"Tatort" Frankfurt: Störungen der deutschen Seele

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Tatort Frankfurt - Figure 1
Foto ZEIT ONLINE

Das Frankfurter Finale mit Margarita Broich und Wolfram Koch fällt leider nicht so fetzig aus. Da hilft auch Matthias Brandt als psychopathischer Psychologe nicht.

Aktualisiert am 29. September 2024, 21:47 Uhr

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Erinnert sicher nur zufällig an Caspar David Friedrichs "Wanderer": Tristan Grünfels (Matthias Brandt) im Frankfurter "Tatort" © HR/​Degeto/​Bettina Mueller

"Ich sollte glücklich sein, daß die Tatort-Zeit zu Ende geht", schreibt der Schauspieler Manfred Krug (1937–2016) im gerade erschienen letzten Teil seiner postum veröffentlichten Tagebuch-Trilogie. Der heißt: Ich beginne wieder von vorn, und es geht um die Jahre 2000/01, eine Zeit, in die Krugs Abschied vom ARD-Sonntagabendkrimi fällt (1984–2001). Die Texte sind zwar nicht immer leicht zu ertragen wegen Krugs altmännerräudiger Sackigkeit (vor allem gegenüber Frauen, insbesondere den eigenen), für die Tatort-Geschichte sind sie aber nicht uninteressant: "Bis zum Schluß sind die Bücher beschissen, bis zum Schluß leben wir von der Hand in den Mund. Und vor allem leben wir von mir." Ob Krugs Auftrag an die "Medienforschung", die Originaldrehbücher zu den Hamburger Fällen mit den von ihm nachbearbeiteten abzugleichen, erfüllt wird, bleibt fürs Erste offen.

Klar ist, dass die Tatort-Zeit für das Janneke-Brix-Frankfurt zu Ende geht, nach fast zehn Jahren und 19 Fällen. Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh'n (HR-Redaktion: Jörg Himstedt, Marie Wolters, Erin Högerle, Degeto-Redaktion: Birgit Titze) heißt die Abschiedsfolge. Die fährt mit Matthias Brandt als Gaststar einen ehemaligen Polizeiruf-Ermittler auf (Meuffels, München, 2011–2018), dessen letzter Film seinerzeit lustigerweise Tatorte hieß.

Im Frankfurter Tatort heißt Brandt nun aber Tristan Grünfels und ist psychologischer Psychotherapeut. Hat allerdings selbst Probleme, und zwar mit sich selbst – Grünfels unterhält sich im Auto mit seinem verdoppelten Ich, redet aus dem Off in der dritten Person über sich und führt mit anderen Menschen Gespräche, die er sich nur einbildet. Nicht eingebildet ist allerdings die tote Frau von der Stadtpolizei (steht so auf Rücken und Mütze) namens Marion Schweikhardt (Melanie Straub), die Grünfels mit einem Bilderrahmen erschlägt.

Der gebeutelte Grünfels will die Tat dann eigentlich gestehen auf dem Revier, wird von Janneke (Margarita Broich) aber kurzerhand als der psychologische Opferbetreuer verpflichtet, nach dem sie gerade telefoniert. Das ist ein Witz, aber Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh'n leider keine Komödie (Regie: Till Endemann).

Und das wäre dann ein Erklärungsansatz, warum das Frankfurter Finale nicht so fetzig ausgefallen ist, wie man hoffen, wünschen, vermuten wollte. Denn das Drehbuch zum letzten Fall stammt von Michael Proehl und Dirk Morgenstern, und Proehl hat dem Tatort schon legendärste Filme geschrieben wie die Schweighöfer-Umverteilungsfolge von 2010, den Klassiker Im Schmerz geboren mit den beiden Großulrichs des deutschen Schauspiels (Tukur und Matthes) von 2014 oder zuletzt den ungemein eleganten, in jedem Moment überraschenden Münchner Populismus-Schocker Wir kriegen euch alle.

Aber dieser letzte Frankfurter Tatort kommt nie richtig in die Gänge, obwohl er nicht schlecht losgeht mit dem Off-Monolog in der dritten Person, den Grünfels sich hält. Obwohl die Mordinstrumente gewohnt abwegig sind (der Masseur-Lover von Grünfels Frau wird mit seinem hammerähnlichen Holzmassageroller erschlagen), obwohl die Parallelermittlung im Rotlichtmilieu Erwartungen an eine originelle Verbindung beider Stränge weckt (ein Informant wurde umgebracht).

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