Südkorea: Opposition stellt Antrag auf Amtsenthebung von ...
Nach der Aufhebung des Kriegsrechts will die Opposition Südkoreas den Präsidenten Yoon Suk Yeol des Amtes entheben. In zwei Tagen könnte darüber abgestimmt werden.
Aktualisiert am 4. Dezember 2024, 7:24 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, AP, Reuters, dpa, AFP, lp , sko
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Südkoreas Opposition hat gegen Präsident Yoon Suk Yeol nach dessen kurzzeitiger Ausrufung des Kriegsrechts einen Antrag auf Amtsenthebung gestellt. "Wir haben einen Amtsenthebungsantrag eingereicht, der dringend vorbereitet werden muss", sagten Vertreter von sechs Oppositionsparteien, darunter die größte demokratische Partei DP, bei einer Pressekonferenz. Demnach könnte der Antrag bereits an diesem Freitag zur Abstimmung gestellt werden.
Die Ausrufung des Kriegsrechts sei "ein klarer Verstoß gegen die Verfassung" gewesen, argumentierte die Opposition. "Das Parlament sollte sich auf die sofortige Aussetzung der Amtsgeschäfte des Präsidenten konzentrieren, um so schnell wie möglich ein Amtsenthebungsgesetz zu verabschieden", sagte Hwang Un Ha, einer der Abgeordneten der Koalition, vor Journalisten.
Opposition will Strafanzeige wegen Aufruhrs stellenZudem kündigte die Demokratische Partei an, Strafanzeige wegen Aufruhrs zu stellen. Diese werde sich gegen Yoon, seine Innen- und Verteidigungsminister sowie Schlüsselpersonen aus Armee und Polizei richten.
Der wichtigste Gewerkschaftsverband des Landes rief zu einem "unbefristeten Generalstreik" bis zum Rücktritt des Präsidenten auf. Auch der Chef von Yoons Regierungspartei, Han Dong Hoon, sprach zuvor von einer "tragischen Situation" und gab an, alle Verantwortlichen müssten "streng zur Rechenschaft gezogen werden". Er forderte den Präsidenten laut Berichten südkoreanischer Medien auf, sein Verhalten zu erklären und Verteidigungsminister Kim Yong Hyun wegen der "desaströsen Lage" zu entlassen.
Auch Abgeordnete von Regierungspartei stimmten für AufhebungYoon hatte am Dienstag überraschend das Kriegsrecht ausgerufen und wenige Stunden später in der Nacht wieder aufgehoben, nachdem alle anwesenden Abgeordneten der Nationalversammlung den Präsidenten dazu aufgerufen hatten. In seiner Begründung für die Verhängung des Ausnahmezustands hatte Yoon die Opposition beschuldigt, mit dem benachbarten Regime in Nordkorea zu sympathisieren. Es blieb jedoch unklar, was Yoon genau zu seinem radikalen Schritt bewog. Der Ausrufung des Kriegsrechts war ein Haushaltsstreit zwischen dem Präsidenten, seiner Partei und der Opposition vorausgegangen.
Die USA als wichtigster Verbündeter und Schutzmacht Südkoreas zeigten sich über die kurzzeitige Verhängung des Kriegsrechts zutiefst besorgt, ebenso wie Deutschland. Auch Japans Regierungschef Shigeru Ishiba teilte mit, seine Regierung verfolge die Entwicklung im Nachbarland mit "ernsten Bedenken".
Unter den anwesenden 190 von insgesamt 300 Abgeordneten, die einstimmig den Antrag auf Aufhebung des Kriegsrechts ins Parlament eingebracht hatten, waren auch 18 Abgeordnete von Yoons Regierungspartei. Wie die Nachrichtenagenturen Newsis und Yonhap berichteten, haben Yoons Stabschef und hochrangige Sekretäre offenbar bereits ihren Rücktritt angeboten.
Erste Verhängung des Kriegsrechts seit Übergang zur DemokratieInternational hatte die Verhängung des Kriegsrechts Besorgnis ausgelöst. US-Außenminister Antony Blinken begrüßte schließlich Yoons Entscheidung, das Kriegsrecht wieder aufzuheben. "Wir erwarten weiterhin, dass politische Meinungsverschiedenheiten friedlich und in Übereinstimmung mit der Rechtsstaatlichkeit gelöst werden", sagte Blinken.
Der Koreakrieg auf der Halbinsel dauerte von 1950 bis 1953 und endete mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag. Daher befinden sich die beiden koreanischen Staaten rechtlich noch im Kriegszustand. In seiner frühen Phase hatte Südkorea zwar eine Reihe autoritärer Regierungen, seit Ende der 1980er-Jahre gilt es jedoch als demokratisch. Nach der Gründung der Republik Südkorea im Jahr 1948 wurde in einigen Fällen das Kriegsrecht verhängt. Doch im Zuge der jüngsten Geschehnisse verhängte das erste Mal seit dem Übergang Südkoreas zur Demokratie ein Präsident des Landes das Kriegsrecht.