„Rente alleine reicht nicht“: Laut Theo Waigel müssen Deutsche ...
Erstellt: 10.05.2023, 17:20 Uhr
Von: Dennis Fischer
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Der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel ist in der Rentenpolitik für eine längere Lebensarbeitszeit. © Sven Hoppe/dpaDie Deutschen werden künftig länger arbeiten müssen, sagt der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel. Er äußerte sich auch zum Beamtensystem.
München - Der ehemaliger Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) stimmt die Deutschen auf Einschränkungen bei der Rente ein. Das machte er in einem Interview mit focus.de deutlich. „Wenn man am Äquivalenzprinzip festhält, d.h. dass Leistung einer Gegenleistung entsprechen muss, wird nicht jeder von seiner Rente allein leben können“, sagte Waigel. Dann müsse die betriebliche Altersversorgung und die private Vorsorge hinzukommen. Und wenn er sich anschaue, so Waigel, dass der Bund schon heute im Haushalt rund 120 Milliarden Euro pro Jahr für die Rente zur Verfügung stelle, dann werde es unumgänglich sein, die Lebensarbeitszeit zu verlängern.
„Ich weiß, das ist unpopulär und vor Wahlen traut sich kaum jemand, das zu sagen. Aber die Demografie und die Mathematik zwingen uns dazu“, sagte Waigel weiter. Der Letzte, der das überzeugend gesagt habe, sei vor 15 Jahren Franz Müntefering gewesen, ein sozialdemokratischer Minister. Er habe damals die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre durchgesetzt. „Aber danach sind wir wieder in die falsche Richtung gelaufen“, so Waigel.
Waigel für längere LebensarbeitszeitWaigel verteidigte seine Sichtweise, dass nur eine längere Arbeitszeit dem Rentensystem helfe. „Natürlich habe ich das Glück, Tätigkeiten ausüben zu können, die mir das körperlich und geistig ermöglichen“, sagte er. Das könne nicht jeder. „Aber wenn wir alle zehn Jahre älter werden als unsere Eltern, dann muss ich mir überlegen: Entweder erhöhe ich die Beiträge sehr stark, was der jungen Generation nicht zuzumuten ist, oder ich kürze die Renten“. Da das schwierig sei, bleibe nur die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Hinzu komme eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen und eine gezielte Integration ausländischer Arbeitskräfte.
Dass auch Beamte in die Rentenkasse einzahlen, bringt laut Waigel „nicht viel“. Rürup habe das neulich in einem großen Aufsatz durchgerechnet. Denn dann müssten sie erst einmal das einzahlen, was bisher der Staat in die Rentenkasse gesteckt habe. Und dann sei es ähnlich, wie wenn Handwerker oder andere in die gesetzliche Rentenversicherung gehen müssten. Die hätten dann entsprechende Ansprüche. „Die Berechnungen, die da angestellt werden, bringen keine wirkliche Entlastung der Rentenkasse“, so Waigel. Offen für eine Beteiligung der Beamten hatte sich dagegen die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer gezeigt.
Flexible RenteFür „den richten Weg“ hält der ehemalige Bundesfinanzminister, dass Menschen im Rentenalter freiwillig weiterarbeiten. „Wir werden zu einem System kommen müssen, in dem es flexible Regelungen gibt“, so Waigel weiter. Wenn jemand früher aufhören wolle oder müsse, dann nehme er auch einen gewissen Rentenabschlag in Kauf. Wenn jemand länger arbeite, habe er einen Vorteil. „Ich glaube, wir brauchen ein variables System, aber insgesamt mit einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit“, fasste Waigel zusammen.