Ukrainer Maksym schöpft Hoffnung durch neuen Studiengang in Ulm

4 Stunden vor

An der Universität Ulm finden ukrainische Studierende Zuflucht vor dem Krieg. Ein extra eingerichteter Studiengang ermöglicht das Studium in Deutschland. Sechs junge Ukrainer sind dabei.

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Sechs Studierende der Universität Charkiw lernen derzeit an der Universität Ulm. Möglich macht das ein neuer Doppelstudiengang. Die Uni Ulm hat ein Programm aufgebaut, mit dem die ukrainischen Studierenden einen Abschluss in beiden Ländern machen können. Ziel des Studiengangs ist es auch, dass die jungen Leute einen normalen Studienalltag erleben. Eine bundesweit bisher einzigartige Möglichkeit.

Maksym Morozov und seine fünf Kommilitonen fühlen sich in Ulm mit offenen Armen aufgenommen. Hier studieren sie Mathematik und Computer Science. Das Essen in der Mensa schmeckt und sie fühlen sich wohl im Studentenwohnheim. Der 19-jährige Maksym kommt aus der Ostukraine. "Ich komme aus einer kleinen Stadt neben Luhansk. Das Gebiet wurde okkupiert. Da herrscht einfach ein Chaos."

Kurz nach Kriegsbeginn kam Maksym mit seiner Mutter nach Deutschland. Von München aus nahm er ein Studium an der Universität Charkiw auf. Alle Kurse fanden online statt. Ein Großteil der ukrainischen Universität ist mittlerweile durch den Krieg zerstört. Die Möglichkeit, in Ulm nun in Präsenz zu studieren, macht in froh, erzählt Maksym.

Alle sind sehr freundlich. Alle gehen mit mir in Kontakt. Alle machen es sehr gemütlich für mich.

Das schwäbische Essen in der Mensa der Uni Ulm schmeckt den ukrainischen Studierenden. Wichtig, bei so viel geistiger Nahrung in den Mathematik- und Computer Science-Vorlesungen. SWR Wie der deutsch-ukrainische Doppelstudiengang funktioniert

Der Doppelstudiengang beginnt mit drei Semestern Onlineunterricht. In der Zeit, die die Studierenden in München verbringen, lernen die jungen Leute Deutsch. Im vierten und fünften Semester können sie dann an der Universität Ulm in Präsenz an Vorlesungen und Seminaren teilnehmen. Es geht weiter mit Onlineunterricht aus der Ukraine, bevor die Bachelorarbeit an der Uni Ulm geschrieben werden kann.

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Der Krieg stellt die ukrainischen Studierenden vor eine große Herausforderung. Die psychische Belastung ist hoch, oft kommen finanzielle Probleme hinzu. Er habe einen Weg finden wollen, wie die jungen Menschen nicht zu Hause vor ihren Computern vereinsamen, sagt Professor Evgeny Spodarev von der Universität Ulm.

Wir haben uns daher überlegt, wie wir einen Weg finden, dass die Studierenden zu Hause an ihren Computern nicht vereinsamen.

Der doppelte Bachelorabschluss ist ein absolutes Novum. Mathematik und Computer Science verzahnt zu einem Studiengang. Am Ende stehen zwei Abschlüsse, ein deutscher in Mathematik, ein ukrainischer in Informatik.

Wie der deutsch-ukrainische Studiengang zustande kam

Eine Tagung war es, bei der eine Professorin aus Charkiw mit Professoren aus Ulm ins Gespräch kam und die Idee zu dem Doppelstudiengang entstand. Dann begann die Arbeit: Studieninhalte abstimmen, Sprachbarrieren überwinden. Die sechs Studierenden konnten alle schon recht gut deutsch, als sie nach Ulm zogen. Maksym hatte Deutsch bereits in der Schule als zweite Fremdsprache neben Englisch.

Am schwierigsten war die Verzahnung der Studieninhalte, nicht die Bürokratie, sagt Evgeny Spodarev. Das ukrainische Ministerium für Bildung zog mit den Initiatoren an einem Strang. Auch das International Office in Ulm habe Hilfe bereitgestellt: "Ich war positiv überrascht, dass es recht schnell ging", sagt er.

EU-weit Jobperspektiven für die ukrainischen Studierenden

"Der deutsche Abschluss ist enorm gefragt", sagt Evgeny Sporadev. Egal, ob sie einen Masterstudiengang in der EU anstreben oder gleich in die Berufswelt einsteigen: Sie haben mit dieser Fächerkombination die besten Chancen. Wissen über KI und Data Science seien begehrter denn je.

Ein Großteil der Karazin Universität Charkiw ist mittlerweile durch den Krieg zerstört. IMAGO IMAGO / Ukrinform

Ich bin dankbar, dass ich mich hier wohlfühlen und mein Leben fortsetzen kann.

Ist Ulm für die ukrainischen Studierenden schon zur Heimat geworden?

Ob er nach dem Studienabschluss und vor allem nach Kriegsende in Deutschland bleiben will, das weiß Maksym heute noch nicht. Schließlich leben in der Ukraine noch Freunde und Verwandte. Andererseits, so überlegt der junge Mann, seien sie nach kurzer Zeit in Ulm schon so gut integriert: Er arbeitet als Mini-Jobber bei einem großen Möbelhaus, hat viele Freunde in der Donaustadt gefunden.

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