Erfolgreicher Testflug: Die heimliche Chefin in Elon Musks ...

4 Tage vor

Mitarbeiterin Nummer 11: Bei SpaceX ist Gwynne Shotwell fast von Anfang an dabei

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Richard Carson / REUTERS

SpaceX - Figure 1
Foto manager-magazin.de

Nach einem knapp neunminütigen Testflug ist am Sonntag die erste Stufe der Mega-Rakete Starship kontrolliert zur Startrampe am Weltraumbahnhof Starbase im südtexanischen Boca Chica zurückgekehrt. Erstmals gelang dem Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk (53) damit das Wiederauffangen der Raketenstufe – ein wichtiger Schritt in Richtung des Ziels, auch große Raketen wiederzuverwerten und Raumflüge dadurch kostengünstiger zu machen. Die Frau, die all das von Anfang an koordinierte, reagierte inmitten des ausbrechenden Jubels fast sprachlos. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, schrieb Gwynne Shotwell (60) zu einem Firmenvideo der erfolgreichen Landung auf Musks Plattform X.

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Das passt zur Rollenverteilung. Während Musk die Bühnen stürmt und auch die historische Landung der Riesenrakete feierte, hält Shotwell sich eher im Hintergrund. Dabei ist sie die heimliche Chefin des Mega-Start-ups, das bei einer Finanzierungsrunde in diesem Sommer erst mit 210 Milliarden Dollar bewertet wurde und damit als das wertvollste Start-up der Welt gilt. Shotwell prägt das Unternehmen seit den Anfängen – im Gründungsjahr 2002 war die Ingenieurin Musks elfte Mitarbeiterin bei SpaceX. Seit 17 Jahren ist sie offiziell die Nummer zwei der Raumfahrtfirma. Als COO und Präsidentin verantwortet sie unter anderem das Tagesgeschäft, das Wachstum, die wichtigsten Kundenbeziehungen. Und da ihr Chef seine CEO-Rolle nur als Teilzeit-Job wahrnehmen kann – er hat bekanntlich noch ein paar andere Verpflichtungen und Projekte – ist sie es, die den Laden schmeißt.

In der Branche bekommt sie viel Anerkennung. Zum Beispiel vom ehemaligen Astronauten und Nasa-Administrator Bill Nelson (82). Angesichts von Musks erratischem Verhalten suchte er schon vor Jahren das Gespräch mit Shotwell berichtete anschließend beruhigt: „Ich habe sie mit einem Lächeln auf dem Gesicht umarmt, weil ich weiß, dass sie dieses Ding leitet. Sie führt SpaceX.“

Shotwell hat eine Firma der Superlative gebaut. SpaceX ist die erste private Firma, die Menschen ins All beförderte. Das erste Team, das eine Rakete baute, die nicht nur abheben, sondern auch landen und wiederverwendet werden kann. SpaceX konnte so die Kosten für Transporte, zum Beispiel zur Internationalen Raumstation ISS, massiv senken und stiegt innerhalb weniger Jahre zum Marktführer für kommerzielle Weltraumflüge auf. Und niemand bringt mehr Satelliten ins All.

Mit dem Starship-Raketensystem will Shotwell nun die nächste Stufe erreichen. Es besteht aus einer 70 Meter hohen ersten Antriebsstufe namens Super Heavy und einer 50 Meter langen Raumfähre namens „Starship“ mit zusätzlichen Antrieben. Mit ihren mehr als 120 Metern ist die Rakete größer als etwa die Münchener Frauenkirche. Beim letzten Testflug einer Starship-Rakete im Juni war erstmals eine Landung im Wasser gelungen. Beim jetzigen Testflug landete die Kapsel wie geplant im Indischen Ozean – und die Rakete landete wieder auf am Turm des Weltraumbahnhofs in Texas. Eines Tages wollen Musk und Shotwell mit der Rakete Menschen zum Mars bringen. Und, etwas realistischer: Die US-Raumfahrtbehörde Nasa will Starship für ihre Mondlandemission Artemis 3 einsetzen, die für das Jahr 2026 geplant ist.

