Ausgezeichnete Gesellschaftsspiele: »Sky Team« ist das Spiel des ...

22 Jul 2024

»Sky Team«: Strategisches Denken und Handeln bei eingeschränkter Kommunikation

Foto: Scorpion Masqué

Wie schwierig ist es, ein Passierflugzeug sicher zu landen? »Sky Team« des französischen Spieleautors Luc Rémond versucht sich an einer spielerischen Antwort – und die hat die Jury von »Spiel des Jahres« überzeugt. Mit »Sky Team« gewann erstmals ein reines Zwei-Personen-Spiel die begehrte Auszeichnung.

Spiel des Jahres 2024 - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

»Kennerspiel des Jahres 2024« wurde »e-Mission« von Matt Leacock und Matteo Menapace. Hier übernehmen die Spielerinnen und Spieler die Rolle von Weltmächten und versuchen, die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Jede Weltmacht arbeitet an ihren eigenen Projekten, doch nur gemeinsam kann der CO₂-Ausstoß so stark eingedämmt werden, dass der Wendepunkt beim Kampf gegen die Katastrophe erreicht wird.

Insgesamt haben die Jurymitglieder rund 475 Spiele gesichtet, die in den vergangenen zwölf Monaten erschienen sind, deutlich mehr als im Vorjahr. Aus der Fülle der Spiele wurden jeweils drei zum »Spiel des Jahres« und zum »Kennerspiel des Jahres« nominiert. Auffällig ist in diesem Jahr, dass unter den elf nominierten Spieleautoren keine Deutschen vertreten waren. Die innovativsten Spiele wurden in diesem Jahr in Frankreich, Italien und den Vereinigten Staaten entwickelt.

Im Rahmen der Veranstaltung in Berlin wurde zudem das »Kinderspiel des Jahres 2024« verliehen. Es gewann »Die magischen Schlüssel« der österreichischen Autoren Arno Steinwender und Markus Slawitschek, erschienen bei Game Factory. In dem Spiel für Kinder ab sechs Jahren lässt sich eine magische Schatztruhe nur mit dem passenden Schlüssel öffnen, welcher erst noch gefunden werden muss.

Diese Brettspiele waren zum »Spiel des Jahres 2024« nominiert:

Spiel des Jahres

Das »Spiel des Jahres« ist der weltweit renommierteste Preis für Gesellschaftsspiele und wird seit 1979 von einer Kritiker-Jury verliehen. Der als »roter Pöppel« bezeichnete Preis zielt darauf ab, die Öffentlichkeit für die kulturelle Bedeutung von Spielen zu sensibilisieren und herausragende Spiele zu würdigen. Seit 2001 gibt es das »Kinderspiel des Jahres«, mit dem »Kennerspiel des Jahres« werden seit 2011 etwas komplexere Spiele ausgezeichnet. Bekannte »Spiel des Jahres«-Sieger sind u.a. »Scotland Yard« (1983), »Die Siedler von Catan« (1995), »Carcassonne« (2001) und »Zug um Zug« (2004). Die Auszeichnung wirkt sich extrem verkaufsfördernd aus.

Spiel des Jahres 2024 - Figure 2
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Sky Team

Foto: Scorpion Masqué

»Sky Team« ist eine Rarität: Reine Zwei-Personen-Spiele werden nur äußerst selten für das »Spiel des Jahres« nominiert, zuletzt wurde 2012 dem hochgelobten »Targi« die Ehre zuteil.

In »Sky Team« übernehmen zwei Spielende die Rollen von Piloten, die gemeinsam eine Passagiermaschine sicher landen müssen. Das Spiel ist also kooperativ. Das Spielbrett ist wie eine Cockpitkonsole gestaltet und erfordert strategisches Denken und Handeln bei eingeschränkter Kommunikation. Jede Runde werden geheim geworfene Würfel auf der Konsole platziert, um wichtige Flugmanöver wie Geschwindigkeitsanpassungen, Kurskorrekturen und Höhenkontrollen durchzuführen. Dabei müssen auch unerwartete Herausforderungen wie vereiste Landebahnen oder Kerosinlecks gemeistert werden.

Das Spiel bietet Abwechslung durch eine Auswahl von rund 20 verschiedenen Zielorten, die jeweils eigene spezifische Herausforderungen darstellen.

Die Begründung der Jury für die Nominierung:

»›Sky Team‹ überzeugt spielerisch, atmosphärisch und thematisch auf ganzer Linie. Die kurzen Partien sind im Erfolgsfall hoch belohnend und kitzeln bei einer missglückten Landung, es sofort erneut zu versuchen. Mit jedem neuen Versuch pendeln sich beide Rollen besser aufeinander ein, lernen gemeinsam, wie die Kommunikation ohne Worte gelingt und meistern so auch die schwierigeren Module.«

Sky Team von Luc Rémond, Kosmos/Scorpion Masqué, für genau 2 Personen ab 10 Jahren (Verlagsempfehlung ab 12), Anforderung: mittel, ca. 20 Minuten Spielzeit, Preis: ca. 30 Euro​.

