Telefonische Krankschreibung 2024: Regeln, Rechte und Tipps
Die telefonische Krankschreibung hat sich in der Coronapandemie bewährt, denn so mussten sich viele Erkrankte nicht mehr ins Wartezimmer quälen, wo man sich gegenseitig vermehrt angesteckt hat. Im Dezember 2023 wurde die telefonische Krankschreibung dauerhaft eingeführt. Seitdem können sowohl Erwachsene als auch Kinder und deren betreuende Eltern telefonisch krankgeschrieben werden. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Warum wird jetzt wieder über die telefonische Krankmeldung diskutiert?Derzeit sind die Krankenstände in Deutschland sehr hoch. Etwa von Seiten der Wirtschaft wird dieser Zustand teils auf die telefonische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geschoben (telefonische AU). Die Befürchtung: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnten sich leichtfertiger krankschreiben lassen und so die Zahlen in die Höhe treiben, auch wenn sie vielleicht gar nicht krank sind. Dem entgegen stehen die Positionen der Krankenkassen und der Ärzteschaft. Für den Krankenstand der letzten Zeit gäbe es zahlreiche andere Gründe – nicht zuletzt die Nachwirkungen der Coronapandemie oder die aktuelle Erkältungszeit.
Erwerbstätige waren im vergangenen Jahr so lange krankgeschrieben wie nie zuvor in der Geschichte der vereinten Bundesrepublik. Generell steigt die durchschnittliche Zahl der Krankentage seit 2007 kontinuierlich – von 2022 im Vergleich zu 2021 sogar drastisch. Einige interessante Zahlen, Daten und Fakten, die Sie kennen sollten:
Seit 2007 haben sich die durchschnittlichen Krankentage fast verdoppelt – von 8,1 auf 15,2 im Jahr 2023. (Krankmeldungen von bis zu drei Tagen wurden hierbei nicht berücksichtigt)Die Corona-Pandemie ist nicht vorbei: Covid-19 macht immer noch – vor allem in den kalten Jahreszeiten – einen großen Teil der Atemwegserkrankungen aus.Die meisten Krankentage kamen 2023 durch orthopädische Beschwerden zustande. Auf Platz zwei liegen Erkrankungen der Atemwege und auf Platz drei psychische Leiden.Nicht in allen Bundesländern sind die Krankentage gleich hoch. Am höchsten waren sie 2023 in Sachsen-Anhalt (28,77 Tage); am niedrigsten in Bayern (21,48). Generell sind die Krankheitstage in Ostdeutschland höher als im Westen. Unter anderem, weil die ostdeutsche Bevölkerung älter ist, aber auch, weil im Osten deutlich mehr Menschen für Niedriglöhne arbeiten.Wer krank ist, sollte sich sofort mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzen und sich krankmelden. Dazu genügt in der Regel ein kurzer Anruf oder eine E-Mail. In den ersten drei Krankheitstagen muss man laut gesetzlicher Regelung kein Attest vom Arzt vorweisen.
Erst ab dem vierten Arbeitstag braucht man eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, damit man trotz Krankheit weiter seinen Lohn erhält. Diese Bescheinigung dürfen nur Ärztinnen und Ärzte ausstellen. Deshalb sollte man spätestens am vierten Tag die Hausarztpraxis kontaktieren.
Achtung: Es gibt auch Arbeitsverträge, in denen die Frist eigens geändert wurde. So kann es zum Beispiel sein, dass der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag festgehalten hat, dass man bereits am ersten Tag eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit braucht. Außerdem kann der Arbeitgeber aus eigener Initiative auch vor dem vierten Tag eine Krankschreibung fordern. Weitere hilfreiche Infos rund um die Krankschreibung finden Sie auch bei der Verbraucherzentrale.
Die Krankmeldung per Telefon wurde während der Coronapandemie vorübergehend eingeführt, seit dem 7. Dezember 2023 gibt es diese Möglichkeit dauerhaft. Man kann sich allerdings nur von Arztpraxen krankschreiben lassen, denen man bereits bekannt ist. Die Ärztinnen und Ärzte, so sieht es die Regelung vor, stellen am Telefon Fragen zu den Beschwerden und entscheiden daraufhin, ob sie eine telefonische Krankschreibung veranlassen oder ob man doch in die Praxis kommen soll. Die telefonische AU wird dann auf digitalem Weg an die Krankenkassen übermittelt. Dort kann sie vom Arbeitgeber abgerufen werden.