Ohne Shotwell wäre all das nicht möglich gewesen. Sie ist in der Nähe von Chicago aufgewachsen und hat an der Northwestern University Maschinenbau und angewandte Mathematik studiert. Nach einem kurzen Abstecher in die Automobilbranche ging sie ins Weltraumbusiness. Sie arbeitete über zehn Jahre für die Aerospace Corporation, ein staatlich finanziertes Forschungszentrum für Weltraumforschung; anschließend wechselte sie zum Raketen-Start-Up Microcosm, wo Musk sie abwarb.

„Geht Risiken ein in eurer Karriere"

Es war ein hochriskanter Karriereschritt für Shotwell. Musk war im Prinzip branchenfremd, auch seine Tesla-Erfolge waren da noch nicht abzusehen. Zum damaligen Zeitpunkt glaubte kaum jemand in der Branche an die SpaceX-Vision kostengünstiger Raketenstarts – ganz zu schweigen von anschließenden Landungen: Raketen waren damals Einwegprodukte. Für sie war der Wechsel ein entscheidender Schritt auf dem Weg nach oben. Als wichtigsten Karrieretipp für junge Menschen nennt sie bis heute: „Geht Risiken ein in eurer Karriere."

Neben Mut und Weitsicht beweist sie dabei auch Humor. Gefragt, was sie ursprünglich für Führungspositionen im Weltraumbusiness qualifiziert habe, antwortete sie einmal: „Ich habe meinen Hintergrund als Ingenieurin, meine Wirtschaftskenntnisse aus dem Studium und meine Erfahrung als Cheerleader in der High School kombiniert.“

Der kommerzielle Durchbruch gelang SpaceX 2008, als das Start-up einen Vertrag mit der Nasa über 1,6 Milliarden US-Dollar für 12 Versorgungstransporte zur ISS unterzeichnete. Bei Vertragsabschluss hatte SpaceX noch keinen erfolgreichen Raketenstart vorzuweisen. Die Verhandlungen führte: natürlich Shotwell. Inzwischen beschäftigt SpaceX rund 13.000 Menschen, 21 davon berichten direkt an Shotwell.

Menschen aus ihrem Umfeld beschreiben sie als pragmatische, unaufgeregte, hart arbeitende Ingenieurin, die an einer Mission arbeitet, die ihr wichtig ist – und die kein Problem damit hat, dass fast alle automatisch auf Elon Musk schauen, wenn von SpaceX die Rede ist.

Loyal gegenüber Elon Musk

Das große und visionäre Denken habe sie von Musk gelernt, sagte Shotwell einmal in einem Interview gegenüber Forbes . Während viele über Musks unrealistisch anmutende Pläne den Kopf schütteln würden, habe sie gelernt, damit umzugehenl: „Man muss genau hinhören und verstehen, was er wirklich sagen will." Musk habe nicht immer recht, liege aber erstaunlich häufig richtig.

Sie arbeite gerne mit Elon Musk zusammen, betont die COO von SpaceX in einem Ted-Interview . Immer wieder beweist sie ihre Loyalität. Im Sommer 2022 verfasste eine Gruppe vom SpaceX Mitarbeitern einen Protestbrief, in dem sie forderten, dass sich das Unternehmen von CEO Musk distanziere, weil dieser durch seine öffentlichen Auftritte für Ablenkung und Beschämung sorge. Shotwell griff hart durch, ließ vermelden, dass sie „solchen Aktivismus, der über das Ziel hinausschießt“ nicht toleriere und entließ sogar einige der Beteiligten.

Zuletzt sprang sie ihm wegen Behauptungen über sein Verhalten gegenüber weiblichen SpaceX-Mitarbeiterinnen zu Hilfe. Als Reaktion auf einige der Behauptungen in einem Bericht des „Wall Street Journal" sagte Shotwell: „Elon ist einer der besten Menschen, die ich kenne."

Während einer Veranstaltung wurde Gwynne Shotwell einmal gefragt, wo sie hinfliegen würde, wenn sie ein persönliches Starship hätte. „Auf den Mond", antwortete sie. Warum denn nicht auf den Mars, wo das doch das große Ziel von SpaceX sei? „Ich mag kein Camping und dort sind die Bedingungen doch sehr extrem. Und die Reise dauert 6 Monate. Wenn es mir auf dem Mond nicht gefällt, dann fliege ich schnell wieder nach Hause."

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