Aufregung um Festnahme - "Was, wenn ich nicht Tyreek Hill wäre?"

8 Tage vor
NFL-Star der Miami Dolphins Aufregung um Festnahme - "Was, wenn ich nicht Tyreek Hill wäre?"

Stand: 09.09.2024 14:39 Uhr

Tyreek Hill - Figure 1
Foto Sportschau

NFL-Star Tyreek Hill wurde vor dem Spiel seiner Miami Dolphins im Zuge einer Verkehrskontrolle festgenommen. Der Spieler kritisierte das Vorgehen der Polizei und stellte es in den Zusammenhang mit Ungleichbehandlung und dem alltäglichen Rassismus in den USA.

Es war wohl die Szene des Auftaktwochenendes in der NFL: Tyreek Hill erzielte beim 20:17-Sieg seiner Miami Dolphins im Heimspiel gegen die Jacksonville Jaguars einen Touchdown - und brachte sein Team nach einer verkorksten ersten Halbzeit ins Spiel zurück.

Den spektakulären Touchdown nach einem Pass über 80 Yards, der den Dolphins am Ende den Weg zum Sieg ebnete, feierten die Spieler mit einer besonderen Geste: Hill verschränkte die Arme hinter den Rücken und ließ sich von Mitspieler Jaylen Waddle symbolisch Handschellen anlegen.

Dolphins-Star Hill vor dem Spiel bei Verkehrskontrolle festgenommen

Damit spielten sie natürlich auf einen Vorfall an, der schon vor dem Spiel für viel Aufregung gesorgt hatte, nicht nur auf den US-Sportkanälen. Hill war in der Nähe des Stadions bei einer Verkehrskontrolle von der Polizei festgesetzt worden, wegen "rücksichtslosen Fahrverhaltens". Schnell kursierten im Netz Videos von Fans, die den 30 Jahre alten Afro-Amerikaner in Handschellen neben seinem Sportwagen am Straßenrand liegend zeigen, umringt von vier Beamten. Medienberichten zufolge wurde Hill nach wenigen Minuten wieder entlassen und muss offenbar auch keine Strafverfolgung fürchten.

Hill sei sehr verärgert in der Kabine aufgetaucht, hieß es im Anschluss, wollte aber unbedingt spielen - und verarbeitete den Vorfall dann auf seine Weise: Mit einer persönlichen Bestmarke, es war der weiteste Touchdown-Pass den er jemals gefangen hat. Und dem passenden Jubel, bei dem er sich gleich nochmal festnehmen ließ, diesmal von seinem Mitspieler.

"ESPN"-Bericht: "Verbale Auseinandersetzung mit Polizei"

Schneller als die Polizei erlaubt - dies sollte wohl die Botschaft des Wide Receivers sein, der auch schon einmal 100-m-Olympiasieger Noah Lyles zum Sprintduell herausgefordert hat. In der Pressekonferenz nach dem Spiel wurde Hill aber schnell wieder ernst, als die Sprache auf seine Festnahme kam. Er wisse nicht, was passiert sei, noch warum er Handschellen angelegt bekam.

Der Sender "ESPN" berichtete, Polizeiinformationen zufolge habe es "eine verbale Auseinandersetzung" gegeben, daraufhin hätten die Beamten den Spieler festgesetzt. Hill gab an, sich den Beamten gegenüber nicht respektlos verhalten zu haben. "Ich habe genau das gemacht, was mein Onkel mir früh beigebracht hat, wenn ich einmal in eine solche Situation geraten sollte: Einfach die Hände am Lenkrad behalten und zuhören, was sie sagen."

"Was wäre passiert, wenn ich nicht Tyreek Hill gewesen gewesen wäre?"

Eine Handlungsanleitung, die vor allem die nicht-weiße Bevölkerung in den USA verinnerlicht hat. Nicht erst seit den Fällen von Polizeigewalt und rassistischen Übergriffen, die vor vier Jahren auch im US-Sport zu Protesten führten und zwischenzeitlich sogar den Betrieb in den großen Profiligen bedrohten.

Dolphins-Star Hill, obwohl glimpflich davongekommen, stellte nun erneut einen Zusammenhang zum strukturellen Rassismus in der US-Gesellschaft her, und fragte: "Was wäre passiert, wenn ich nicht Tyreek Hill gewesen wäre?" Also kein berühmter Footballspieler, den bei einer Polizeikontrolle wohl zumindest ein Stück weit seine Reputation schützen dürfte vor möglichen Übergriffen. Er wolle seine Hautfarbe nicht zum Thema machen, sagte Hill, aber natürlich zielten seine Äußerungen genau darauf ab. "Wie wäre es weitergegangen, im schlimmsten Fall? Gott weiß, was sie sonst gemacht hätten."

Zwei weitere Dolphins-Spieler involviert - Sonderbehandlung durch die Polizei?

Berichten von "ESPN" zufolge hatten zudem zwei weitere Dolphins-Spieler geholfen, die Situation aufzuklären: Calais Campbell und Jonnu Smith hatten die Szene auf dem Standstreifen beobachtet und waren hinzugekommen, um ihrem Teamkollegen beizustehen. Er sei sehr froh gewesen, als seine Mitspieler dazukamen, sagte Hill, er habe sich sehr alleine gefühlt. "Das hat mir gezeigt, was für ein verdammt gutes Team wir sind. Sie haben mich unterstützt und sich damit auch in Gefahr gebracht."

Womöglich wurde den Einsatzkräften erst in diesem Moment klar, dass sie es mit einem berühmten Football-Profi zu tun hatten. Im Anschluss ließen sie jedenfalls alle Spieler ohne Auflagen ziehen. Am Ende stand so der Verdacht, Hill wäre als NFL-Star tatsächlich von der Polizei bevorzugt behandelt worden. Dies war ja auch das Anliegen, das Hill im Anschluss gegenüber den Medienvetretern zum Thema gemacht hatte. "Ich würde diese Plattform gerne nutzen, damit sich insgesamt etwas zum Positiven ändert, für die ganze Community in Miami."

Polizeibeamter nach Vorfall freigestellt

Hills Agent bezeichnete das Verhalten der Polizei als "komplett inakzeptabel" und ließ mitteilen, seine Anwälte prüften rechtliche Schritte. Die Polizei von Miami-Dade kündigte eine interne Untersuchung an. Ein Beamter sei zudem bereits freigestellt und für Verwaltungsaufgaben zugeteilt worden.

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