Susie Wiles im Weissen Haus: Trumps Vertraute wird Stabschefin
Trump bestimmt Stabschefin: Die Frau, die sein Wahlkampfschiff kommandierte, soll im Weissen Haus für Ordnung sorgen
Susie Wiles ist in ihrer Heimat Florida eine einflussreiche Politikstrategin. Sie hat grossen Anteil an Trumps Comeback, steht loyal zu ihm und gilt politisch doch als moderat. Ihre Ernennung könnte ein Vorbild für die Besetzung weiterer Regierungsposten sein.
Brian Snyder / Reuters
Der neugewählte amerikanische Präsident hat am Donnerstag seine erste Personalentscheidung gefällt. Die 67 Jahre alte Susie Wiles soll Stabschefin werden, wenn Donald Trump am 20. Januar 2025 ins Weisse Haus zurückkehrt. «Susie ist hart, schlau, innovativ», und sie werde durchs Band respektiert, sagte der republikanische Wahlsieger gemäss einer Pressemitteilung.
Wiles falle nun die wohlverdiente Ehre zu, als erste Frau im Amt des Chief of Staff in die amerikanischen Geschichtsbücher einzugehen, schrieb Trump weiter. Der Stabschef des Weissen Hauses muss, im Gegensatz zu Anwärtern auf Kabinettsposten, nicht zuerst vom Senat bestätigt werden.
Die Entscheidung zugunsten von Wiles kommt nicht überraschend. Sie hatte an der Spitze von Trumps Wahlkampfteam gearbeitet, und es gelang ihr dabei, dessen Piratenschiff auf Kurs zu halten.
So brachte Wiles den Republikaner dazu, im Wahlkampf disziplinierter vorzugehen, was sich letztlich am Dienstag an der Urne auszahlte. Auch hielt sie das Chaos im Umfeld des Kandidaten unter Kontrolle und wehrte sich erfolgreich gegen Intriganten. Weil sie dabei selten ihre Contenance verlor, verlieh Trump ihr die Beinamen «Ice Baby» oder «Ice Maiden».
Im Gegenzug ist Wiles ihrem Chef gegenüber loyal und drängte sich während des turbulenten Wahlkampfes nie ins Rampenlicht. So lehnte sie es in der Nacht auf Mittwoch dankend ab, an der Wahlfeier Trumps einige Worte an die begeisterten Anhängerinnen und Anhänger zu richten. Auch deshalb wird sie vom engsten Familienkreis des künftigen Präsidenten hochgeschätzt.
Wiles war eine Vertraute von Floridas GouverneurWiles ist die Tochter des ehemaligen Football-Spielers Pat Summerall, der bis zu seinem Tod im Jahr 2013 ein allseits verehrter Sportmoderator war. Sie stieg in den späten siebziger Jahren in die Politik ein.
Nach einem längeren Aufenthalt in Washington etablierte sie sich in den neunziger Jahren in ihrer Heimat Florida als Wahlkampfstrategin. Dabei bevorzugte Wiles lange Zeit Kandidaten des Establishments. In einem Gespräch mit der Publikation «Politico» räumte sie vor einigen Monaten ein, dass sie mit der modernen Republikanischen Partei wenig gemein habe. Sie sagte aber auch: «Es gibt Veränderungen, mit denen wir leben müssen, um die Dinge zu erreichen, die wir anstreben.»
Der grösste Triumph von Wiles kam im Herbst 2018. Da gelang es ihr, weniger als einen Monat vor dem Urnengang den Wahlkampf des Gouverneurskandidaten Ron DeSantis wieder auf Kurs zu bringen. Nach dem (knappen) Sieg des Republikaners wollte Wiles sich in Floridas Hauptstadt Tallahassee etablieren, als Quasivorsitzende der Rechtspartei. Aber der neue Gouverneur (wie auch seine einflussreiche Gattin Casey) wurde misstrauisch und verdächtigte die Politberaterin, in die eigene Tasche zu wirtschaften.
2019 kam es deshalb zum Bruch mit dem mächtigen und ambitionierten DeSantis. Wiles war ihren Job los und galt fortan als Persona non grata unter Floridas Republikanern. Auch Trump, für den sie den Präsidentschaftswahlkampf im Sunshine State hätte koordinieren sollen, trennte sich von ihr.
Doch bereits einige Monate später änderte der damalige Präsident seine Meinung. Trump heuerte Wiles wieder an. Dabei ignorierte er auch die Proteste von DeSantis.