Spiel des Jahres 2024 - Figure 3
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Auf den Wegen von Darwin

Foto: Asmodee

»Der junge Darwin war forsch, aber wir sind Forscher!« Dieser Knallersatz, mit dem die Jury ihre Beschreibung des Spiels »Auf den Wegen von Darwin« beginnt, muss hier selbstverständlich übernommen werden. Die Spielerinnen und Spieler segeln mit der berühmten »Beagle« um die Kartenauslage und sammeln nach einfachen, aber spannenden Regeln Tiere und historische Persönlichkeiten ein. Alles kommt in die Forschungsbücher, die vor den Spielerinnen und Spielern ausliegen. Wenn alle jeweils zwölf Plättchen bekommen haben, ist Schluss. Siegpunkte gibt es für passende Tiere, geografische Gebiete und Publikationen. »Auf den Wegen von Darwin« ist ein ansprechend verpacktes, aber doch eher einfaches Sammelspiel, welches schon Achtjährige gut mitspielen können.

Die Begründung der Jury für die Nominierung:

»›Auf den Wegen von Darwin‹ verbindet ein überschaubares, in sich schlüssiges und leicht erklärbares Regelwerk mit überbordender Freude an der Umsetzung des Themas. Die kurzen Züge mit vielen Optionen fühlen sich belohnend an und erzeugen einen hohen Wiederspielreiz. Die schöne Ausstattung hilft, auch neue Forschungscrews an Bord der ›Beagle‹ zu locken.«

Auf den Wegen von Darwin, Sorry We Are French, für 2 bis 5 Personen ab 8 Jahren, Anforderung: niedrig, ca. 30 Minuten Spielzeit, ca. 35 Euro.

Captain Flip

Foto: PlayPunk

In »Captain Flip« schlüpfen die Spielerinnen und Spieler in die Rollen von Piratenkapitänen und versuchen, ihre Crew zu erweitern und wertvolle Beute zu sammeln. Jede Runde stellt sie vor die Entscheidung, ein Crewmitglied sofort aufzunehmen oder das Plättchen umzudrehen (Englisch: »to flip«) und mit etwas Glück ein noch besseres Crewmitglied zu erhalten. Die Plättchen werden dann auf dem Schiff so ausgelegt, dass sie möglichst viele Punkte einbringen. Das Spiel endet, wenn vier von fünf Spalten gefüllt sind. Wer die größte Beute gemacht hat, gewinnt. Eine Partie dauert nur 20 Minuten und bietet dank vier verschiedener Pläne eine gewisse Abwechslung. Trotzdem ist »Captain Flip« ein sehr einfaches Spiel und von einigen Mitspielerinnen und Mitspielern schon nach zwei, drei Runden als zu seicht empfunden worden.

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Die Begründung der Jury für die Nominierung:

»Das sehr zugängliche Legespiel bietet einfache Entscheidungen, bei denen alle mitfiebern. Mit sehr geringem Regelaufwand entsteht so ein packendes Spielerlebnis, das bis zum Schluss spannend bleibt. Das Glück kann sich schnell wenden – und wer es zu sehr strapaziert, kann auch komplett aus der Wertung fliegen. Das ist dank der kurzen Spieldauer nicht weiter dramatisch: Die Forderung nach einer Revanche wird meist umgehend in die Tat umgesetzt.«

Captain Flip von Paolo Mori und Remo Conzadori, PlayPunk, für 2 bis 5 Personen ab 8 Jahren, Anforderung: niedrig, ca. 20 Minuten Spielzeit, Preis: ca. 25 Euro.

Diese drei Brettspiele waren zum »Kennerspiel des Jahres 2024« nominiert:

e-Mission
Foto: Schmidt Spiele

In »e-Mission« bekämpfen die Spielerinnen und Spieler gemeinsam den Klimawandel und übernehmen jeweils als Weltmacht die Verantwortung für globale Projekte wie den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen oder Katastrophen-Frühwarnsysteme. Sie verstärken Projekte mit Handkarten und ersetzen sie durch neue, um gegen Erderwärmungseffekte wie Eisschmelze und Waldsterben anzukämpfen. Ziel ist es, innerhalb von maximal sechs Runden den CO₂-Ausstoß entscheidend zu senken.

Was wie die Fortsetzung eines Siebzigerjahre-Lernspiels klingt, ist das neueste Werk von Matt Leacock, dem führenden Autor kooperativer Brettspiele (u.a. »Pandemic«, »Pandemic Legacy«), der zwar schon mehrfach für die prestigeträchtige Auszeichnung nominiert war, aber noch nie gewann.

Die Begründung der Jury für die Nominierung:

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»›e-Mission‹ ist brillant ausgetüftelt, spannend und lehrreich – und zeigt den Wert der Zusammenarbeit auf: Wenn alle am selben Strang ziehen, können wir diese globale Krise noch bewältigen. Dem Autorenduo gelingt es außerdem, das hochbrisante, aktuelle Thema der Klimakrise so zu verpacken, dass es ohne erhobenen Zeigefinger daherkommt. Dass die Projekte und Forschungsideen auf den Karten auf realen Forschungen und Projekten basieren, lädt zum Diskutieren und Weiterbilden auch nach der Partie ein.«

e-Mission von Matt Leacock und Matteo Menapace, Schmidt Spiele, für 1 bis 4 Personen ab 12 Jahren (Verlagsempfehlung ab 10), Anforderung: hoch, 60 bis 120 Minuten Spielzeit, Preis: ca. 78 Euro​.

