Zweiter Anlauf nach Eklat: CDU-Politiker Thadäus König neuer ...

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Zweiter Anlauf nach Eklat CDU-Politiker Thadäus König neuer Landtagspräsident in Thüringen

Im Streit über die Wahl des Landtagspräsidenten war die konstituierende Sitzung des Thüringer Parlaments am Donnerstag eskaliert. Im neuen Anlauf setzte sich CDU-Kandidat Thadäus König durch.

Thadäus König - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

28.09.2024, 16.36 Uhr

Mario Voigt (r.), CDU-Fraktionschef, gratuliert Thadäus König: Er gewann die Wahl zum Landtagspräsidenten in Thüringen

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Martin Schutt / dpa

Der CDU-Abgeordnete Thadäus König ist zum neuen Thüringer Landtagspräsidenten gewählt worden. Der 42-Jährige erhielt 54 Stimmen und erreichte damit die erforderliche Mehrheit. Er setzte sich damit klar gegen die AfD-Kandidatin Wiebke Muhsal durch. Sie bekam nur 32 Stimmen.

CDU, BSW, Linke und SPD hatten bereits im Vorfeld erklärt, dass sie in das zweithöchste Thüringer Staatsamt keine Vertreterin der AfD wählen werden. Die AfD mit Rechtsaußen Björn Höcke an der Spitze wird vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

»Sie können sicher sein«, sagte König in seiner ersten Rede als Landtagspräsident, »dass ich im Einklang mit der Verfassung und der Geschäftsordnung die Würde und die Rechte des Landtags wahren, seine Arbeit fördern, Verhandlungen gerecht und unparteiisch leiten und die Ordnung im Hause wahren werde.«

Die Wahl am Samstag erfolgte, nachdem der erste Teil der konstituierenden Sitzung des Thüringer Parlaments am Donnerstag im Streit über die Wahl des Landtagspräsidenten völlig eskaliert war. Es kam zur Dauerkonfrontation zwischen der AfD, die bei den Landtagswahlen am 1. September stärkste Kraft geworden war, und den vier anderen Fraktionen.

Immer wieder gab es Unterbrechungen und Zwischenrufe, Entscheidungen wurden nicht getroffen. Schließlich erfolgte der Abbruch. Mit der von der CDU-Fraktion beantragten einstweiligen Anordnung sprach der Verfassungsgerichtshof in Weimar am Freitagabend ein Machtwort. Er setzte dem Agieren des massiv in der Kritik stehenden AfD-Alterspräsidenten Jürgen Treutler klare Grenzen.

Treutler hatte sich trotz massiver Forderungen der Abgeordneten von CDU, BSW, Linke und SPD geweigert, eine aktualisierte Tagesordnung zur Abstimmung zu stellen. Außerdem entzog er Parlamentariern das Wort und ließ keine Anträge zu. Die Thüringer Verfassungsrichter entschieden gegen die Rechtsauffassung von Treutler.

Der AfD-Mann hielt sich nun am Samstag an die Regeln. So konnte der Thüringer Landtag mit einer Mehrheit das Verfahren zur Wahl des Landtagspräsidenten ändern. Ein entsprechender Antrag zur Geschäftsordnung wurde mit 55 Ja- und 32-Neinstimmen angenommen. Enthaltungen gab es nicht.

Die Fraktionen können damit von Anfang an Kandidaten vorschlagen, zuvor lag das Vorschlagsrecht zunächst alleinig bei der stärksten Fraktion; im konkreten Fall also bei der AfD. Die Weimarer Richter hatten dazu entschieden: »Die beabsichtigte Regelung, die vorsieht, dass sämtliche Fraktionen – und nicht allein die stärkste Fraktion – bereits für den 1. Wahlgang Wahlvorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten unterbreiten dürfen, verletzt Verfassungsrecht nicht.«

»Sicheres Verfahren« gegen »parteipolitische Taktiken«

AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke war mit dem Beschluss offenbar nicht einverstanden. Höcke sagte am Rande der Landtagssitzung, die AfD als Gewinner der Landtagswahl in Thüringen sei durch einen »Taschenspielertrick« das Landtagspräsidentenamt genommen worden.

Die unterlegene AfD-Kandidatin Muhsal wurde vor Jahren wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilt. Gerichte sahen es als erwiesen an, dass sie einen Arbeitsvertrag mit einer Mitarbeiterin im Jahr 2014 um zwei Monate vordatierte, um zusätzliches Geld von der Landtagsverwaltung zu erhalten. Ihre Nominierung empfanden andere Abgeordnete als Provokation.

König hingegen bekam schon im Vorfeld einen Vertrauensvorschuss. BSW, Linke und SPD bescheinigten dem promovierten Politikwissenschaftler, konsensfähig zu sein. König kommt aus dem katholisch geprägten Eichsfeld und hatte dort bei der Landtagswahl 2019 im Kampf um das Direktmandat Höcke bezwungen. Bei der Landtagswahl vor vier Wochen erreichte er das beste Erststimmenergebnis landesweit.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer CDU-Fraktion, Andreas Bühl, erklärte am Samstag im Landtag in einer Rede, es gehe darum, »ein sicheres Verfahren zu etablieren, das verhindert, dass der Landtagspräsident durch parteipolitische Taktiken instrumentalisiert wird«. Es gebe kein Recht auf eine Wahl, »es gibt ein Recht, einen Vorschlag zu machen, und danach entscheidet die Mehrheit des Hauses«.

CDU-Fraktionschef Mario Voigt und andere bekräftigten, auch der AfD stehe ein Vize-Präsidentenamt zu: »Das Angebot steht.« Ob und wann die AfD, die erstmals in einem deutschen Landesparlament die stärkste Fraktion stellt, davon Gebrauch macht, blieb zunächst offen.

Zu Vizepräsidenten des Parlaments wurden für die Wagenknecht-Partei BSW der frühere MDR-Moderator Steffen Quasebarth, für die Linke die Psychologin Lena Saniye Güngör und für die SPD die Ärztin Cornelia Urban gewählt.

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