Spitze von ThyssenKrupps Stahlsparte tritt zurück

29 Aug 2024
Aufsichtsrat und Vorstand Spitze von ThyssenKrupps Stahlsparte tritt zurück

Stand: 29.08.2024 19:40 Uhr

Streit bei ThyssenKrupp Steel: Mehrere Aufsichtsratsvorsitzende und Aufsichtsratsmitglieder treten zurück, darunter auch Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel.

Bei ThyssenKrupp Steel sind vier Aufsichtsräte zurückgetreten, darunter der Vorsitzende Sigmar Gabriel. Die vier rechneten in deutlichen Worten mit dem Führungsstil des Konzernvorsitzenden Miguel Lopez ab, insbesondere was den Umgang mit Vorstandsmitgliedern des Unternehmens angehe. Lopez habe den Vorstand der Stahltochter in einer "beispiellosen öffentlichen Kampagne" zum Rücktritt gedrängt.

Aufsichtsratsvorsitzende Sigmar Gabriel, Elke Eller, Detlef Wetzel und Staatssekretär a.D. Wilfried Schäffer.

Der bisherige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Detlef Wetzel ergänzte, er stimme den "Lopez raus"-Rufen der Belegschaft zu. Der Rauswurf von drei Vorstandsmitgliedern der Thyssen Steel habe "kein Problem gelöst", es seien aber 50 neue dazu gekommen. 

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Konzernchef Miguel Lopez unter anderem seinem Stahlchef Bernhard Osburg einen Aufhebungsvertrag vorgelegt haben soll. Das Verhältnis der beiden galt im Ringen um die Zukunft von ThyssenKrupp Steel als zerrüttet. Lopez hatte den Chef der Stahltochter immer wieder gedrängt, stärker den Rotstift anzusetzen. Osburg hatte im Gegenzug mehr Geld für die Stahlsparte gefordert, um den klimafreundlichen Umbau der Stahltochter zu finanzieren.

Starke Konfrontation

Schon seit Wochen ziehen immer wieder Stahlkocher demonstrativ vor das Tor 1 bei ThyssenKrupp Steel (TKS) in Duisburg. Der Betriebsrat lädt regelmäßig zu "Informationsveranstaltungen" über einen möglichen Stellenabbau. Die Arbeitnehmervertreter beklagen, trotz Mitbestimmung zu wenig an den Diskussionen um den künftigen Kurs beteiligt zu werden. Eine erste Aufsichtsratssitzung über die Zukunftsthemen war am Anfang August nach sechs Stunden vertagt worden.

Dabei stehen dringende Entscheidungen an: Nicht nur darüber, die Produktionskapazitäten an die gesunkene Nachfrage anzupassen. Konzernchef Lopez möchte seine Stahltochter außerdem in die Selbständigkeit entlassen, um Risiken für den Mutterkonzern zu minimieren.

Hoher Investitionsbedarf für klimafreundlichen Umbau

Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften verlangen, dass ThyssenKrupp den Stahlbereich vorher finanziell ausreichend ausstattet, um den Umbau auf klimafreundliche Stahlproduktion stemmen zu können. Marc Tüngler schätzt den Investitionsbedarf für die nächsten zehn Jahre auf zehn bis 15 Milliarden Euro – Voraussetzung dafür, dass TKS dann erfolgreich grünen Stahl verkaufen könne.

Sigmar Gabriel im Gespräch mit der Belegschaft

Aktuell ist ein Standort akut gefährdet: Die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden, ein Gemeinschaftsunternehmen von ThyssenKrupp Steel (50 %), Salzgitter (30 %) und Vallourec (20 %). Nach der TKS-Aufsichtsratssitzung am 9. August hatte der Aufsichtsratsvorsitzende Sigmar Gabriel verkündet, HKM werde verkauft oder geschlossen. Im zweiten Fall würden den Beschäftigten andere Arbeitsplätze angeboten.

Wirtschaftsjournalistin Kirsten Bialdiga warnt vor den möglichen Konsequenzen: "Das ist ein ganz, ganz schlechtes Zeichen. Es stehen mehrere 1000 Arbeitsplätze im Stahl auf dem Spiel zurzeit. Und wenn es nicht gelingt, dass man da zu einem konsensualen Weg findet, dann kann es sein, dass noch viel, viel mehr Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, weil auch die Zeit drängt. Die Stahlkonjunktur läuft sehr schlecht. Grüne Transformation muss vorangehen und die finanziellen Mittel des Konzerns sind begrenzt."

Erinnerungen an Arbeitskampf in Rheinhausen

Bei langjährigen Stahlkochern werden in diesen Tagen immer wieder Erinnerungen an den Arbeitskampf um Krupp Rheinhausen Ende der 1980er Jahre wach: An dessen Ende wurde das traditionsreiche Werk geschlossen. Die Beschäftigten wurden damals unter anderem in ein neu formiertes Unternehmen übernommen: die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann auf der gegenüberliegenden Rheinseite – genau jener Betrieb, der jetzt auf der Kippe steht.

Unsere Quellen:

Betriebsrat ThyssenKrupp Steel Unternehmenskommunikation ThyssenKrupp Steel

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Westdeutscher Rundfunk

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