Die Gilde der fahrenden Händler

Foto: Skellig Games

In »Die Gilde der fahrenden Händler« begeben sich die Spielerinnen und Spieler auf eine Entdeckungsreise, um unerschlossene Gebiete zu erkunden, neue Siedlungen zu gründen und Handelsstraßen zu errichten. Zu Beginn erhält jede Person einen identischen Spielplan, auf dem sie ihre Expedition starten. Anhand von Geländekarten wird festgelegt, welche Gebiete erkundet werden können. Erkundete Regionen werden durch kleine Klötzchen markiert und können zu Siedlungen ausgebaut werden, die als Ausgangspunkte für weitere Entdeckungen dienen. Der Clou an diesem Spiel ist nämlich, dass in jeder der vier Phasen des Spiels eine neue Expedition startet und die meisten Bauten zwischen den Phasen entfernt werden.

Die Spielerinnen und Spieler nutzen individuelle Stärken und sammeln Schätze in Ruinen und Schiffswracks oder Ruhm durch Aussichtstürme. Wer geschickt Städte verbindet und Karten optimal nutzt, wird gewinnen. »Die Gilde der fahrenden Händler« wurde als »Roll’n’Write«-Brettspiel bezeichnet, weil es sich ähnlich anfühlt wie ein Ankreuz-Spiel mit Würfeln. Zudem hat es Ähnlichkeiten mit dem sehr guten 2020 zum »Kennerspiel des Jahres« nominierten »Der Kartograph«.

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Die Begründung der Jury für die Nominierung:

»Diese königliche Expedition ist leicht und zugänglich, ohne strategische Tiefe vermissen zu lassen. Die individuellen Erkundungsfähigkeiten sorgen für viel Abwechslung und laden zum Experimentieren ein. Die vier Pläne, die die unterschiedlichen Regionen des Landes abbilden, bieten zusätzliche Variation und weitere Anreize durch neue Spielmechaniken.«

Die Gilde der fahrenden Händler von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert, Skellig Games/AEG, für 1 bis 4 Personen ab 10 Jahren (Verlagsempfehlung ab 14), Anforderung: mittel, ca. 45 Minuten Spielzeit, Preis: ca. 45 Euro

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens

Foto: Asmodee

Vor 20 Jahren gewann »Zug um Zug« das »Spiel des Jahres 2004«. Seitdem ist das Spiel nicht mehr wegzudenken aus dem Kanon der modernen Brettspiele. Jetzt ist mit »Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens« wieder ein Spiel der Reihe nominiert. Wie konnte es dazu kommen?

Wie der Name vorgibt, handelt es sich bei diesem »Zug um Zug« um ein Legacy-Spiel, was bedeutet, dass ein Kampagne bestehend aus mehreren Spielen durchgespielt wird und jede Entscheidung dauerhafte Auswirkungen auf zukünftige Partien hat. Die Spielerinnen und Spieler gestalten den Spielplan mit Stickern, entdecken neue Landesteile und zerstören Karten, um die Geschichte des Spiels voranzutreiben. Das Spiel thematisiert die Erschließung des amerikanischen Westens per Eisenbahn, wobei verschiedene Gesellschaften um die lukrativsten Strecken konkurrieren. Keine Kampagne gleicht der anderen, und mit jeder Partie kommen neue Herausforderungen und Regeländerungen hinzu, die für Abwechslung sorgen.

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Foto DER SPIEGEL

Allerdings spielt man solche Kampagnen am besten mit derselben Gruppe durch, was es schwierig machen kann, »Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens« auf den Tisch zu bekommen. Zudem dürfte das Spiel mit einem Preis von rund 120 Euro das teuerste jemals nominierte Spiel sein.

Die Begründung der Jury für die Nominierung:

»Von der Ostküste nach Kalifornien: Nach und nach erschließen wir in zwölf Partien das Land. Mit jedem neuen Kartenteil überrascht uns die Legacy-Kampagne von ›Legenden des Westens‹ mit einzigartigen ›Zug um Zug‹-Momenten. Das hebt den 20 Jahre alten Klassiker auf ein neues Niveau. Einfallsreich sind nicht nur die vielen Mini-Spiele, die zunächst noch in Boxen versteckt sind. Geradezu genial ist der Effekt, der uns nach der ersten Partie erwartet. Was das ist? Das sollte jeder selbst erleben!«

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens von Rob Daviau, Matt Leacock und Alan R. Moon, herausgegeben von Days of Wonder, für 2 bis 5 Personen ab 10 Jahren, Anforderung: mittel, 20 bis 90 Minuten Spielzeit, Preis: ca. 120 Euro​.

Anmerkung der Redaktion: Unsere Kollegin Maren Hoffmann, Redakteurin im Ressort Job und Karriere, ist Mitglied der »Spiel des Jahres«-Jury.

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