Reform statt mehr Schulden: Habeck rudert im Streit über ...

4 Feb 2024
Robert Habeck

Mit seinem Vorschlag für ein milliardenschweres Sondervermögen, das Firmen finanziert durch mehr Staatsschulden entlasten soll, ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Koalition und selbst der Wirtschaft mächtig angeeckt. Nun lenkt er ein und favorisiert eine Reform der Unternehmensteuern. Auch er sehe, »dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug ist«, sagte Habeck der »Welt am Sonntag«. »Deshalb sollten wir überlegen, wie wir zum Beispiel Steuererleichterungen, Steueranreize für Investitionen in der Perspektive finanzieren, um die Kräfte wirklich zu entfesseln.«

Allerdings, so schränkte Habeck ein, gebe es »extrem enge finanzielle Spielräume« hierfür bei Bund, Ländern und Kommunen. »Und ja, wir werden sicherlich sparen müssen, auch beim Haushalt 2025«, sagte der Minister.

Habeck reagierte damit insbesondere auf Kritik von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an seiner Idee für einen schuldenfinanzierten Sondertopf, um die Wirtschaft zu stützen und strukturelle Probleme anzugehen. Steuergutschriften und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten hatte er dafür ins Spiel gebracht.

Vor allem der Weg über mehr Schulden wurde vom Koalitionspartner FDP kritisiert. Habecks Vorschlag sei nicht abgestimmt gewesen, monierte Lindner. »Die Idee war in jeder Hinsicht überraschend«, sagte der Finanzminister der »Welt am Sonntag«. Und es sei zudem »ein ungewöhnlicher Vorgang«. Habeck sage damit, dass er »mit der bestehenden Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unzufrieden ist und er etwas komplett anderes für nötig hält«.

Er halte eine »Wirtschaftswende« für nötig, sagte Lindner, und sei bereit, das Diskussionsangebot anzunehmen: Allerdings sei er nicht davon überzeugt, »Hunderte Milliarden Euro Schulden zu machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen«. Dies würde »die soziale Marktwirtschaft deformieren«. Stattdessen schlug er ein »Dynamisierungspaket« vor, mit mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt und weniger Bürokratie. Die steuerlichen Anreize im Wachstumschancengesetz für Investitionen und Forschung sollten zudem in Richtung einer Unternehmensteuerreform ausgedehnt werden.

Habeck griff diesen Vorschlag nun auf: »Ich bin da bei Christian Lindner: Wir müssen mehr tun für Wachstum und wirtschaftliche Dynamik. Ich arbeite deshalb gern mit Christian Lindner an einem Dynamisierungspaket.« Er habe dafür gerade erst Vorschläge in die »gemeinsame Regierungsarbeit« eingebracht, sagte der Wirtschaftsminister.

Lindners Forderung, zur Finanzierung im Gegenzug das Bürgergeld Ende dieses Jahres nicht zu erhöhen, lehnte Habeck indes ab. »Wenn wir wirklich Wucht entfalten wollen, um mit den USA mitzuhalten, geht das nicht mit einer Nullrunde beim Bürgergeld.«

Auch Wirtschaft hält Sondertopf-Vorstoß für problematisch

Habeck schwenkt mit seiner Bereitschaft zu einer Steuerreform auf die Forderungen vieler Wirtschaftsvertreter ein. »Unsere klare Priorität ist ein besseres Investitions- und Wachstumsklima durch Unternehmensteuern, die wieder auf ein europäisch und international übliches Niveau gesenkt werden«, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner der »Welt am Sonntag«. Davon sei man derzeit weit entfernt.

Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, stellte sich klar gegen ein Sondervermögen für die Wirtschaft. »Eine Zweidrittelmehrheit ist derzeit nicht erkennbar. Daher sollte sich der Wirtschaftsminister auf seine Kernkompetenz besinnen und die Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft mit einfacher Mehrheit im Bundestag verbessern«, sagte er der Zeitung. »Die Rezession hat keine Zeit für Ablenkungsmanöver.«

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