Signa-Holding-Insolvenz: Ist Galeria als nächstes dran?

1 Dez 2023

Ankerpunkte vieler Innenstädte

Bildunterschrift anzeigen

Bildunterschrift anzeigen

Signa Holding - Figure 1
Foto RND

Galeria Kaufhof in Wuppertal: Wie weiter mit der Kaufhauskette?

© Quelle: Tim Oelbermann

Artikel anhören

• 6 Minuten

Nach dem Insolvenzantrag der Signa Holding steht die Zukunft der angeschlagenen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof auf der Kippe. Schon im Januar könnte es ernst werden, glauben Handels­experten. Der Städte- und Gemeindebund warnt vor den Folgen für die Innenstädte – und pocht auf einen Sanierungsfahrplan.

Share-Optionen öffnen

Share-Optionen schließen

Mehr Share-Optionen zeigen

Mehr Share-Optionen zeigen

Die Dominosteine in René Benkos Imperium fallen: Die in Zürich ansässige Signa Retail Selection, ein Tochter­unternehmen der seit Mittwoch zahlungsunfähigen Signa Holding, will die 92 verbliebenen Galeria-Filialen verkaufen – und sich dann selbst auflösen. Fachleute gehen von einem schwierigen Unterfangen aus. Gut möglich, dass nur knapp zwei Dutzend Standorte übrig bleiben.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die Signa Retail Selection hat nur wenige Stunden nach der Insolvenz der Dachgesellschaft beim zuständigen Gericht eine „Nachlassstundung“ beantragt. Mit dem Instrument aus dem Schweizer Insolvenzrecht kann der Zugriff von Gläubigern verhindert werden.

Noch 92 Galeria-Filialen nach Umstrukturierung

Die Züricher Firma teilte mit: „Dieser Schritt ermöglicht es dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit dem Sachwalter das Geschäft eigenverantwortlich und unabhängig von den Insolvenzen der restlichen Signa-Gruppe geordnet und transparent abzuwickeln.“ Es gehe darum, die Vermögenswerte über die nächsten Monate zu veräußern. Gemeint sind die Kaufhäuser.

Signa Holding - Figure 2
Foto RND

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Nach vielen Umstrukturierungen und zwei Insolvenzverfahren sind von der ehemaligen Warenhauskette Kaufhof und Karstadt nur noch 92 Filialen mit rund 12.000 Beschäftigten übrig.

Verdi: Hiobsbotschaften sorgen für Unruhe

Corinna Groß, Fachgruppenleiterin Handel bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die immer neuen Hiobsbotschaften bei Signa sorgen bei den Beschäftigten von Galeria für Unruhe.“ Zuletzt habe es noch Lichtblicke gegeben: Verdi habe für die Beschäftigten Sonderzahlungen in Höhe von 500 Euro durchsetzen können.

Unbezahlbar

Unser Newsletter begleitet Sie mit wertvollen Tipps und Hintergründen durch Energiekrise und Inflation – immer mittwochs.

Auch das Weihnachtsgeschäft sei gut angelaufen, so Groß, die sich jetzt nicht an Spekulationen beteiligen will: „Klar ist aber, dass ein Eigentümer, der Kompetenz in der Handelsbranche mitbringt, eine gute Lösung für uns und die Kolleginnen und Kollegen bei Galeria wäre.“

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Wie geht es in den kommenden Wochen weiter?

Wie es in den nächsten Monaten weitergeht, ist schwer vorherzusagen, auch weil die Besitzverhältnisse unübersichtlich sind. Die deutschen Warenhäuser werden von der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH mit Sitz in Essen betrieben. Die Liegenschaften, in denen die Kaufhäuser Mieter sind, gehören aber zu verschiedenen Signa-Gesellschaften und teils auch anderen Investoren. Für die Fortführung der Geschäfte dürfte wichtig sein, was mit den vielfach relativ hohen Mietzahlungen geschieht. Es wird bereits über massive Nachlässe spekuliert.

Signa Holding - Figure 3
Foto RND

Der Handelsexperte Gerrit Heinemann geht jedenfalls davon aus, dass die Gruppe das Weihnachtsgeschäft überstehen kann. Im Januar könne es aber ernst werden, auch weil von zugesicherten Zahlungen der Signa Holding über 200 Millionen Euro bislang nur ein kleiner Teil angekommen sei und nun kein Geld mehr fließen werde.

