„Tatort: Abbruchkante“: Gibt es wirklich solche verlassenen Dörfer in ...

26 Mär 2023

ARD-Krimi mit Ballauf und Schenk

Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) helfen Gastwirtin Karin Bongartz (Barbara Nüsse), die Madonna der verlassenen Gemeinde aus der Kirche zu ihr nach Hause zu bringen.

Bildunterschrift anzeigen

Bildunterschrift anzeigen

Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) helfen Gastwirtin Karin Bongartz (Barbara Nüsse), die Madonna der verlassenen Gemeinde aus der Kirche zu ihr nach Hause zu bringen.

© Quelle: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Martin

Im starken „Tatort: Abbruchkante“ ermittelten die Kölner Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) in einem fiktiven Geisterdorf, das fast dem Braunkohleabbau zum Opfer gefallen wäre. Gibt es solche Orte in Deutschland tatsächlich, und wenn ja, wo stehen sie?

Share-Optionen öffnen

Share-Optionen schließen

Mehr Share-Optionen zeigen

Mehr Share-Optionen zeigen

Das (fiktive) Dorf Alt-Bützenich sollte plattgemacht werden und dem rheinischen Braunkohlebergbau zum Opfer fallen. „Der Konzern“, wie es im „Tatort: Abbruchkante“ hieß, hat den Menschen ein paar Kilometer weiter Neu-Bützenich hingestellt. Dann kamen die Klimakrise, ein Politikwechsel und der Beschluss: Die mittlerweile fast völlig verlassene Gemeinde bleibt stehen, auch wenn hier nur noch eine Handvoll Menschen zurückgeblieben sind, die meisten Fenster und Türen vernagelt wurden und ein Sicherheitsdienst Patrouille fährt, um Plünderungen zu verhindern.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Eine tolle Idee, einen solchen Lost-Places-Krimi aus der Taufe zu heben. Zumal die Ü60-Ermittler Ballauf und Schenk mit der Melancholie des Gestrigen altersbedingt etwas anfangen können. Doch wo wurden die stimmungsvollen Szenen gedreht, welcher Schlafwandler-Oldie dudelte im Hintergrund und wo stehen die echten Alt-Bützenichs Deutschlands?

Worum ging es?

Im beinahe menschenleeren Dorf Alt-Bützenich wird Dr. Christian Franzen (Leopold von Verschuer) erschossen. Abends war er von Neu-Bützenich aufgebrochen, weil es hieß, dass jemand in sein leer stehendes Haus im alten Ort eingebrochen sei. Weil bei Freddy Schenks marodem Ami-Oldtimer („da ist schon Clint Eastwood mit gefahren“) die Beleuchtung schlappmacht, müssen die Kommissare im fast menschenleeren Alt-Bützenich übernachten.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Was für ein Glück, dass Karin Bongartz (Barbara Nüsse) ihre alte Pension noch mal für die Herren aus Köln aufschließt und sie im Retrohotel übernachten lässt. In den folgenden Tagen lernen die Kommissare aus dem nahen Köln Menschen kennen, die ein Motiv für den Mord am unbeliebten Arzt haben könnten: dessen Frau Betje (Loun Strenger), Rentner Peter Schnitzler (Peter Franke) und sein Enkel Yannik (Leonard Kunz) oder das Ehepaar Konrad (Jörn Hentschel) und Martina Baumann (Daniela Wutte).

Worum ging es wirklich?

Das Drehbuchduo Volker und Eva Zahn, das zuletzt den Rheindampfer-Geiselnahme-Fall „Hubertys Rache“ (2022) für die Kölner Ermittler aufs Papier brachte, hat mit seinem zweiten „Tatort“ einen tollen Job gemacht. In „Abbruchkante“ stimmen nicht nur die melancholischen Bilder eines verlassenen Ortes (Kamera: Theo Bierkens, Regie: Torsten C. Fischer), über den gut gebauten Plot, feine Dialoge und vor allem ein durch die Bank weg starkes Schauspielensemble werden auch die Geschichten um „abgebrochene“ Biografien nahe der Abbruchkante ziemlich genial verkörpert.