Dies kam ihm zugute, als DeSantis 2023 einen Anlauf nahm, Trump als Fahnenträger der Republikaner abzulösen. Geschickt platzierte seine ehemalige Vertraute Susie Wiles Anekdoten in den Medien, die DeSantis und seine Frau in einem schlechten Licht erscheinen liessen. Darunter litt der Präsidentschaftswahlkampf des Gouverneurs; bereits zu Beginn der Primaries im Jahr 2024 musste DeSantis deshalb aufgeben. Angesprochen auf diese Episode, sagte ein Vertrauter zu «Politico», Wiles sehe vielleicht harmlos aus, wie eine ältere Grossmutter, «aber sie ist ein Ninja».
Keine «Clowns» nach Belieben im Weissen HausDiese Episode zeigte auch, dass Wiles trotz ihrer Nähe zu Trump ein gutes Verhältnis mit Journalisten etablierter Massenmedien pflegt. Das wird ihr ab nächstem Januar auch in Washington zugutekommen. Ihre Ernennung könnte auch ein Vorbild für Trumps weitere Personalentscheidungen sein. In seiner ersten Amtszeit berief er viele Leute in sein Kabinett, die er zuvor nicht näher kannte, und wechselte diese dann in hohem Tempo wieder aus. Wiles arbeitet nun bereits knapp vier Jahre mit Trump zusammen. Sie ist loyal, aber gilt als politisch moderat, und der gewählte Präsident soll auf sie hören. Gemäss CNN hat Wiles auch eine Bedingung gestellt, bevor sie die neue Position antrat: «Die Clowns können nicht nach Belieben ins Weisse Haus kommen.»
Wen Wiles mit den Clowns gemeint hat, ist unklar. Aber womöglich meinte sie damit umstrittene Ideologen, Heisssporne und Verschwörungstheoretiker der Trump-Bewegung wie etwa seinen früheren Berater Steve Bannon, seinen ehemaligen Sicherheitsberater Micheal Flynn oder die Aktivistin Laura Loomer. Kritische Beobachter fürchten, dass Trump in seiner zweiten Amtszeit vor allem auf solch überaus loyale, aber inkompetente Leute in seinem Kabinett setzen wird. Wiles könnte ihm dies ausreden. Als Stabschefin hat sie zudem auch Einfluss darauf, wer Zugang zum Präsidenten hat und wer nicht.
Trotzdem ist der Begriff «Clown» durchaus dehnbar. Was ist etwa mit Robert F. Kennedy? Der eigenwillige Neffe des legendären Präsidenten John F. Kennedy hat seine unabhängige Präsidentschaftskandidatur beendet und dann Trump im Wahlkampf unterstützt. Trump seinerseits soll dem Impfgegner «die Kontrolle über die Gesundheitsbehörden» versprochen haben. Experten fürchten, dass er das öffentliche Vertrauen in Impfungen und die medizinische Wissenschaft untergraben könnte.
Eine der entscheidenden Positionen für Trump ist das Amt des Justizministers. Trump hat wiederholt klargemacht, dass er die seit der Watergate-Affäre verstärkte Unabhängigkeit des Justizministeriums beschneiden wolle. Dafür braucht er einen loyalen Justizminister. Zur Diskussion steht etwa die von ihm ernannte Bundesrichterin Aileen Cannon. Sie sorgte in Florida dafür, dass es in der Anklage gegen Trump wegen der Unterschlagung von Geheimdienstdokumenten nicht zu einem Prozess kam. Auch Jeffrey Clark soll im Gespräch sein. Trump wollte ihn 2020 nach seiner Wahlniederlage zum Justizminister machen, damit Clark ihm dabei hätte helfen sollen, das Wahlresultat umzustürzen. Weil Führungsspitzen im Justizministerium jedoch geschlossen mit Kündigungen drohten, setzte Trump sein Vorhaben nicht um.
Weitere Schlüsselpositionen sind das Verteidigungsministerium und das Aussenministerium. Ein möglicher Kandidat für diese Positionen ist Trumps früherer Secretary of State Mike Pompeo, der ideologisch allerdings eher ein traditioneller Transatlantiker und Internationalist ist. Eine Alternative ist der streitlustige Richard Grenell. Der frühere amerikanische Botschafter in Berlin und Trump-Vertraute will die Ukraine im Krieg mit Russland zu Kompromissen drängen, um einen schnellen Frieden zu erreichen. Damit liegt er mit Trump auf einer Linie.
Die Anwärter auf die wichtigsten Regierungsposten müssen indes vom Senat bestätigt werden. Die republikanische Mehrheit in der kleinen Parlamentskammer wird es Trump erleichtern, seine Wunschkandidaten zu bekommen. Die Ernennung allzu bunter «Clowns» könnte indes nicht nur Susie Wiles, sondern auch moderaten Republikanern im Senat zu weit gehen.