Insolvenz Signa Holding: So geht es für Galeria Karstadt Kaufhof ...

30 Nov 2023
Signa Holding
Insolvenz Signa-Holding Der nächste Akt im Galeria-Drama beginnt

Nach dem Insolvenzantrag der Signa Holding zeichnen sich auch für Deutschlands letzte große Warenhauskette neue Probleme ab. So könnte es nun für Galeria weitergehen.

Die warme Heizungsluft flimmert, als ein Kunde durch die Glastür der Galeria-Filiale in Bielefeld in das Kaufhaus eilt. Das Warenhaus schließt Ende Januar und einige Innenstadtbesucher nutzen die Möglichkeit für Weihnachtseinkäufe. Reichlich Schnäppchen sind aber nicht mehr zu machen. Schon seit Monaten hängen bunte Plakate mit Rabatt-Ankündigungen in den etwa 30 Schaufensterfronten. Einige Regale sind bereits seit Wochen leergefegt, teilweise warten nur noch Restposten und Ladenhüter auf Interessierte.

Wie in Bielefeld sieht es derzeit in zahlreichen Galeria-Filialen aus. Sie sollen im Januar geschlossen werden, um Kosten zu sparen und Deutschlands letzter großer Warenhauskette so das Überleben zu sichern. So war es im Rahmen des erst im Frühsommer 2023 aufgehobenen Insolvenzverfahrens beschlossen worden. Nur ein halbes Jahr später beginnt schon der nächste Akt im Warenhausdrama: Diesmal, weil der Galeria-Eigentümer Signa ums Überleben kämpft.

Am Mittwoch hatte die Signa Holding angekündigt, ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beim Wiener Handelsgericht zu beantragen. Die Situation sorge „auch bei den Beschäftigten von Galeria für Unruhe“, sagt Corinna Groß, Bundesfachgruppenleiterin Einzelhandel bei der Gewerkschaft Verdi. Ob und wie es nun weitergeht, bleibt abzuwarten. Klar ist: „Die Signa-Krise hat auch Auswirkungen auf Galeria“, sagt Gerrit Heinemann, Handelsexperte von der Hochschule Niederrhein. 

„Das würde uns das Genick brechen“

Schon seit Wochen wachsen die Zweifel an den Zukunftsaussichten der Essener Warenhauskette, die seit der Übernahme durch Benko bereits zwei Schutzschirm-Insolvenzverfahren durchlaufen hat. Galeria sei „durch den Schutzschirm entschuldet, schlanker und agiler aufgestellt als früher“, versuchte jüngst zwar Unternehmenschef Olivier Van den Bossche die Lage zu beruhigen. Auch nachdem die Insolvenz der Holding bekannt wurde, hieß es in Unternehmenskreisen gewohnt beschwichtigend: Galeria erwarte zunächst keine negativen Auswirkungen. Der Warenhauskonzern warte nach dem Antrag am Handelsgericht Wien den geordneten Prozess ab.

Nur, mit dem Abwarten ist es so eine Sache. Seit mehr als einer Dekade kommen das Unternehmen beziehungsweise die Vorläufer Galeria Kaufhof und Karstadt nicht aus dem Krisenmodus heraus. Operativ lief es zwar in den vergangenen Wochen gar nicht schlecht. Problematisch ist aber, dass Galeria finanziell weiter abhängig von der österreichischen Mutter ist. Schließlich hatte sich Signa im Rahmen der letzten Galeria-Insolvenz verpflichtet, insgesamt 200 Millionen Euro für die Sanierung des Unternehmens bereitzustellen. Im Gegenzug sollte Signa auf weniger Miete verzichten müssen als andere Galeria-Vermieter. Im März ist dem Vernehmen nach die nächste Rate von Signa fällig. 

Nun „zeichnet sich ab, dass Signa die zugesagte und notwendige finanzielle Unterstützung für Galeria nicht aufbringen wird“, warnt Experte Heinemann. „Die Frage ist, wo dieses Geld herkommen soll?“ Das Weihnachtsgeschäft sorge bei den Warenhäusern zwar für „ordentlich Liquidität“. Aber danach, sobald die neue Ware bestellt werden muss, „kann es schnell schwierig werden.“

Es besteht die Gefahr, dass Galeria im Frühjahr weniger Geld auf dem Konto haben könnte, als vertraglich mit den Warenkreditversicherern vereinbart wurde, was den Einkauf neuer Ware dann erheblich erschweren würde. Um das zu verhindern, will das Galeria-Management, die Mietzahlungen an Signa reduzieren und so letztlich einen möglichen Zahlungsausfall der Muttergesellschaft kompensieren. 

Ein solches Vorgehen würde Galeria finanziell kurzfristig entlasten, gilt aber als juristisch heikel. Und ob das reicht? 

Insider geben sich skeptisch: Selbst wenn es gelinge, die Verträge mit den Versicherern einzuhalten, bestehe das Risiko, dass Lieferanten in Zukunft nur noch bereit seien, Galeria gegen Vorkasse und zu schlechten Konditionen zu beliefern. „Das würde uns dann definitiv das Genick brechen“, sagt einer, der schon lange dabei ist. 

„Ein neuer Eigentümer, der endlich auch Handelskompetenz mitbringt, wäre womöglich die beste Lösung“, sagt Verdi-Vertreterin Groß. Nur, ob sich ein solcher Kandidat finden würde, scheint fraglich.  

Staatshilfen sind keine Option

Der thailändischen Central Group, ein langjähriger Signa-Partner, wird lediglich Interesse an Benkos Luxuswarenhäuser rund um das Berliner Flaggschiff KaDeWe und an der Schweizer Globus-Gruppe, nachgesagt. Beim früheren Gemeinschaftsunternehmen Selfridges hat Central bereits die Kontrolle übernommen. Die in die Jahre gekommenen Galeria-Häuser passen dagegen nicht ins Beuteschema des Chirathivat-Clans, der hinter Central steht.  

Schon im Zuge des Schutzschirmverfahrens im vergangenen Jahr kam ein M&A-Berater denn auch zu dem Schluss, dass „kein relevanter Kaufpreiserlös“ für Galeria erwartet werden kann. Die Stimmung im Markt sei zu schlecht und das Unternehmen weder für Finanzinvestoren noch für strategische Interessenten attraktiv, geht aus internen Unterlagen hervor. Am Ende, so die Prognose des Beraters, würde bei einem Verkauf von Galeria bestenfalls ein „1-Euro-Deal“ herauskommen. 

Daran dürfte sich seither nicht viel geändert haben. Verdi-Vertreterin Groß sah zuletzt zwar „ein paar Lichtblicke bei Galeria“. So konnte die Gewerkschaft Sonderzahlungen für die rund 12.500 Beschäftigten durchsetzen. „Auch das Weihnachtsgeschäft lief gut an.“ Doch ob das ausreicht, um einen Investor zu überzeugen, scheint fraglich.

Auch neue Staatshilfen sind keine Option. Schon die letzten Galeria-Hilfsaktionen waren schließlich ein Desaster für den Bund. Trotz reichlich Kritik flossen im Februar 2021 – in der Coronapandemie – 460 Millionen Euro an Galeria, ein Jahr später folgten weitere 220 Millionen Euro. Von dem Geld profitierte auch Benko: Signa konnte von Galeria weiter üppige Mieten kassieren und in den Bilanzen hohe Bewertungen für die Warenhausimmobilien ausweisen. Der Bund musste inzwischen dagegen einen Großteil der staatlichen Hilfen für Galeria abschreiben, insgesamt schätzungsweise mehr als 500 Millionen Euro.

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