Parlamentswahl in Rumänien: Der Rechtsruck setzt sich fort

2 Stunden vor

Stand: 02.12.2024 06:34 Uhr

Bei der Parlamentswahl in Rumänien zeichnet sich ein Sieg der regierenden Sozialdemokraten ab. Trotzdem dürfte es neue Bündnisse geben. Ein Grund sind extrem rechte Parteien, die starke Ergebnisse erzielten.

Rumänien - Figure 1
Foto tagesschau.de

Rumänien erlebt einen massiven Rechtsruck. Voraussichtlich werden drei extrem rechte Parteien ins Parlament einziehen, mit insgesamt gut 30 Prozent. Das zeichnet sich nach Auszählung fast aller Stimmen ab. Damit hätten die ultranationalistischen Kräfte ihre Ergebnisse im Vergleich zur letzten Wahl verdreifacht.

Die meisten Stimmen im rechten Block fuhr mit etwa 17,6 Prozent die AUR ein. Ihr Parteichef George Simion trat kurz nach der Veröffentlichung der ersten Ergebnisse vor seine Anhänger: "Ich danke von Herzen jedem Einzelnen von euch, ob hier oder zu Hause, der die Trikolore hochhält und der die Vorfahren nicht vergessen hat", sagte er.

"Rechte Wählerschaft in Rumänien"

Schon bei der Präsidentschaftswahl vor einer Woche war überraschend der parteilose Rechtsextremist Calin Georgescu auf Platz eins gelandet - ein religiöser Fanatiker und Verehrer der Eisernen Garde, der rumänischen Faschisten der Zwischenkriegsjahre.

Bei der Parlamentswahl zeigt sich nun, dass die vielen Stimmen für Georgescu kein Ausreißer waren, meint der Politikwissenschaftler Cristian Pirvulescu: "Es gibt eine rechte Wählerschaft in Rumänien. Diese Wählerschaft ist nicht an eine einzelne Person gebunden, wie manche geglaubt haben. Es handelt sich um eine Wählerschaft mit einem über die Zeit aufgebauten Wertesystem, die einen bestimmten Typ von Kandidaten bevorzugt."

Ob die rechten Kräfte an die Macht kommen, hängt maßgeblich von der sozialdemokratischen Partei PSD ab. Die hat die Wahl mit rund 22,9 Prozent gewonnen. Ihr bisheriger Ministerpräsident Marcel Ciolacu zeigte sich offen für nationalistische Kräfte: "Das heutige Ergebnis verdient unsere volle Aufmerksamkeit, denn es ist ein wichtiges Signal, das die Rumänen der politischen Klasse senden. Wir müssen weiterhin unser Land mit europäischen Mitteln entwickeln und dabei unsere Identität, nationalen Werte und unseren Glauben bewahren."

Die PSD hat nun die Wahl: Sie kann sowohl mit den rechten Parteien als auch mit pro-europäischen Kräften eine komfortable Parlamentsmehrheit bilden. Sabin Orcan, Chefredakteur von Newsweek, setzt darauf, dass die Sozialdemokraten auch aus dem Ausland zu einer pro-westlichen Regierung gedrängt werden: "Ich habe Vertrauen, dass die europäische politische Familie und gute Ratschläge die PSD letztendlich dazu bringen werden zu verstehen, dass eine Allianz mit der extremen Rechten und kleinen extremistischen Parteien zum Verschwinden der Sozialdemokratischen Partei führen würde."

Ringen um die Präsidentschaftswahl

Zu einem breiten pro-westlichen Bündnis könnte auch die Partei USR der Präsidentschaftskandidatin Elena Lasconi gehören. Mit Blick auf die vermutete russische Einmischung in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl sagte Lasconi, russische Bots könnten die rumänische Demokratie nicht zerstören: "Mir ist klar geworden, dass es jetzt nicht mehr um Kandidaten und politische Parteien geht. Es geht um die Demokratie in Rumänien, darum, in der Europäischen Union und in der NATO zu bleiben."

Lasconi muss weiter um den Einzug in die Stichwahl ums Präsidentenamts bangen. Das Verfassungsgericht hatte eine Neuauszählung der ersten Runde angeordnet. Die Ergebnisse wurden entgegen anderslautenden Ankündigungen am Sonntagabend nicht veröffentlicht. Das Verfassungsgericht wird am Nachmittag erneut über eine Annullierung der Präsidentschaftswahl beraten.

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