Tag des offenen Denkmals in Freising: Hort der Gelehrsamkeit

10 Sep 2023

Von Peter Becker, Freising

Wer von der Oberen Domberggasse aus den Freisinger Domberg erklimmt, stößt auf eine Schatten spendende Allee, an deren rechten Rand eine Steinsäule in die Höhe ragt. Gewidmet ist sie Freisinger Gelehrten, die im Mittelalter am Stift St. Andreas tätig waren. Die Säule sei 1861 in neugotischem Stil errichtet worden, erzählte Michael Lutzenberger vom Freisinger Historischen Verein, einer Gruppe von Interessierten, die sich an diesem Sonntag, dem Tag des offenen Denkmals, auf der Dombergallee versammelt hatten. Gewidmet sei sie Veit Arnpeck, der eine Geschichte der Freisinger Bischöfe bis zum Mittelalter verfasst, Ruprecht von Freising, der 1328 ein Rechtsbuch geschrieben, und Joachim Haberstock, der in lateinischer Sprache gedichtet habe.

Um die Säule rankt sich eine eigentümliche Geschichte. Sie entstand in einer unruhigen Zeit auf eine Initiative des bayerischen Königs Max II. im Jahr 1848. Das junge Königreich Bayern war gerade mal vor zwei Jahrzehnten aus vielen kleinen Fürstentümern, darunter das Hochstift Freising, entstanden. Max II. wollte in seinem Königreich ein Identitätsgefühl wecken, zu dem alle Kreise etwas beizutragen hatte. Auch an Freising erging eine solche Aufforderung. Erst auf mehr oder weniger sanften Druck hin entstand nach einer Anregung des Landrichters Carl Breidenbach die Idee, eine Steinsäule zu Ehren mittelalterlicher Gelehrter des Dombergs zu errichten. Nach Mode der Zeit sollte das Denkmal in neugotischem Stil gestaltet sein.

Die Front der Säule erinnert an Veit Arnpeck, dem bedeutendsten bayerischen Chronisten vor Johannes Aventinus. 1440 in Freising geboren, starb er 1496 in Landshut wohl an der Pest. Arnpeck verfasste ein Buch über die Taten der Freisinger Bischöfe bis zum Jahr 1495 in bayerischem Deutsch. Ausführlich widmete er sich Otto I., dem herausragendsten Geistlichen, der auf dem Domberg residierte. Von Unglück geprägt war dagegen die Amtszeit von Albert I., der 1159 die wohl größte Brandkatastrophe in Freising miterlebte.

Lutzenberger erinnerte an die Geschichte des Ruprecht (1481-1504) von der Pfalz. Dieser hatte Elisabeth, die Tochter von Georg dem Reichen, Herzog von Bayern-Landshut, geheiratet. Streitigkeiten mit Herzog Albrecht von Bayern-München führten in der Folge zum blutigen Landshuter Erbfolgekrieg.

Tag des offenen Denkmals: Arg verwittert und mit Moos bewachsen ist die Steinsäule an der Dombergallee, die an Freisinger Gelehrte aus dem Mittelalter erinnert.

Arg verwittert und mit Moos bewachsen ist die Steinsäule an der Dombergallee, die an Freisinger Gelehrte aus dem Mittelalter erinnert.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auf der linken Seite der Steinsäule befindet sich eine Inschrift, die an Rupert von Freising (1297-1328) erinnert. Dieser beschrieb in einem 288 Artikeln umfassenden Rechtsbuch, mit welcher Strafe die verschiedensten Vergehen und Verbrechen zu ahnden seien. Laut Lutzenberger musste derjenige, der einen Bauern bestahl oder ihm etwas zu Leide tat, je nach Schwere des Verbrechens mit einer Zurschaustellung am Pranger, einer Prügelstrafe, Brandmarkung oder gar einer Todesstrafe rechnen. Spezielle Strafen gab es auch für Münzer, die ihre Kundschaft betrogen.

Haberstock dichtete laut Lutzenberger in heute kaum verständlichem Latein

Joachim Haberstock (1538-1571) ist die rechte Seite der Säule gewidmet. Die Inschrift ist kaum zu lesen, weil sie arg verwittert und zum Teil von Moos überwachsen ist. Haberstock dichtete laut Lutzenberger in heute kaum verständlichem Latein. Von dem Gelehrten stammt eine Inschrift auf der zweitgrößten Glocke des Doms, der "Stürmerin". Darin heißt es, dass sie bei einem Brand geschmolzen, aber durch die Hand eines Meisters wie ein zweiter Phönix wieder auferstanden sei.

Die Steinsäule wurde zum Ende des Zweiten Weltkriegs durch eine Fliegerbombe beschädigt. 1989 sei sie restauriert worden, sagte Lutzenberger. Angesichts des verwitterten Kalkgesteins wäre es aber an der Zeit für eine erneute Auffrischung.

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