Warum der Börsen-Strompreis kurzfristig hochgeschossen ist

2 Tage vor
Problem der "Dunkelflaute" Strompreis kurzfristig auf neue Spitze gestiegen

Stand: 13.12.2024 16:07 Uhr

Strompreise - Figure 1
Foto tagesschau.de

Der Strompreis an der Pariser Strombörse erreichte gestern einen außergewöhnlich hohen Stand. Wie Energieexperten dies erklären - und warum eine schwedische Ministerin deswegen Deutschland kritisiert.

An der Pariser Strombörse Epex ist es Donnerstag am späten Nachmittag auf dem sogenannten Spotmarkt zu einer außergewöhnlichen Preisspitze gekommen. Zwischen 17 und 18 Uhr kostete eine Megawattstunde Strom etwas über 936 Euro, bevor sich der Preis wieder dem normalen Niveau annäherte.

Üblicherweise werden derzeit dort Beträge aufgerufen, die etwa um die Marke von 100 Euro pendeln. Auf dem Spotmarkt werden kurzfristig erforderliche Kapazitäten eingekauft, die zum sofortigen Verbrauch benötigt werden.

"Alarmierende Entwicklung"

Solche Preisspitzen seien inzwischen nicht mehr ungewöhnlich, sagte der Experte Andreas Schroeder tagesschau.de. Schroeder ist Head of Energy Analytics bei ICIS, einem Informationsdienst für Preisdaten am Energiemarkt. "Gerade in dieser Herbst-Winter-Saison beobachten wir das Phänomen von derartigen Preisspitzen bereits häufiger. Das Problem hat sich über die vergangenen Jahre verschärft." Man könne diese Entwicklung durchaus als alarmierend bezeichnen.

Ursache für den Preissprung ist eine sogenannte "Dunkelflaute". Mit diesem Phänomen bezeichnet man besondere Wetterlagen, in denen sowohl Dunkelheit als auch Windflaute herrscht. Entsprechend gering ist dann die Stromproduktion durch Solar- oder Windkraftanlagen. Dunkelflauten treten besonders im Herbst oder im Winter auf, also in einer Zeit, wenn gleichzeitig ein erhöhter Strombedarf besteht und die Temperaturen niedrig sind. Stößt die hohe Nachfrage auf ein gleichzeitig verknapptes Angebot, geht der Preis nach oben.  

"Scheint viel Sonne und weht viel Wind, dann sind die Preise sehr niedrig, in der Dunkelflaute kann es starke Preisausschläge nach oben geben. Dies gleicht sich aber bei langfristiger Beschaffung, was die meisten Versorger so handhaben, aus", erklärt auch Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, gegenüber tagesschau.de.   

Strompreise - Figure 2
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Es mangelt an Flexibilität im Stromnetz

Experte Schroeder erklärt die Preisspitzen so: "Man hat den Ausbau von Wind- und Solarenergie nicht flankiert mit mehr Flexibilität im Stromnetz. Es besteht eine Kapazitätslücke." Im Grunde handele es sich bei solchen Preisspitzen um Zeichen für Versäumnisse der Energiewende. "Es mangelt an Reservekapazitäten, die in solchen Fällen einspringen können."

Zu einen stünden zu wenig Reserven in Form von konventionellen Kraftwerken zur Verfügung, sagt Schroder. "Weitere Faktoren, die in solchen Lagen für die gewünschte Flexibilität sorgen würden, und die jetzt fehlen, sind beispielsweise Batteriespeicher, Laststeuerung und der Netzausbau."

"Wichtig sind in diesen Zeiten Stromspeicher sowie Möglichkeiten, Strom effizienter zu nutzen", erklärt Andreae. "Insgesamt werden wir mehr Speicher und mehr Flexibilitäten im Stromsystem brauchen, damit die Erzeugung, der Verbrauch und die Speicherung besser und kostengünstiger in Einklang gebracht werden können."

Was bedeutet das für die Verbraucher?

Für die Mehrzahl privater Stromkunden haben solche Kapriolen am Strommarkt indes zunächst keine Folgen, da sie nicht am Spotmarkt Strom beziehen. Die meisten Verbraucher haben einen monatlichen oder jährlichen festen Tarif vereinbart. "Für die privaten Kundinnen und Kunden sind vor allem langfristige Durchschnittspreise wichtig. Wir haben im vergangenen Jahr Preisausschläge nach oben, aber eben auch nach unten gesehen", sagt die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Sehr viele Versorger beschafften sich den benötigten Strom für Stromverträge mit langer Preisbindung langfristig in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten. "Mit dieser Strategie werden Preisausschläge nach oben und nach unten an den Strombörsen für die Endkundinnen und Endkunden geglättet und abgemildert", so Andrae.

Die Industrie sei zwar direkter betroffen als Verbraucher, aber auch da gebe es in der Regel einen monatlich oder jährlich vereinbarten Durchschnittspreis, sagt der Experte Andreas Schroeder.

Von günstigen Spotpreisen profitieren?

Allerdings gibt es auch Unternehmen, die von den variablen Strompreisen an der Börse profitieren möchten. Auch privaten Verbrauchern stehen flexible Preismodelle zur Verfügung. Entwickelt sich der Strommarkt günstig, lässt sich so Geld sparen. So kann die Produktion beispielsweise auf Zeiten verlagert werden, in denen niedrige Preise zu erwarten sind. Und Verbraucher können ihre Waschmaschine dann benutzen, wenn es besonders günstig ist. Gleichzeitig müssen Betriebe womöglich ihre Anlagen stoppen, wenn es die Preise besonders hoch sind.

In Schweden beispielsweise sind solche "dynamischen" Privatkunden-Tarife üblich. Dort hatte die Preisspitze am Donnerstag direkte Folgen. Wie schwedische Medien berichteten, kostete zehn Minuten Duschen dort zeitweise umgerechnet 4,30 Euro. "Sauber sein hat seinen Preis", sagte ein Energie-Experte in den schwedischen Nachrichten.

Harsche Kritik aus Schweden

Ebba Busch, die christdemokratische Wirtschafts- und Energieministerin des Landes, übte deswegen ungewöhnlich harsche Kritik an Deutschland. "Ich bin sauer auf die Deutschen", sagte sie. Trotz der Invasion Russlands in der Ukraine habe die Bundesrepublik ihre letzten Atomkraftwerke abgeschaltet, gleichzeitig aber keine Strompreiszonen eingeführt. Die deutsche Energiepolitik sei unverantwortlich.

Der deutsche und der schwedische Strommarkt sind vernetzt. Wenn in Deutschland zu wenig Strom produziert wird, kauft das Land Energie in Skandinavien dazu. Somit wirkt sich der Strompreis in Deutschland auf die Preisstruktur beispielsweise in Schweden aus.

Strompreiszonen hätten zur Folge, dass der Strom in Norddeutschland billiger wäre als beispielsweise in Bayern - weil dort mehr Windstrom produziert wird. Damit wäre das Gefalle zwischen schwedischen und norddeutschen Preisen nicht mehr so hoch.

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