Südkorea: Präsident verhängt Kriegsrecht - Parlament widerspricht
Stand: 03.12.2024 17:51 Uhr
Staatskrise in Südkorea: Präsident Yoon hat überraschend das Kriegsrecht ausgerufen und Soldaten zum Parlament geschickt. Dieses lehnte das Kriegsrecht ab - sogar die Abgeordneten der Präsidentenpartei.
Südkoreas Staatschef Yoon Suk Yeol hat inmitten eines Streits über den Staatshaushalt das Kriegsrecht ausgerufen. Dies gab er in einer überraschenden Fernsehansprache bekannt.
In der Rede beschuldigte er die Opposition, mit Nordkorea zu sympathisieren und die Regierung durch staatsfeindliche Aktivitäten zu lähmen. Der ausgerufene Ausnahmezustand ziele darauf ab, "pro-nordkoreanische Kräfte auszulöschen und die verfassungsmäßige Ordnung der Freiheit zu schützen", sagte Yoon. Die Bevölkerung rief er dazu auf, ihm zu vertrauen und "einige Unannehmlichkeiten" in Kauf zu nehmen.
Hubschrauber auf dem Parlament gelandetGeneralstabschef Park An Su erklärte nach der Rede Yoons, dass "alle politischen Aktivitäten", einschließlich derjenigen der Nationalversammlung, der Gemeinderäte, der politischen Parteien und politischen Vereinigungen sowie Versammlungen und Demonstrationen, strengstens verboten seien. Alle Medien und Publikationen würden der Kontrolle des Kriegsrechtskommandos unterliegen.
Wie die amtliche Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, wurde der Zugang zum Parlament in Seoul blockiert. In Fernsehaufnahmen war zu sehen, wie Hubschrauber auf dem Dach des Gebäudes in der Hauptstadt landeten.
Kritik aus der eigenen ParteiEs war zunächst unklar, wie lange Yoons Ausnahmezustand Bestand haben sollte. Nach dem südkoreanischen Recht kann eine solche Maßnahme vom Parlament aufgehoben werden. Tatsächlich trat nach der Rede des Präsidenten genau das ein. Bei einer Abstimmung forderte die Kammer, dass das Kriegsrecht aufgehoben wird, wie live im Fernsehen zu sehen war. 190 der 300 Abgeordneten waren anwesend - sie stimmten einstimmig dafür.
Die Opposition hatte zuvor die Maßnahme den Staatschefs als Verstoß gegen die Verfassung kritisiert. Oppositionsführer Lee Jae Myung von der Demokratischen Partei (DP) bezeichnete das ausgerufene Kriegsrecht laut einem Yonhap-Bericht als "verfassungswidrig" und unbegründet.
Kritik kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende der regierenden konservativen Volksmacht-Partei (PPP), Han Dong Hoon, bezeichnete das Kriegsrecht laut lokalen Medienberichten als "falsch". Man werde es "gemeinsam mit dem Volk stoppen", sagte Han.
Mehrere Niederlagen im ParlamentYoon, der seit Monaten mit sinkenden Umfragewerten zu kämpfen hat, tut sich seit seinem Amtsantritt im Jahr 2022 schwer, seine Agenda gegen das von der Opposition kontrollierte Parlament durchzusetzen. Yoons PPP streitet mit der DP über ein Haushaltsgesetz für das kommende Jahr. Der zuständige Parlamentsausschuss billigte vergangene Woche eine deutlich abgespeckte Fassung des Haushaltsentwurfs.
Die Opposition bemühte sich zudem darum, drei Staatsanwälte des Amtes zu entheben. Die Konservativen bezeichneten dies als Rachefeldzug angesichts von Ermittlungen gegen DP-Chef Lee.
US-Regierung will Lage beobachtenDie US-Regierung erklärte, sie stehe wegen der aktuellen Ereignisse mit der Regierung in Seoul in Kontakt. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates sagte, die US-Regierung beobachte "die Situation genau". Die USA sind der wichtigste militärische Verbündete Südkoreas und haben dort 28.500 Soldaten stationiert.