Ärzte und Ärztinnen dürfen maximal für fünf Tage telefonisch krankschreiben. Anschließend kann die Krankschreibung nicht telefonisch verlängert werden – wer eine Folgebescheinigung benötigt, muss die Praxis aufsuchen. Wurde hingegen die erste Krankschreibung während eines Praxisbesuchs ausgestellt, kann diese Krankschreibung per Telefon um bis zu fünf Tage als Folgebescheinigung verlängert werden.
Gelten die oben genannten Informationen auch für Privatversicherte?Auch Privatversicherte können sich inzwischen telefonisch krankschreiben lassen. Die meisten anderen der oben genannten Informationen gelten aber nur für gesetzliche Krankenversicherte, nicht für Privatversicherte. So haben die privaten Krankenversicherungen noch keine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingeführt. Als Privatversicherter erhält man – Stand Oktober 2024 – die Krankschreibung noch auf Papier. Auch Kinderkrankengeld erhalten Privatversicherte nicht. Gesetzlich Versicherte erhalten für ein privatversichertes Kind ebenfalls kein Kinderkrankengeld.
Welche Rechte und Pflichten habe ich gegenüber dem Arbeitgeber?Seit Januar 2023 ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich die eAU bei der Krankenkasse selbstständig abzurufen. Entsprechend entfällt die Pflicht aufseiten der Angestellten, die Bescheinigung beim Arbeitgeber vorzulegen.
Darüber hinaus tragen die Versicherten keine Verantwortung, wenn die Krankmeldung erst verspätet bei der Kasse eintrifft. Auch in diesem Fall haben sie Anspruch auf Krankengeld, das hat das Bundessozialgericht im Januar 2024 entschieden.
Eine Krankschreibung in Papierform dürfen Arbeitgeber heute nicht mehr verlangen – solange die Arbeitnehmer gesetzlich versichert sind und keinem Minijob nachgehen, weiß Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Wer in der Praxis noch einen Papierausdruck über die Arbeitsunfähigkeit ausgedruckt bekommt, muss das Dokument trotzdem nicht an den Arbeitgeber weitergeben.
Dennoch ist die Bescheinigung in Papierform noch nicht Geschichte. „Es gibt viele Bereiche, in denen der sogenannte gelbe Schein noch eine Rolle spielt“, sagt Meyer. Privat Krankenversicherte müssen ihn weiter vorlegen, gleiches gilt für geringfügig Beschäftigte. Auch die Bescheinigungen für das Kinderkrankengeld und Reha-Bescheinigungen gibt es weiter in Papierform.
Seit dem 18. Dezember müssen Eltern mit ihren kranken Kindern nicht mehr unbedingt in die Kinderarztpraxis. Die Bescheinigung, dass ihr Kind krank ist und sie es betreuen müssen, können sich Eltern von den Praxen auch telefonisch ausstellen lassen. Voraussetzung ist auch hier, dass das Kind der Kinderärztin oder dem Kinderarzt bekannt ist und eine telefonische Krankschreibung von ärztlicher Seite als vertretbar angesehen wird.
Die Dauer einer solchen telefonischen Krankmeldung für ein krankes Kind ist wie bei Erwachsenen auf fünf Tage beschränkt, anschließend muss das Kind für eine Verlängerung der Krankschreibung in der Praxis vorgestellt werden.
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Die Krankschreibung für das Kind ist nicht nur beispielsweise für die Schule von Bedeutung. Sie ist auch für berufstätige Eltern wichtig. Denn wenn ein Elternteil wegen des kranken Kindes nicht arbeiten kann, muss es keine Urlaubstage nehmen oder Überstunden abbauen. Angestellte – und auch Selbstständige – haben unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel, wenn sie keine Lohnfortzahlung erhalten) ein Recht auf Kinderkrankengeld. Es beträgt regulär 90 Prozent des entgangenen Nettoentgelts.
In den Jahren 2024 und 2025 stehen Eltern jeweils 15 Kinderkrankengeldtage pro Kind zu. Vor der Pandemie waren es 10 Tage gewesen. Auch für Alleinerziehende gelten neue Regelungen: Ihnen stehen pro Kind 30 Arbeitstage zu. Relevant für Eltern mit mehreren Kindern: Die Gesamtzahl der jährlichen Anspruchstage pro Elternteil steigt auf 35 Arbeitstage und für Alleinerziehende auf insgesamt 70 Arbeitstage pro Jahr. Das Kinderkrankengeld ist im Jahr 2024 auf einen Betrag von 120,75 Euro pro Tag gedeckelt.
Mehr zum Kinderkrankgeld können sie auch beim Bundesministerium für Gesundheit erfahren.
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Hinweis: Dieser Text erschien erstmals im Februar 2024 und wurde aus aktuellem Anlass aktualisiert.