereits in dunkler Nacht dieses 10. Novembers beginnt es zu rumoren in den Straßen und Gassen des Seebads. Aus den Wohnungen und Apartments quellen die Menschen hervor und strömen in Richtung Kanal. Um 5.30 Uhr stehen sie beiderseits des schmalen Gewässers in Dreier- und Viererreihen.
Seit 1989 ist Les Sables d’Olonne als Start- und Zielort der Vendée Globe das Zentrum des Offshore-Enthusiasmus. Doch diese jüngste Ausgabe übertrifft mit ihrer Begeisterung alles bisher dagewesene. 40 Teilnehmer aus elf Nationen machen die Regatta zu einem Weltereignis.
Ganz Les Sables d’Olonne ist auf den BeinenWährend sich die Zuschauer mit Musik aus den Boxen und warmen Getränken in Stimmung bringen, bereiten sich die Seglerinnen und Segler auf ihren letzten Gang an Land für rund drei Monate vor. Die Regie sieht noch für alle Seglerinnen und Segler den genau getakteten Marsch vorbei an den Journalisten und wartenden Fans bis zum Steg vor. Dann geht es aufs Wasser und durch den von zehntausenden Menschen gesäumten Kanal.
Sam Davies, die bereits zum vierten Mal an den Start geht und in der Vergangenheit zwei Rennen mit Schäden aufgeben musste, ist sehr fokussiert für die ersten Stunden auf dem Wasser: „Es ist schön, gutes Wetter für den Start zu haben. Danach ist es schwierig zu wissen, was kommt. Man muss immer das Unerwartbare erwarten.“ Ihr erstes Ziel sei es, das Rennen ins Ziel zu bringen, sagt die 50-Jährige.
Sam Davies freut sich auf das gute Wetter zum Start. © Jean-Louis Carli / Alea