SAP-Stellenabbau: Das Trauma des SAP-Chefs Christian Klein

25 Jan 2024

Der neuerliche Stellenabbau bei SAP beweist: Konzernchef Christian Klein arbeitet mit aller Macht daran, die Erwartungen der Börse zu erfüllen. Profitieren werden am Ende alle. Ein Kommentar.

SAP - Figure 1
Foto WirtschaftsWoche

In Walldorf hatten es viele schon lange geahnt: SAP-Chef Christian Klein verordnet dem deutschen Weltmarktführer bei Unternehmenssoftware ein neuerliches Umbauprogramm. Rund 8000 Stellen sind betroffen; sie sollen möglichst über interne Freiwilligenprogramme und Umschulungsmaßnahmen abgebaut werden.

Damit folgt Klein einer Marschroute, die er bereits vor einem Jahr eingeschlagen hat: Unter dem Deckmantel der Restrukturierung werden Mitarbeiter abgebaut, so sinken gleichzeitig die Kosten und die Profitabilität steigt. Im Januar 2023 hat er nach ähnlichem Strickmuster parallel zur Vorlage der Bilanz die Streichung von seinerzeit 3000 Stellen angekündigt.

Wer Christian Kleins Spareifer verstehen will, der muss in die ersten Wochen seiner alleinigen Amtszeit zurückblicken. Ende 2020 war es, als er mit einer überraschenden Umsatz- und Gewinnwarnung die Märkte schockte, als innerhalb eines Tages 30 Milliarden Euro Marktkapitalisierung ausradiert wurden. Klein war damals nach dem Abgang der Co-Chefin Jennifer Morgan erst ein halbes Jahr alleiniger Vorstandschef.

Nie wieder 2020!

Je weiter das Ereignis zurückliegt, desto offensichtlicher wird, dass es bei Klein eine Art Trauma hinterlassen hat: Seitdem, so berichten es enge Mitarbeiter Kleins, sei der jugendlich wirkende SAP-Lenker geradezu besessen davon, die Prognosen des Softwarekonzerns einzuhalten und die Erwartungen der Börse zu erfüllen – und so die Scharte des Jahres 2020 auszuwetzen. Beim Börsenwert ist ihm dies mit aktuell rund 180 Milliarden Euro bereits gelungen.

Insofern ist auch die Ankündigung vom Mittwoch nur folgerichtig, zumal die betroffenen SAP-Mitarbeiter erfahrungsgemäß weich fallen werden. Schließlich hat sich der Konzern in der Vergangenheit bei Freiwilligenprogrammen meist großzügig gezeigt und für die Beschäftigten lukrative Abfindungsregelungen getroffen. 

So dürfte es auch dieses Mal kommen: Rund zwei Milliarden Euro veranschlagt der Konzern für das aktuelle Restrukturierungsprogramm. Am Ende profitieren alle: SAP kann der Börse weiter steigende Profitabilität vermelden, scheidende Beschäftigte gehen mit dem goldenen Handschlag – und Christian Klein arbeitet erfolgreich an seiner Traumabewältigung.

Lesen Sie auch: Umbauprogramm bei SAP betrifft 8000 Stellen

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