Habeck gegen Lang: Der Grüne fasst nach dem Personalbeben ...

Alle Zeichen auf Robert Habeck: Der grüne Vizekanzler greift nach der Macht in der Partei

Nach den personellen Turbulenzen bei den Grünen versucht ihr Wirtschaftsminister, sich als möglichen Kanzlerkandidaten in die Spur zu bringen. Unterstützung erhält er von der Aussenministerin Annalena Baerbock.

Robert Habeck - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Kann er Kanzler? Wirtschaftsminister Robert Habeck selbst scheint das für möglich zu halten.

Imago

Diesmal will Robert Habeck sich die Chance auf die Kandidatur nicht entgehen lassen. Der grüne Wirtschaftsminister und Vizekanzler erhebt Anspruch darauf, zur zentralen Machtfigur innerhalb seiner Partei aufzusteigen. In den «Tagesthemen» erklärte Habeck, dass über eine «mögliche Kandidatur» am Parteitag entschieden werde – gemeint ist seine Kanzlerkandidatur.

Die Zuspitzung auf Habeck folgt nach einem doppelten Personalbeben bei den Grünen: Am Mittwoch haben die Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour bekanntgegeben, den Rückzug anzutreten. Der gesamte Bundesvorstand wird bis zum Parteitag nur noch geschäftsführend tätig sein.

Vorstand der Grünen Jugend tritt zurück

Kurz darauf veröffentlichte das Portal «Table Media» ein Schreiben, in dem der Vorstand der Grünen Jugend, also der grünen Jugendorganisation, ebenfalls seinen Rücktritt ankündigte und sogar den Parteiaustritt seiner Mitglieder erklärte. Der Verband gilt als stramm links und hadert mit der Bundespolitik der Grünen in der Regierung.

Lang selbst war Sprecherin der Grünen Jugend, plädierte in dieser Zeit etwa für, dass auch «Klimaflüchtlinge», also Menschen, die vom Klimawandel betroffen seien, Asyl in Europa erhalten sollten. Als Parteichefin machte sie sich für eine Aussetzung der Schuldenbremse stark. Nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung hielt Habeck Lang für eine Bremse im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr.

In den «Tagesthemen» konfrontierte eine Moderatorin Habeck mit dem Vorwurf, er habe die Parteichefin Lang wegen der schlechten Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen dazu gedrängt, ihr Amt niederzulegen. Anstatt das zu verneinen, antwortete Habeck, dass Politik «häufig ein hartes und undankbares Geschäft» sei.

Das sollte wohl heissen: Diese Härte habe nun einmal die zwei Parteivorsitzenden Lang und Nouripour getroffen. Noch in derselben Antwort kam Habeck auf den Parteitag im November in Wiesbaden zu sprechen, wo über eine «mögliche Kandidatur» für den Bundestagswahlkampf entschieden werde.

Baerbock unterstützt Habeck als Kanzlerkandidaten

Am selben Abend stellte sich die Aussenministerin Annalena Baerbock demonstrativ hinter Robert Habeck. In der ARD-Sendung «Maischberger» antwortete Baerbock auf die Frage, ob Habeck trotz dem aus seinem Hause stammenden und allseits unbeliebten Heizungsgesetz der richtige Kandidat sei, um in die nächste Bundestagswahl zu gehen, mit euphorischer Stimme: «Auf jeden Fall, auf jeden Fall!»

Baerbock und Habeck waren von 2018 bis 2022 Bundesvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen. Beide galten als Vertreter des Realo-Flügels innerhalb der Partei und traten mit dem Ziel an, die Grünen, die zuvor oft auf Umweltpolitik reduziert worden waren, breiter aufzustellen und auch für die politische Mitte wählbar zu machen. Im Juni 2021 ging die Partei mit Baerbock als Kanzlerkandidatin ins Rennen bei der Bundestagswahl. Doch aufgrund etlicher Wahlkampfpannen Baerbocks landeten die Grünen mit knapp 15 Prozent unter den selbstgesteckten Erwartungen.

Die Union hat sich kürzlich auf ihren Kandidaten festgelegt: Der CDU-Chef Friedrich Merz will als Kanzlerkandidat antreten. Kanzler Olaf Scholz will trotz schlechten Beliebtheitswerten erneut für die SPD kandidieren. Momentan liegen CDU/CSU in den Umfragen zur Bundestagswahl bei über 30 Prozent – auf dem zweiten Platz liegt die AfD, die 18 Prozent erreicht, dahinter liegen die Sozialdemokraten mit 15 Prozent.

Nur noch 10 Prozent würden Grüne wählen

Die Grünen müssen sich mit mageren 10 Prozent begnügen. Im Frühjahr 2021 lieferten sie sich in Umfragen noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit CDU/CSU – und erreichten in den Umfragen 25 Prozent.

Mit der Aussicht auf den anstehenden Bundestagswahlkampf scheinen die ehemaligen Parteichefs auf ihre alte Verabredung zurückgekommen zu sein, dass diesmal Habeck kandidiert. Dazu passt, dass seine Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Franziska Brantner, als neue Parteichefin gehandelt wird.

Brantner gilt als rechte Hand Habecks und könnte ab November die Geschäfte als Vorsitzende übernehmen – voraussichtlich als Teil einer Doppelspitze aus Frau und Mann, die bei den Grünen vorgeschrieben ist. Der Mann an der äussersten Spitze möchte indes Habeck sein – allein.

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