Handelsexperte hat Zweifel am Geschäftsmodell der Warenhäuser

Heineman hat grundlegende Zweifel am Geschäftsmodell der Warenhäuser: „Es gibt keinen Grund, warum es jetzt die große Kehrtwende und Renaissance für Galeria geben sollte“, sagte er dem RND. Bei Galeria sei „die unterkritische Unternehmensgröße“ erreicht. Das Unternehmen sei auf Dauer nicht mehr lebensfähig, auch weil das permanente Downsizing für den Einkauf zu immer ungünstigeren Konditionen führt. Der Punkt ohne Wiederkehr sei längst überschritten.

Handelsexperte über China-App: „Temu ist aggressiv, innovativ und nicht aufzuhalten“

Eine neue Smartwatch für 10 Euro? Da kann man schon mal in Versuchung kommen, über die chinesische App Temu zu bestellen. Findet auch der Handelsexperte Alexander Graf. Viele Menschen ignorieren jedoch die Gefahren, die von dieser Revolution im Onlinehandel ausgehen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Der Handelsexperte geht zwar davon aus, dass ein Restnukleus in den Metropolen erhalten werde. Allerdings betont er: „Immer wieder wird über die Magnetfunktion der Warenhäuser gesprochen – das hat sich längst erledigt.“ Dafür seien die Umsätze und die Kundenfrequenz bei Galeria viel zu gering. Jede Aldi-Filiale habe mittlerweile eine höhere Frequenz als ein durchschnittliches Warenhaus.

Signa Holding - Figure 4
Foto RND
Wie weiter in den deutschen Innenstädten?

Heinemann appelliert an die Kommunen, mögliche Schließungen auch als eine Chance für die Innenstädte zu sehen: „Warenhäuser sind hässliche Betonklötze und inzwischen nichts weiter als von Mietpreisen getriebene Anlageobjekte.“ Was aber nicht funktioniere, sei eine Handelsnachnutzung. Es müssten Alternativen gefunden werden. So könnten auch Mixed-Use-Konzepte umgesetzt werden – beispielsweise mit Hotel, Kita und Pflegeeinrichtungen. Es gehe darum, die Innenstadt wieder zu beleben.

Der Städte- und Gemeindebund pocht indes darauf, die Standorte zu erhalten. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sprach angesichts des Insolvenzverfahrens der Signa Holding von einer „schlechten Nachricht“ für die Galeria-Kaufhausstandorte. „Ob und inwieweit ein Sanierungsverfahren zum Erfolg führt, ist derzeit völlig offen“, sagte er dem RND. „Damit droht über 90 Galeria-Standorten, die eigentlich langfristig fortgeführt werden sollten, das Aus und damit den betroffenen Kommunen eine weitere Zuspitzung der Lage.“ Leerstände hätten ohnehin schon zugenommen.

Galeria-Kaufhäuser als wichtige Ankerpunkte in Fußgängerzonen

Um Innenstädte weiter attraktiv und lebenswert zu halten, sei nun wichtig, die Schließung der verbliebenen Standorte durch einen klaren Sanierungsfahrplan abzuwenden. „Galeria-Kaufhäuser sind in vielen Fußgänger­zonen weiterhin wichtige Ankerpunkte“, glaubt Landsberg. Allerdings betont er auch: Unprofitable Standorte könnten nicht wieder und wieder mit Steuergeldern gerettet werden.

Signa Holding - Figure 5
Foto RND

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Blick auf ein Kaufhaus von Galeria Karstadt Kaufhof in Bonn. In vielen Städten gehören die Warenhäuser zum Stadtbild.

© Quelle: Thomas Banneyer/dpa

Sollte ein Kaufhaus nicht gerettet werden können, müssten in enger Abstimmung mit den Städten und den Immobilieneigentümern attraktive Nachnutzungskonzepte entwickelt werden, findet Landsberg. Und fordert: „Immissionsschutz und Bauordnungsrecht dürfen hier nicht zu einer Blockade führen.“

Auch SportScheck stellt Insolvenzantrag

Zudem müssten Städte und Gemeinden die Möglichkeit erhalten, Einzelhandelsimmobilien im Einzelfall auch zwischenzunutzen oder selbst zu erwerben. Hierzu sei eine Unterstützung von Bund und Ländern erforderlich, beispielsweise durch einen Innenstadtfonds.

Noch am Donnerstag fiel ein weiterer Stein des Benko-Imperiums: Auch der zur Signa Holding gehörende Sportartikelhändler SportScheck stellte Insolvenzantrag. Das teilte das Unternehmen mit.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche