Varta: Aktionärsschützer „gehen auf die Barrikaden“ und wollen ...

Die Zentrale des Batterieherstellers Varta in Ellwangen in Baden-Württemberg

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Foto Capital - Wirtschaft ist Gesellschaft

© Arnulf Hettrich / IMAGO

Das Sanierungskonzept für Varta bedeutet für Kleinaktionäre einen Totalverlust. Die Anlegerschützer vom DSW wollen den Plan stoppen und bereiten eine Klage gegen Varta vor

Capital: Herr Nieding, der angeschlagene Batteriehersteller Varta hat sich mit Gläubigern und Investoren auf ein Sanierungskonzept geeinigt: Der Konzern wird damit zwar erstmal gerettet, die Kleinaktionäre aber gehen leer aus. Wie bewerten Sie den Schritt als Anlegerschützer?KLAUSNIEDING:Es gibt noch gar keine vollendeten Tatsachen, solange noch kein Restrukturierungsplan beim Gericht vorliegt. Nur weil jemand der Presse sagt, das sei jetzt alles geregelt, ist es noch lange nicht gelaufen. Wir sind in ergebnisoffenen Gesprächen mit Vertretern von Varta, und um eine konsensuale Lösung bemüht. Zusätzlich bereiten wir die notwendigen rechtlichen Schritte vor, um den Pflock in die Speichen des Rades zu hauen. Wir wollen den Restrukturierungsplan im ersten Schritt aufhalten zum Zwecke der Verhandlung.

Klaus Nieding ist Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), die mit ca. 30.000 Mitgliedern die meisten privaten Anleger in Deutschland vertritt.

Der Plan sieht unter anderem vor, dass das Grundkapital von Varta auf null gesetzt wird und die Aktien ihren Wert verlieren. Dazu ist bereits ein sogenanntes StaRUG-Verfahren angemeldet worden.Wie wollen Sie konkret dagegen vorgehen?Wir werden zu den Plänen auf jeden Fall entsprechende Verfahrensschritte ergreifen. Im Einzelnen werde ich unsere rechtliche Strategie hier aber nicht aufgliedern.

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Werden Sie klagen?Wir bereiten diverse Schritte vor: zum einen, um den Restrukturierungsplan aufzuhalten und zum anderen bereiten wir selbstverständlich Schadenersatzansprüche und deren Durchsetzung vor. In Deutschland geht das nur mit einer gerichtlichen Klage. 

Was möchten Sie für die Aktionärinnen und Aktionäre erreichen?Das erste Ziel ist, dass die Aktionäre an der Kapitalerhöhung teilhaben können und nicht einfach ausgeschlossen werden, sodass das Unternehmen nur an einen oder an wenige Großaktionäre geht, die bei der Kapitalerhöhung mitmachen dürfen. Alle Aktionäre sollten an der möglichen positiven Zukunft von Varta teilhaben können. Wenn die Kleinaktionäre letztlich rechtskräftig ausgeschlossen werden, aus welchen Gründen auch immer, dann werden wir entsprechende Schadenersatzansprüche geltend machen. Die Schäden, die Aktionären entstehen, sind groß: Auf der einen Seite verlieren sie ihren Aktienwert, also ihr bereits in das Unternehmen investiertes Kapital. Auf der anderen Seite gibt es auch Belegschaftsaktionäre, die einen Teil ihrer Altersversorgung in den Aktien haben und damit gleich doppelt bestraft werden. 

Varta-Chef Michael Ostermann hat gesagt: „Wir haben alles versucht, die Kleinaktionäre noch an Bord zu holen – aber das ist in dieser Situation rechtlich nicht möglich“. Glauben Sie das wirklich?Aus den laufenden Verhandlungen kann ich nichts dazu sagen, die sind vertraulich. Aber wenn dem so wäre, wären wir sicher schon weiter.

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Varta zieht mit dem Sanierungsgesetz StaRUG ein Instrument, das zum Missbrauch einlädt, kritisiert Daniel Bauer, Vorstandschef der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Die Aktionäre stehen damit vor dem Totalverlust

Wie bewerten Sie insgesamt das Verhalten des Managements?Ich halte es immer für falsch, solche Vorgänge mit verbrannter Erde zu verbinden, denn letztlich zählt am Kapitalmarkt vor allem Vertrauen. Wenn ich im Unternehmen in der Verantwortung wäre, dann wäre mir daran gelegen, möglichst viele Aktionäre mitzunehmen. Es wäre einfach, ihnen im Rahmen der Kapitalerhöhung die Möglichkeit zu geben, noch mal frisches Geld ins Unternehmen zu schießen. Sie sollen die Kapitalerhöhung nicht umsonst bekommen. Wir gehen auf die Barrikaden, weil die Aktionäre kalt enteignet werden – zugunsten eines Großaktionärs, beziehungsweise einiger weniger Großaktionäre. Das kann nicht sein und dafür wurde das StaRUG auch nicht gemacht.

Der Sportwagenbauer Porsche wird jetzt mit 30 Mio. Euro als Investor bei Varta einsteigen, dank des StaRUG-Verfahrens vergleichsweise günstig. Was verfolgt Porsche mit dem Einstieg?Man kann Porsche nicht vorwerfen, die Gelegenheit auszunutzen. Grundsätzlich halte ich es für besser, wenn Unternehmen wie Varta im deutschen Umfeld bleiben, als wenn sie womöglich nach China verkauft werden. Unser Vorgehen richtet sich auch nicht dagegen, eine Sanierung von Varta zu verhindern. Uns geht es darum, dass die freien Aktionäre, die in der Vergangenheit gut genug dafür waren, ihr sauer verdientes Geld ins Unternehmen zu stecken, ihr sauer verdientes Geld noch mal ins Unternehmen stecken dürfen. Allein diese Möglichkeit will man ihnen nehmen.

In der Adhoc-Mitteilung von Varta am Samstag blieben die Verluste, die Altaktionäre erleiden, unerwähnt. Sie enthielt keine Entschuldigung des Managements. Was denken Sie über die Mitteilung?Die ist natürlich technisch abgefasst, darin Verantwortlichkeiten zu thematisieren, ist wahrscheinlich nicht der richtige Ort. Fakt ist aber, dass wir bei Varta auch über hausgemachte Probleme sprechen. Man hat sehr lange einseitig auf ein gewisses Geschäftsmodell gesetzt und noch relativ lange eine vergleichsweise hohe Dividende ausgeschüttet. Für diese Punkte muss sich das Management auch mal an die eigene Nase fassen und sich sagen lassen, dass es nicht die beste Figur gemacht hat.

#Themen Varta Batterien Aktionärsrechte Anleger Deutsche Unternehmen
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