Kreuzbandriss bei Rodri: Ein Warnsignal für die Premier League?

Kürzlich kritisierte Rodri die hohe Belastung der Fussballer. Nun hat er sich das Kreuzband gerissen und fällt lange aus

Rodri - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Der Mittelfeldspieler von Manchester City war der Dauerspieler unter den Top-Fussballern Europas. Führt Rodris Verletzung nun zu einem Umdenken?

Hier passiert es: Rodri (links) verletzt sich im Spiel gegen Arsenal schwer am Knie.

David Blunsden / Imago

Vielleicht musste es so kommen, dass sich ausgerechnet Spaniens Europameister-Captain Rodri eine mutmasslich schwere Verletzung zugezogen hat und für den Rest dieser Saison ausfällt.

Am Sonntag verdrehte sich der Mittelfeldstratege von Manchester City im Meisterschaftsspiel gegen den FC Arsenal (2:2) bei einem Eckball das Knie. Er schrie auf, gab das Zeichen zur Auswechslung – und humpelte, gestützt von zwei Betreuern, vom Rasen. Der Schock war nicht nur Rodri anzusehen, dem MVP unter den MVP bei den «Citizens», dem wertvollsten der wertvollen Profis des Klubs. Sondern auch seinem Trainer Josep Guardiola und dem gesamten Team. Manchester City kassierte in der nächsten Aktion prompt ein Gegentor und konnte trotz langer Überzahl nur durch ein eigenes Tor in letzter Minute einen Punkt retten.

Auf die Nationalspieler wartet eine Mammutsaison mit bis zu 85 Pflichtspielen

Kein anderer Fussballer hat sich in jüngster Zeit so sehr für die Gesundheit der Berufskollegen eingesetzt wie Rodri. Immer wieder kritisierte der 28-Jährige, der in diesem Jahr neben Toni Kroos als einer der Favoriten für die Wahl zum Weltfussballer gilt, den aus seiner Sicht kaum mehr zu bewältigenden Match-Kalender. Wegen der neuen Klub-WM 2025 steht den Spitzenspielern, die auch für ihre Nationalteams im Einsatz sind, eine nie da gewesene Mammutsaison mit bis zu 85 Pflichtspielen bevor. Sie hatten und haben von 2023 bis 2027 kaum je eine richtige Pause – aufgrund der EM 2024, der Klub-WM 2025 und der WM 2026. In diesem Sommer lagen nur vier Wochen zwischen dem EM-Final und dem Start in die neue Saison.

Im Frühjahr 2024 hatte sich Rodri bei seinem Klub beklagt, die Anzahl seiner Einsätze sei seit Jahren «nicht gesund», das könne nicht dauerhaft so weitergehen. Seit dem Transfer von Atlético Madrid im Jahr 2019 für 70 Millionen Euro hat er die meisten Pflichtspiele aller Premier-League-Profis absolviert.

Der Europameister Rodri gilt als grosser Favorit bei der Wahl zum Weltfussballer 2024.

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Während der EM 2024 legte er nach: Er habe den Punkt erreicht, an dem er nicht mehr könne. Und nun erklärte er, die Spieler stünden vor einem Streik. Viele Kollegen schlossen sich dem an. Nach seinen diesjährigen Ferien traf Rodri als letzter Nationalspieler erst Mitte August in Manchester ein, vier Tage vor dem erstem Ligaspiel.

Guardiola hatte es seinen an der EM beteiligten Profis freigestellt, wann sie das Training wiederaufnehmen wollten. Gegen Arsenal am vergangenen Wochenende stand Rodri dann erstmals in einem Ligaspiel in dieser Saison wieder in der Startformation. Seine Verletzung könnte nun tatsächlich der hohen Beanspruchung geschuldet gewesen sein. Oder sie war einfach Pech, ungünstiges Karma oder das Resultat einer Unkonzentriertheit.

Rodris Anliegen lässt sich grundsätzlich zustimmen. Allerdings kommt dabei zu kurz, dass sich die enormen Gehaltsforderungen der Top-Fussballer für die Klubs überwiegend nur über mehr Pflichtspiele refinanzieren lassen.

Die internationale Spielergewerkschaft Fifpro publizierte 2023 zum Pensum der Topspieler einen Bericht, der den rapiden Anstieg der Spielminuten an zwei prägnanten Beispielen veranschaulicht: Jude Bellingham absolvierte bis zu seinem 20. Geburtstag 14 445 Spielminuten bei den Profis. Das sind über 30 Prozent mehr, als der vergleichbar begabte Wayne Rooney vor anderthalb Jahrzehnten im gleichen Alter gespielt hatte. Und der Franzose Kylian Mbappé kam, als er 24 Jahre alt wurde, auf fast 50 Prozent mehr Einsatzzeit als sein Landsmann Thierry Henry vor zwei Jahrzehnten.

Schon zu Beginn seiner Karriere hat sich Rodri mit seinem Weitblick wohltuend von der Mehrheit seiner kickenden Kollegen abgehoben. Als er bereits für den FC Villarreal in der ersten Liga spielte, lebte er noch immer in einem Studentenwohnheim. Sein früherer Mitbewohner Valentin Henarejo schilderte der Sportzeitung «Marca», die Leute seien deshalb regelrecht geschockt gewesen.

Über seine damals ungewöhnliche Wahl eines Fahrzeugs, einen gebrauchten Opel Corsa, sagte Rodri einmal lapidar, ein Auto sei doch einfach dafür da, um ihn «von A nach B zu befördern». Am meisten fällt heute auf, dass der Spanier im Vergleich zu fast allen seiner Kollegen nicht in den sozialen Netzwerken aktiv ist. Er widerlegt die gängigen Fussballerklischees und lebt offensichtlich genauso umsichtig, wie er auf dem Platz agiert.

Die Aktion, bei der sich Rodri im Spiel gegen Arsenal verletzte.

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Beeinflusst Rodris Verletzung den Ausgang der Meisterschaft?

Rodri ist der Quarterback der Mannschaft von Manchester City, bei dem alles zusammenläuft. So ist er für die Absicherung, Organisation und den Rhythmus im Match zuständig. Im Champions-League-Final 2023 gelang ihm sogar das entscheidende Tor. Und zwischen Februar 2023 und Mai 2024 blieb Rodri in sagenhaften 74 Klub-Pflichtspielen in Serie ungeschlagen. Eine solche Marke hat im englischen Spitzenfussball wohl niemand sonst erreicht, sie wäre ein Eintrag ins «Guinness-Buch der Rekorde» wert.

Den Ausfall des Dauerspielers kann nun selbst Manchester City kaum kompensieren. In England wird prognostiziert, Rodris Abwesenheit könnte sogar den Ausgang der Meisterschaft in dieser Saison beeinflussen. Führt seine Verletzung zu einem Umdenken im Spitzenfussball , hätte sie zumindest einen kleinen Nutzen.

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