Robbie Williams verzückt seine Fans in Hamburg
Überlebensgroß: Robbie Williams spielte am Donnerstag und Freitag auf der Trabrennbahn Hamburg zwei exklusive Konzerte. Romanus Fuhrmann
Den 22. August werden Enrico und seine Frau Julia wohl ihren Lebtag nicht vergessen. Robbie Williams hat erst ein paar Songs gespielt, als er auf das in der ersten Reihe stehende Paar zugeht. Wie sie heißen, will er wissen – und weil Enrico dabei so verstrahlt wirkt, wird er zum Running Gag dieses Abends, der nicht nur von einer Menge Humor, sondern auch ganz viel Liebe geprägt ist.
Dass Williams für zwei Konzerte in der Hansestadt zu Gast ist, ist der Hamburger Bank Haspa zu verdanken. Tickets gab es nur für Kunden, dafür aber zum Schnäppchenpreis von 25 Euro. Wie ein corporate Gig, wie ein gekauftes Konzert, fühlt es sich aber in keinem Moment an. Zu „Let Me Entertain You“ betritt Williams im weißen Anzug die Bühne, begleitet von zehn Tänzerinnen und einer elfköpfigen Live-Band inklusive drei Bläsern. Der Brite gibt ab dem ersten Ton alles. Williams ist zwar inzwischen 50 Jahre alt, war aber körperlich nie besser in Form. Er wirkt durchtrainiert und fit. Und jede Geste, jede Bewegung sitzt.
Die 25.000 Besucher – ein ziemlich bunt zusammengewürfelter Haufen, dessen einzige Gemeinsamkeit wahrscheinlich das Konto bei der Haspa ist – sind von seiner Performance sofort wie elektrisiert. Man hat ein bisschen das Gefühl, als wäre man mit einer Zeitmaschine in die frühen 2000er gereist, als sich ganz Deutschland auf Robbie Williams einigen konnte.
Therapie als UnterhaltungDas Zeitmaschinen-Gefühl befeuert Williams an diesem Abend. Er wolle das Publikum mitnehmen auf eine Reise durch die letzten 34 Jahre seines Lebens. „Die höchsten Höhepunkte und die tiefsten Tiefpunkte. Sex, Drogen, Skandale. Das ist Therapie für mich und Unterhaltung für euch“, sagt er, bevor er sich quer durch seinen Katalog spielt. Neben Hits wie „Strong“, „Come Undone“, „Feel“ und „Rock DJ“ gibt es auch neuere Stücke wie „Candy“ und „Love My Life“. Aber auch Coverversionen wie „Land of 1000 Dances“ von Chris Kenner und „Don’t Look Back In Anger“ von Oasis stehen auf der Setlist.
Auf seine Zeit mit der Boyband Take That, die in den Neunzigern reihenweise Teenie-Herzen brach, blickt Williams zurück, indem er ihr erstes Video „Do What You Like“ einspielt, in dem sein nackter Po zu sehen ist. „Der sieht heute nicht mehr so aus“, so Williams. Vielmehr habe er einen „Ozempic Butt“ – ein nach einem Abnehmmittel benannter Hängepo. Dafür ist etwas anderes neu. „Ich habe mir vor zwei Wochen die Zähne machen lassen“, sagt er, strahlt in die Kamera und macht unter großem Gelächter vor, wie er nach der Narkose beim Singen geklungen hat. „Ich wusste gar nicht, dass der solche Stand-up-Qualitäten hat“, hören wir jemanden hinter uns sagen.
Kontakt zum PublikumTatsächlich ist Williams Redeanteil an diesem Abend fast so hoch wie der Musikanteil. Immer wieder sucht er direkten Kontakt zum Publikum, schüttelt Hände, bestaunt Nagellack, verteilt Küsschen und Umarmungen. Jenny Jasberg, Hamburger Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, die einen Platz in der ersten Reihe ergattert hat, widmet er den Song „She’s The One“. „Ich kann guten Gewissens in Rente gehen. Was soll jetzt noch kommen?", schrieb sie nach dem Konzert auf Instagram.
Direkt neben Jenny Jasberg: Julia und Enrico, den Williams zwischendurch als „the most Klaus-looking guy“ bezeichnet und der einen Witz nach dem nächsten einstecken muss. Dabei guckt Enrico so ratlos aus der Wäsche, dass Williams sich irgendwann sicher ist, er wisse überhaupt nicht, auf welchem Konzert er überhaupt gelandet sei. Man hat schon fast Mitleid – doch dann schnappt Williams sich Enricos Telefon und nimmt als „Uncle Robbie“ eine herzerwärmende Videobotschaft für dessen Söhne auf.
Für die Zugaben schmeißt Williams sich dann noch mal in einen schwarzen Glitzeranzug und präsentiert unter anderem eine mit fetten Bläsern untermalte Version von „No Regrets“, die klingt wie aus einem James-Bond-Film. Auch „Angels“ darf natürlich nicht fehlen. Die ganze Trabrennbahn singt im Chor. Die Stimmung ist einfach wunderbar, und es ist beeindruckend, wie Robbie Williams es auch nach all diesen Jahren noch schafft, die Massen mitzureißen. Selbst wenn sie möglicherweise nicht mal eine Platte von ihm im Schrank haben, sondern einfach ein günstiges Konzert mitnehmen wollten.
Als wir nach diesem kurzweiligen Abend die S-Bahn-Station erreichen, passiert es dann plötzlich: Laute „Enrico“-Rufe erfüllen den Bahnhof. Ja, er wisse natürlich, wer Robbie Williams sei. Es sei sogar schon sein viertes Konzert gewesen, verrät Enrico. Er sei einfach nur nervös gewesen. Und wer bitte wäre das nicht?
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