Kuba: Hier baut China Anlagen aus, mit denen es die USA ...

27 Jul 2024
Wirtschaft von oben #272 – Kuba Von diesen kubanischen Standorten spioniert China die USA aus

Die unmittelbare Nähe Kubas zu Florida half schon den Russen bei Spionageaktivitäten gegen die USA. Jetzt nutzt China Kuba immer stärker als Stützpunkt zum Abhören. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Foto WirtschaftsWoche

Zwischen den Spionageantennen von Calabazar im Süden Havannas und dem Luftstützpunkt der US-Marine in Key West liegen 180 Kilometer. Auf Orte wie diese sind die Antennen ausgerichtet: nahe gelegen, militärisch sensibel, für alle nicht freundlich gesinnten Nachbarn hochinteressant. Sie sollen heikle Kommunikation abfangen, über Militäroperationen und -technik. Calabazar ist eine der Abhörstationen auf Kuba, mit denen Agenten die USA ausspionieren.

Dass ferne Länder von Kuba als Stützpunkt Gebrauch machen, um an vertrauliche Informationen aus den USA zu kommen, ist nicht neu. Im Kalten Krieg war das kommunistische Land enger Verbündeter der Sowjetunion, die sogar Nuklearwaffen auf Kuba lagerte. Seit Jahren verdächtigen die USA nun Chinas Geheimdienste, auf der Insel aktiv zu sein. 2023 tat die US-Regierung dies zuletzt ungewöhnlich öffentlich. Doch jetzt machen aktuelle Satellitenbilder auf Grundlage einer Recherche des US-Thinktanks Center for Strategic and International Studies (CSIS) erstmals eine genaue Lokalisierung der Standorte möglich – und zeigen, an welchen die Wahrscheinlichkeit für chinesische Abhörmanöver am höchsten ist.

Das CSIS hat insgesamt vier Orte mit elektronischen Überwachungssystemen identifiziert, drei davon bei Havanna. Durch die unmittelbare Nähe zu Florida können die Abhörer an sensible Informationen nicht nur von der Naval Air Station, sondern auch von der MacDill Luftwaffenbasis oder dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral gelangen.

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Foto WirtschaftsWoche

Eines der Abhörzentren ist die Anlage Calabazar in einem Waldstück südlich von Havanna.

Die vielen Satellitenschüsseln sind auf dem aktuellen Satellitenfoto unübersehbar. Die Anlage ist seit langem in Betrieb; ein Solarpark versorgt sie mit Strom.

Station Calabazar, Havanna, Kuba

27.05.2024: Die vielen Satellitenschüsseln auf der Anlage Calabazar in einem Waldstück sind unübersehbar. Die Anlage ist seit langem in Betrieb; ein Solarpark versorgt sie mit Strom.

Bild: LiveEO/Airbus/Pleiades

Brandneu ist eine Station im Osten des Landes, nahe des Ortes El Salao. 2021 sind auf dem Gelände nur Büsche und Erde zu sehen. Inzwischen steht dort ein Kontrollraum, um den 16 Antennen zirkulär angeordnet sind, um Funksignale zu orten. Der konzentrische Kreis lässt vermuten, dass noch weitere Antennen hinzukommen werden.

Auch El Salao liegt strategisch günstig. Das US-Gefangenenlager Guantanamo Bay als potenzielles Ziel ist ganz in der Nähe.

Die geographische Lage ist entscheidend für die Effektivität der Abhörversuche. Über lange Distanzen ist es schwieriger, Radiowellen von anderen Signalen in der Umgebung zu isolieren. Radarüberwachung wiederum erfordert eine direkte Sichtachse.

Die Erdkrümmung erschwert die Übertragung je weiter weg das Ziel ist. Kuba ist nicht nur nah dran an Florida, aus höher gelegenen Landesteilen ist auch ein unverstellter Blick möglich.

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Foto WirtschaftsWoche

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Airbus/Pleiades

Direkte Sicht haben die Abhörer auch vom Bejucal-Komplex in den Hügeln vor Havanna. Im Kalten Krieg lagerte die Sowjetunion hier Nuklearwaffen. In den vergangenen Jahren wurde die Anlage erweitert. Auf der Aufnahme 2017 etwa ist eine Schutzhaube zu erkennen, die eine neue Abhöreinheit abschirmen soll. Bis heute finden im nordöstlichen Teil immer wieder Bauarbeiten statt.

Weniger als zehn Kilometer von Bejucal entfernt liegt eine kleinere Anlage, auf der 2006 noch kaum Betrieb herrschte, wie das Bild von damals zeigt. Inzwischen säumen diverse Antennen, zu erkennen an langen Schatten, das Gelände.

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Airbus/Pleiades

Die Antennentypen und Radaranlagen der vier Stationen deuten dem CSIS zufolge stark auf chinesische Präsenz hin. Kuba könnte mit den Gerätschaften wenig anfangen. Das Land besitzt keine eigene Satelliten im All, mit denen diese Antennen und Satellitenschüsseln kommunizieren könnten. Der Zugang auf Kuba macht für Chinas Überwachung einen großen Unterschied. Denn bislang hat das Land auf dieser Seite des Erdballs keine Bodenstationen.

Das Streben auf den amerikanischen Kontinent dürfte weitergehen. Eine US-Behörde führte Kuba in einem Papier von Februar 2024 als eines der Länder auf, in denen China sich militärisch niederlassen könnte. Im April trafen sich hochrangige Militärs beider Länder in Peking und sprachen von einer „unzerbrechlichen Freundschaft“.

Wie in den 1960ern von der Sowjetunion ist Kuba heute von China abhängig. Die Regierung in Peking hilft dem dauerangeschlagenen Land seit Jahren mit Schuldenerleichterungen und Finanzspritzen. Chinesische Techkonzerne wie Huawei und ZTE, von den USA mit Sanktionen belegt, sind das Rückgrat der kubanischen Telekominfrastruktur.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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