Das Stream-Team

Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix & Co. – jeden Monat neu.

Auch wenn der Krimi formal ein klassischer Whodunit-Fall war, spielten auch Subtextfragen in die Handlung hinein: Der „Tatort: Abbruchkante“ war ein Film, der einen über die Bedeutung biografischer Orte, Wurzellosigkeit und „Abbrüche“ in der persönlichen Biografie nachdenken ließ. Und vor allem Singlekommissar Max Ballauf machte sich so seine Gedanken.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Welcher Song dudelte im Hintergrund?

„Sleepwalk“ heißt der Song dieses „Tatorts“. Auch wenn im neuen Fall von Ballauf und Schenk mitunter eine von Marissa Nadler gesungene Version des von Hawaii-Gitarren getragenen Oldies von 1959 gespielt wird: Die Originalsingle des Brüderduos Santo & Johnny (wird auch im Film gespielt) war einer der ganz wenigen rein instrumentalen Nummer-eins-Hits, die die US-Single-Charts hervorgebracht haben. „Sleepwalk“ ist einer der am häufigsten gecoverten Songs der Popgeschichte.

Heute wird dabei oft betont, wie unfassbar melancholisch die Grundstimmung des Liedes ist. Damals, Ende der Fünfziger, empfand man den Sound eher als romantisch, schreiben Zeitzeugen im Netz. So ändert sich eben der Geschmack im Laufe der Popjahrzehnte.

Wo wurde gedreht?

Wie meistens beim Film wurde auch im „Tatort: Abbruchkante“ mit Orten getrickst, um ein möglichst stimmungsvolles Szenario zu erzeugen: Die Szenen in Alt-Bützenich wurden in Kerpen-Manheim, Keyenberg, Köln-Fühlingen und Erkelenz-Kuckum gedreht. Die Bilder vom Tagebau entstanden im Wald am Tagebau Hambach (Merzenich-Moschenich) und in Elsdorf.

Welche echten „Geisterstädte“ gibt es in Deutschland?

In Deutschland gibt es unter anderem „Geisterstädte“ auf Truppenübungsplätzen. Sie tragen so illustre Namen wie Bonnland, Gruorn, Lopau, Wollseifen, Hillersleben und Wolferstetten. Mit Schnöggersburg wurde eine Geisterstadt gezielt als solche errichtet, um als Truppenübungsplatz für den Häuserkampf herzuhalten.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Doch auch echte verlassene Orte existieren in Deutschland: Als jüngstes Geisterdorf gilt Kursdorf, wo seit 2017 offiziell keine Menschen mehr leben. Grund ist die Lage inmitten des Flughafens Leipzig/Halle. Die meisten Häuser wurden von der Flughafengesellschaft abgerissen, einige denkmalgeschützte Gebäude blieben jedoch erhalten. Bis zur deutschen Wiedervereinigung war das Sperrgebiet der innerdeutschen Grenze ein Eldorado verlassener Orte – doch diese Lost Places sind, wie man weiß, mittlerweile Geschichte.

Wie geht es beim Kölner „Tatort“ weiter?

Am Ende des Krimis wird der ewige Junggeselle Max Ballauf – auf Freddys Initiative – von seiner Ex-Liebe Lydia Rosenberg (Juliane Köhler) im Auto abgeholt, um ihn nach Köln und nach Hause zu fahren. Durchaus ein Wink für die Zukunft, denn Ballauf soll weiter auf Freiersfüßen unterwegs sein. Gerade wird der 90. Kölner Fall „Diesmal ist es anders“ gedreht, in dem es um den Tod einer Schlagersängerin geht. Darin findet Max „die Liebe seines Lebens“ – diesmal verkörpert von Jenny Schily. Zuvor müssen Max und Freddy aber noch in ein oder zwei anderen Fällen ran. Der nächste Kölner Fall trägt den Titel „Des anderen Last“. Er erzählt von einem tödlichen Überfall auf einen Kurierfahrer in der Vorweihnachtszeit. Laufen wird er Ende des Jahres 2023.

RND/Teleschau

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche